Die hauptsächlich auf der Insel Ynys Môn und in Gwynedd aktive walisische NRO Menter Môn hat — mit Unterstützung der baskischen Organisation Soziolinguistika Klusterra für die Revitalisierung der baskischen Sprache — in zwei Ortschaften auf Ynys Môn den Menschen »aufs Maul geschaut«.
Dabei wurde in Llangefni und Porthaethwy — wie ich es schon einmal am Beispiel von Tolosa in Euskadi beschrieben hatte — die Kommunikationssprache auf den Straßen erhoben. Die Daten wurden von Forscherinnen aufgezeichnet und in eine App eingetragen, die für das Projekt in Cymru eigens vom Baskischen ins Walisische übersetzt worden war.
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung war, dass der tatsächliche Gebrauch der walisischen Sprache deutlich niedriger war, als es die offiziellen Daten über die Muttersprachen der Bewohnerinnen hätten vermuten lassen: Der Anteil der Walisischsprachigen beträgt laut Volkszählung 2021 in Llangefni 75 Prozent und in Porthaethwy 52 Prozent, doch der erhobene Gebrauch lag bei nur 54 bzw. 20 Prozent.
Ob dies — wie ich erwarten würde — auf den für Minderheiten charakteristischen Sprachwechsel bei Outgroup-Kontakten zurückzuführen ist, erklärte Menter Môn zunächst nicht.
Insgesamt bedienten sich im öffentlichen Raum etwas mehr Männer als Frauen der walisischen Sprache. Interessanterweise lag die Quote in beiden Ortschaften bei den Kindern am höchsten und in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen am niedrigsten.
Die Dichte an Walisischsprechenden sei von entscheidender Bedeutung für den tatsächlichen Gebrauch der Sprache, so Menter Môn. Der hohe Anteil in Llangefni mache die Sprache für viele zu einer natürlichen ersten Wahl. Wo es, wie im nur wenige Kilometer entfernten Porthaethwy, weniger Sprecherinnen gebe, stärke dies die Tendenz, mit Englisch in eine Konversation zu starten. Es sei eine wichtige Herausforderung, den Sprachwechsel zu bremsen und die Tendenz wieder umzukehren.
Menter Môn will ähnliche Messungen von nun an regelmäßig durchführen, um Entwicklungen und insbesondere die Auswirkungen sprachpolitischer Maßnahmen nachverfolgen zu können. Außerdem soll sofort mit der Einbeziehung weiterer Ortschaften auf Ynys Môn begonnen werden.
Anders als zum Beispiel in Euskadi, Québec und nun Cymru sind mir für Südtirol keine derartigen Erhebungen bekannt, obwohl sie eine große Aussagekraft über den tatsächlichen Zustand und die Vitalität der Minderheitensprachen Deutsch und Ladinisch hätten. Vermutlich ließen sich auch hierzulande größere Abweichungen zwischen der Sprachgruppenstatistik und dem Sprachgebrauch im öffentlichen Raum feststellen.
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