Hierzulande wird argumentiert, es sei irgendwie selbstverständlich, dass Südtirol für den Autonomieausbau — sofern es denn überhaupt einer ist — auch Zugeständnisse machen muss. An anderer Stelle hatte ich schon darauf hingewiesen, dass das völlig unüblich, ja absurd ist. Mir persönlich ist ehrlich gesagt weltweit kein einziger Fall bekannt, in dem ein Gebiet für zusätzliche Zuständigkeiten oder aber für die Absicherung der bestehenden Autonomie »bezahlen« musste.
Dass diese Logik keineswegs zwingend ist, offenbart der gerade zwischen Rom, Bozen und Trient ausgehandelte Entwurf aber ohnehin auch selbst: Das Trentino wird nämlich auf der »Habenseite« von der Autonomiereform genau in demselben Ausmaß profitieren wie Südtirol. Unser Nachbarland muss dafür jedoch keinerlei Zugeständnisse machen.
Trentino gibt nichts
Nur von Südtirol wird erwartet, dass es für die Wiederherstellung und Absicherung der Autonomie bezahlt. Besser gesagt: Verlangt wird dies nur von einem Teil der Südtirolerinnen. Die nationalen Minderheiten müssen Zugeständnisse machen, während die nationale Mehrheit fortan sogar bessergestellt wird.
Es ist also keineswegs so, dass einer unbestechlichen, allgemeingültigen Logik zufolge stets Zugeständnisse machen müsste, wer den Ausbau der eigenen Autonomie möchte. Draufzahlen müssen in unserem Fall nur die, für deren Schutz im Nationalstaat diese Autonomie ursprünglich eingeführt wurde.
Das ist bedenklich. Und es ist bei allen Unterschieden ungefähr so, als würde man von Frauen, LGBTQIA-Personen oder anderen vulnerablen Gruppen verlangen, dass sie für die Verbesserung ihrer Rechte Zugeständnisse (an Männer, Heterosexuelle etc.) machen müssen.
In einer Demokratie ist es legitim, wenngleich nicht unbedenklich, auch über die Verschlechterung des Minderheitenschutzes zu diskutieren. Doch im aktuellen Fall wird die Forderung vom Zentralstaat, der am längeren Hebel sitzt, ungeniert an eine Erpressung gekoppelt: Entweder ihr nehmt den Schutz der nationalen Mehrheit (zu Lasten der Minderheiten) hin oder eure Autonomie bleibt so wie sie ist — nämlich im Vergleich zum Zeitpunkt der Streitbeilegung 1992 stark eingeschränkt.
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