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Geplante Autonomiereform fürs VfG kein Hindernis.

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Obwohl es sich vermutlich um einen Zufall gehandelt hat, war das Timing nahezu perfekt: Als die Landeshauptleute Arno Kompatscher (SVP) und Maurizio Fugatti (Lega) ihre römischen Erfolge in punkto Autonomiereform verkündeten, wurden sie fast zeitgleich vom italienischen Verfassungsgericht (VfG) vorgeführt, das mit Urteil Nr. 37/2025 erneut einen Teil des Südtiroler Raumordnungsgesetzes für verfassungswidrig erklärte.

Erst letzten Monat hatte das VfG dem Land die Befugnis entzogen, Sanktionen bei Bauvergehen anders zu gestalten als der Staat. Dazu gingen die Richterinnen nach einem erprobten Schema vor und erklärten die gesamtstaatliche Norm kurzerhand zu einer »grundlegenden Bestimmung der wirtschaftlich-sozialen Reformen der Republik«. Im Sinne des Autonomiestatuts (Artikel 4) reicht dies, um Südtirol eine Zuständigkeit zu entziehen.

Beim aktuellen Entscheid, in dem es um die Dauer von Enteignungsprozeduren ging, griff das VfG allerdings nicht auf dieses Verfahren zurück. Es deutete die staatliche Vorschrift nicht in eine »grundlegende Reformbestimmung« um und erkannte sogar ausdrücklich an, dass die Angelegenheit zu den primären Befugnissen des Landes gehört.

Das macht das Urteil aber noch besorgniserregender.

Denn gleichzeitig befand das VfG, dass das Land nicht ausreichend begründet habe, warum es von der staatlichen Vorschrift abweicht, die die Enteignungsprozeduren auf maximal fünf Jahre befristet.

Daraus ergebe sich eine Ungleichbehandlung zwischen den Bürgerinnen in Südtirol und auf dem restlichen italienischen Staatsgebiet, weshalb die Landesvorschrift gegen Artikel 3 der italienischen Verfassung verstoße:

(1) Alle Staatsbürger haben die gleiche gesellschaftliche Würde und sind vor dem Gesetz ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse, der Sprache, des Glaubens, der politischen Anschauungen, der persönlichen und sozialen Verhältnisse gleich.

(2) Es ist Aufgabe der Republik, die Hindernisse wirtschaftlicher und sozialer Art zu beseitigen, die durch eine tatsächliche Einschränkung der Freiheit und Gleichheit der Staatsbürger der vollen Entfaltung der menschlichen Person und der wirksamen Teilnahme aller Arbeiter an der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gestaltung des Landes im Wege stehen.

– Artikel 3 der italienischen Verfassung – Quelle: Lexbrowser des Landes Südtirol

Noch einmal: Das VfG erklärt ausdrücklich »dafür seid ihr zuständig«, sagt jedoch im selben Atemzug »eure Zuständigkeit ist aber wertlos, wenn ihr nicht den zentralstaatlichen Vorschriften folgt.«

Wenn sogar eine primäre Gesetzgebungsbefugnis nur so ausgeübt werden darf, dass sich daraus zwischen Südtirol und dem restlichen Staatsgebiet keine Ungleichbehandlung ergibt, ist das nach allgemeiner Definition wohl keine Autonomie mehr, sondern höchstens noch ihr Schatten.

Selbst in Bereichen, für die er nicht primär zuständig ist, gibt der Zentralstaat somit vor, was »normal« ist — und die vorgeblich autonomen Gebiete dürfen davon nur abweichen, wenn das für die Bürgerinnen keinen nennenswerten Unterschied ergibt. Beim Erlass eigener Regelungen kann Südtirol nicht frei agieren, sondern muss sich soweit möglich an den Staatsgesetzen orientieren und darf nur davon abweichen, wenn triftige Gründe vorliegen.

Warum das aus meiner Sicht so wichtig ist

LH Kompatscher hat es als großen Erfolg verkauft, dass die »grundlegenden Bestimmungen der wirtschaftlich-sozialen Reformen der Republik« (nicht aber das nationale Interesse!) durch die Autonomiereform als Schranke der autonomen Befugnisse entfallen könnten.

Angesichts der Tatsache, dass diese grundlegenden Reformbestimmungen dem VfG in der Vergangenheit sehr oft dazu gedient haben, Südtiroler Gesetze außer Kraft zu setzen, könnte man ihren Wegfall auch tatsächlich als großen Wurf betrachten.

Mit einem unglaublichen Timing hat das VfG nun aber vorgeführt, dass es gar nicht darauf angewiesen ist. Ihm reicht Artikel 3 der Verfassung. Wenn der nur restriktiv genug ausgelegt wird, kann damit so gut wie jede autonome Befugnis kastriert werden.

Cëla enghe: 01 02 03 04



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