Von wegen Landesautonomie — und von wegen Schulautonomie: Der »demütigende« Unterrichtsminister der rechtsrechten italienischen Regierung, Giuseppe Valditara (vgl. 01
02
), verbietet den Schulen die Verwendung von Gendersternen (*) und e-Schwa (ə). Diese Gelegenheit ließ sich Marco Galateo von den neofaschistischen FdI, seines Zeichens Landesrat für italienische Schule und Kultur in Südtirol, natürlich nicht entgehen. Unmittelbar äffte er Rom nach und wies die Schulen in seinem Zuständigkeitsbereich darauf hin, dass Sterne und e-Schwa »ideologisch aufgezwungen« und ein Versuch seien, die angebliche Woke- oder Genderkultur durchzusetzen. Sie seien zu unterlassen.
Das ist mehrfach interessant.
Erstens fällt wieder einmal auf, dass es fast ausschließlich die Rechten sind, die Sprachdiktate erlassen. Sie tun dies angeblich, um sich Sprachdiktaten der Linken zu widersetzen, die es allerdings nicht gibt.
Zweitens sch*** der Landesrat mit seinem Vorstoß dem Landtag und der Südtirolautonomie regelrecht auf den Kopf. Denn das Landesparlament hatte am 1. Juli 2021 folgende Punkte eines Beschlussantrags der Freiheitlichen (Nr. 457/21) klar niedergestimmt:
2. [D]er Südtiroler Landtag [fordert] die Landesregierung auf, zum Schutz der deutschen Sprache in Südtirol und den damit verbundenen Minderheitenrechten – sowie gleichermaßen auch zum Schutz der italienischen und der ladinischen Sprache – den anderen öffentlichen Körperschaften und Gesellschaften die Verwendung des generischen Maskulinums nahezulegen und auf Genderzeichen zu verzichten;
– mit 22 zu 5 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt
5. [D]er Südtiroler Landtag [fordert] die Landesregierung auf, den in den Rahmenrichtlinien des Landes für Kindergärten und Schulen vorgegebenen Bildungs- und Kompetenzrahmen frei von mit der Gender-Ideologie in Verbindung stehenden Inhalten zu gestalten und die Verwendung von mit Genderzeichen (Genderstern, Binnen-I, Gender-Unterstrich, Gender-Schrägstrich, Gender-Doppelpunkt usw.) verfassten Schulbüchern sowie Lernmaterialien zu untersagen.
– mit 21 zu 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt
Es ist sogar so, dass der Verweis auf die italienische Sprache ursprünglich nicht im Antrag enthalten war und auf Wunsch von FdI eingefügt wurde. Ein klassisches Eigentor also, um das sich der rechte Recke jedoch keinen Deut schert. Damit degradiert er den Landtag aber zum reinen Debattierclub und verachtet einen demokratischen Entscheid.
Nicht zuletzt und drittens sch*** der Landesrat auch der SVP als großem Koalitionspartner — und ihrer Wählerschaft — (einmal mehr 01
02
) auf den Kopf. Die Volkspartei hatte damals klar gegen den freiheitlichen Antrag gestimmt und wird nun einfach übergangen. Indem sie das zulässt, macht sie sich aber mitschuldig: an der Aushebelung der inklusiven Sprache, aber auch an der Missachtung von Autonomie und Demokratie.
Übrigens wurde am 6. März 2024 auch ein weiterer gegen die geschlechtergerechte Sprache gerichteter Beschlussantrag (Nr. 24/24), der von Jürgen Wirth Anderlan und Andreas Colli eingebracht worden war, mit 21 zu 6 Stimmen abgelehnt.
So zeigt sich erneut, dass es nicht folgenlos bleibt, wenn man sich Rechtsextreme in die Landesregierung holt. Vorworte, Verträge und Präambeln zum Koalitionsabkommen, ja sogar Abstimmungsergebnisse im Landtag sind — wenn es darauf ankommt — Makulatur.
Cëla enghe: 01
02
03
04
| 05
| 06
Scrì na resposta