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Cohn-Bendit über Südtirol.
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Nun hat der Südtiroler die Charaktereigenschaft, gerade in Krisenzeiten zunächst auf sich selbst zu schauen — und das große Ganze jenseits der Berge zu vergessen. Das ist jetzt angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in Italien wieder zu beobachten, wenn allzu leicht “Weg von Italien”-Parolen laut werden. Ist diese Regionalisierungs-Tendenz ein Anzeichen dafür, dass der europäische Gedanke scheitert?

Cohn-Behndit: Von einem Scheitern würde ich nicht sprechen. Wir sind aber an einer Zeitenwende angelangt, die tiefgreifende Veränderungen in Strukturen und Lebensvorstellungen mit sich bringt — und die erst mit unterschiedlichen nationalen Kulturen in Einklang gebracht werden müssen. Mann, die Südtiroler sollen sich nicht so anstellen! Mit dem nackten Finger auf die anderen zu zeigen, bringt nichts. Dieses regionale Denken ist doch nur möglich weil es Europa gibt, weil es den Euro gibt, weil es offene Grenzen gibt. Südtirol braucht Europa, ohne den europäischen Markt und den Profit daraus gäbe es diesen heutigen Wohlstand nicht.

Daniel Cohn-Bendit, MdEP der Grünen, im heutigen Zett-Interview.

Diese Passage enthält Stoff für eine Diplomarbeit. Ich möchte an dieser Stelle vorerst nur so viel feststellen: Die Fragestellung ist eine Zumutung, weil sie sehr pauschalisierend ist, eine politische Aburteilung beinhaltet und vor allem unterstellt, dass die Regionalisierung im Widerspruch zur europäischen Einigung steht. Ist die Regionalisierung nicht antieuropäisch und somit einigelnd, kann sie jedoch im Gegenteil zur Überwindung der Nationalstaaten beitragen, deren Einzelinteressen bisher eine politische Union verhindert — oder zumindest stark gebremst — haben. Das bringt Cohn-Bendit im zweiten Teil seiner Antwort perfekt zum Ausdruck, wäre da nicht die für einen Grünen merkwürdige (aber durch die Fragestellung suggerierte) Anspielung auf die »nationalen Kulturen«. Den Halbsatz über den Profit will ich — angesichts der Krise — mal wohlwollend überlesen.

Cëla enghe: 01 02 03 04



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2 responses to “Cohn-Bendit über Südtirol.
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  1. Thomas Benedikter avatar
    Thomas Benedikter

    “Dany le rouge”, jetzt grüner Vordenker, irrt, wenn er meint, das regionale Denken gäbe es erst seit dem Euro, seit den offenen Grenzen, seit der EU. Politischen Regionalismus gab es in verschiedenen Ländern schon seit den 1970ern, z.B. in Okzitanien, in Korsika, in Katalonien, im Baskenland. Die EU hat für staatsübergreifende Bewegungen sicher einen besseren Rahmen abgegeben, mehr Handlungsmöglichkeiten geschaffen, und die Rolle der Regionen ist dann in der EU-Politik nach und nach aufgewertet worden. Doch hat Cohn-Bendit gar die Frage falsch verstanden? Politische Bewegungen für mehr Autonomie der Regionen wenden sich ja nicht primär gegen die EU und Brüssel, sondern gegen die Vorenthaltung von Rechten und zuviel Zentralismus durch die jeweiligen Mitgliedsstaaten. Nehmt das Beispiel Polen (z.B. Oberschlesien) und Rumänien. Die EU engagiert sich andrerseits zu wenig für die institutionelle Stärkung der Regionen, was allerdings auch nicht ihre Kompetenz ist.
    Worin Cohn-Bendit leider Recht hat und das unkritisch übernimmt: die EU-Verträge anerkennen die nationale Identität der Mitgliedsstaaten, und nur den Wert der kulturellen Vielfalt, keinesfalls eine spezifische Identität von Regionen.

  2. m. avatar
    m.

    So tendentiös wie die Frage gestellt ist, konnte man sie nur “missverstehen”. :roll:

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