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Kommt jetzt auch noch die Ortsnamen-Erpressung?
Der Preis der Autonomiereform

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ai

Laut dem gestern öffentlich gewordenen Autonomiereformentwurf soll die von den Faschisten oktroyierte Landesbezeichnung A. Adige nicht bloß nicht abgeschafft und etwa durch Sudtirolo ersetzt, sondern sogar noch auf die deutsche Bezeichnung der Region ausgedehnt werden. Fortan wird es offiziell die Region Trentino-Südtirol/Alto Adige sein, was den krankhaften Ideen von Ettore Tolomei hundert Jahre später wieder etwas mehr Legitimität verschafft.

Doch damit nicht genug, denn Alessandro Urzì von den neofaschistischen Fratelli d’Italia schwebt offenbar schon Größeres vor: Wie der Corriere in seiner gestrigen Südtirolbeilage berichtet, forderte er nun, der Landtag möge »eine Lösung zur Ortsnamenfrage« finden — und zwar ausdrücklich unter Berücksichtigung der vom Autonomiestatut vorgesehenen Zweisprachigkeit. Dass Urzì unter »Zweisprachigkeit« die »Zweinamigkeit« versteht und somit erwartet, dass die nationalen Minderheiten im Landesparlament die vom Faschismus aufgezwungenen kolonialen Ortsbezeichnungen absegnen, dürfte klar sein.

Dass der Rechtsaußen seine Forderung im zeitlichen Zusammenhang mit der Autonomiereform erhebt, lässt befürchten, dass das ein weiteres Zugeständnis, also der nächste Preis sein wird, den Südtirol bezahlen soll, um die sogenannte Wiederherstellung und Absicherung der Autonomie zu bekommen: nach der Enthaltung beim Antritt von Giorgia Meloni (FdI), der Regierungsbeteiligung in Südtirol, den zwei Landesräten (statt nur einem) und der Schwächung des Minderheitenschutzes zugunsten der nationalen Mehrheit. Die SVP könnte einmal mehr geneigt sein, für das Ego des Landeshauptmanns auch diese Kröte zu schlucken.

Ich hoffe sehr, mich zu irren.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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Comentârs

8 responses to “Kommt jetzt auch noch die Ortsnamen-Erpressung?
Der Preis der Autonomiereform

  1. Kritiker avatar
    Kritiker

    Nicht nur das. Während wir es jetzt schwarz auf weiß im Text lesen können, dass es auf deutsch die „Automome Provinz“ heißt, wurde es total verabsäumt, zumindest „Land Südtirol“ einzuführen. Also müssen wir uns krankhaft mit diesem Unwort „die Provinz“ herumplagen. Schlimm genug, dass selbst viele Deutschsprachige dieses Wort anstelle von „Land“ verwenden. Damit wird um ein weiteres Stück eine Unterordnung in die italienische Denkweise vorangetrieben. Und Urzì und Co. wird dann einfordern, dass es nicht mehr Südtiroler Landtag heißen darf, sondern „Rat der Autonomen Provinz Bozen“. Willkommen zurück in den 1960er Jahren.

    1. Simon avatar

      Und Urzì und Co. wird dann einfordern, dass es nicht mehr Südtiroler Landtag heißen darf, sondern „Rat der Autonomen Provinz Bozen“. Willkommen zurück in den 1960er Jahren.

      Das sehe ich persönlich jetzt (noch) nicht kommen.

  2. artim avatar
    artim

    “Trentino-Alto Adige/Südtirol”
    Vor “Südtirol” hat es nicht das verbindende “-”, sondern “/”.
    So steht es auch in der it. Verfassung.
    Die Ortsnamensgebung, gleichwohl im Pariser Friedensvertrages von 1946 geregelt, wurde trotz des Art. 10 der Verfassung nach 79 Jahren noch immer nicht umgesetzt. Es gelten die it. Bezeichnungen. Ein Blick in den Reisepass der Südtiroler-in zeigt es.

    1. Matthias Wallnöfer avatar
      Matthias Wallnöfer

      Im Artikel 131 der Verfassung wird auch nach dieser Reform von der Region “Trentino-Alto Adige” (ohne “/Südtirol”) die Rede sein. Wieso ist diese Auflistung der Regionen so besonders wichtig? Wie hinlänglich bekannt, beruft sich ein Großteil von Onlinediensten wie Anwendungsprogrammen bei der Umsetzung von IT-Lösungen auf genau diese eine Quelle, ohne den Artikel 116 zu berücksichtigen. https://www.normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato:costituzione!vig=2025-04-13

  3. Andreas avatar
    Andreas

    Als ich den Gesetzentwurf gestern gelesen hatte und gesehen habe, dass die Region im Deutschen offiziell “Trentino-Südtirol/ Alto Adige” heißen soll ist einmal mehr klar, um was es der italienischen Regierung bei der “Wiederherstellung” der Kompetenzen von 1992 wirklich ging-die Implementation nationaler und nationalistischer Interessen. Die postfaschistische Regierung zeigt einmal mehr ihr wahres Gesicht, Kompetenzen, die den Südtiroler:innen zustehen würden, gibt`s nur im Austausch mit Zugeständnissen an den Staat und an die nationale Mehrheit.
    Es gibt nun zwar die Möglichkeit mit dem Gesetzentwurf mehr Kompetenzen und somit mehr Autonomie nach Südtirol zu holen, das gut ist, aber ob es nicht einen anderen Weg gibt dies zu erreichen?
    Der Gesetzentwurf sieht keine zusätzlichen Minderheitenrechte, die dringendst notwendig wären, vor bzw. auch keine Verschärfungen dieser, die es bereits gibt. Ich vermute mal, dass war so gewollt.
    Zum Schluss ist natürlich zu sagen, dass die Bürger:innen Südtirols nie aktiv (wahrscheinlich passiv auch nie?) in die Verhandlungen in irgend einer Form eingebunden wurden, das macht diesen Gesetzentwurf zu unserer Autonomie, da es nicht nur um die “Wiederherstellung” ging, einmal mehr undemokratisch.

    –> Hätte die Regierung nur einen Hauch an Respekt/Sensibilität… gegenüber den Minderheiten in Südtirol, hätte man beim Gesetzentwurf Italienisch|Deutsch|Ladinisch nebeneinander gesetzt und einen solchen veröffentlicht bzw. drei separate Dokumente in den jeweiligen Sprachen.

  4. Sergio Fratucello avatar
    Sergio Fratucello

    Ich hasse die faschistische Toponomastik.

  5. Walter Kircher avatar
    Walter Kircher

    … mein Vorschlag lautet nach wie vor: offizielle Bezeichnung nach Einwohnerschaft, in der Reihenfolge der damit verbundenen Muttersprachen!
    Beispiele: – Einnamig MARTELL, – weil um 0% ital.-muttersprachliche Einwohner;
    – Brixen /Bressanone /Persenon;
    U. A. in Graubünden wird dies – nach meiner Kenntnis so gehandhabt …

    1. Hartmuth Staffler avatar
      Hartmuth Staffler

      In Graubünden legt der Gemeinderat den Ortsnamen fest. Nur ganz wenige (knapp eine Handvoll) der 100 Gemeinden in Graubünden haben zweisprachige Ortsnamen, z. B. Albula/Alvra, Breil/Brigels, Disentis/Mustér, Ilanz/Glion, Lentsch/Lenz. Viele Gemeinden halten an ihrem originalen rätoromanischen Ortsnamen fest, auch wenn die Rätoromanisch sprechenden Einwohner inzwischen leider in der Minderheit sind. Eine Ausnahme ist San Murezzan. Es stimmt, dass die Mehrheit der Bevölkerung dort inzwischen Deutsch spricht, aber deswegen wäre es nicht notwendig gewesen, den Ortsnamen in St. Moritz zu ändern. Da waren wohl die Touristiker dahinter.

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