Mehr als 20 Prozent der Wählenden stimmten bei der Bundestagswahl für die »in Teilen rechtsextreme« AfD. In den ostdeutschen Ländern, in der ehemaligen DDR, gar über 40 Prozent. Diese Wählenden färbten die alte rote Zone in eine blau-braune um. Trotz oder gerade wegen des ungehinderten rechtsradikalen Dralls in der Alternative für Deutschland? Gerade wegen, kann vermutet werden.
Der deutsche Verfassungsschutz stellte fest, dass diese »Alternative« in Teilen rechtsextrem ist. Es verwundert deshalb keineswegs, dass Jürgen Wirth-Anderlan sich zum AfD-Sprachrohr in Südtirol macht — wohl aber, wenn sich HGV-Funktionäre schützend vor den AfD-Ehrenpräsidenten Alexander Gauland stellen, weil die Brixner Hoteliersfamilie Heiss ihn zum unerwünschten Gast erklärte.
Auch Tourismuslandesrat Luis Walcher (SVP) kanzelte die Familie Heiss ab, wie Salto fand. Er stellte sich vor Gauland, einen Mann, der im August 2017 dazu aufgerufen hatte, die damalige Migrationsbeauftragte Aydan Özoguz von der SPD »in Anatolien zu entsorgen«. Özoguz, ein Stück Müll?
Schwarz auf weiß
Die Süddeutsche Zeitung (SZ) befasste sich detailliert mit dem Rassismus, mit der Menschen- und Demokratiefeindlichkeit der AfD. In ihrem Feuillton (21. Februar 2025) bietet die SZ schwarz auf weiß AfD-Aussagen an, öffentlich getätigt, in Landtagen, im Bundestag, auf Parteitagen, in Interviews und auf X.
Beispiele: Im Juni 2018 würdigte und lobte Gauland auf dem Kongress der Jungen Alternative, die noch weiter rechts als die Mutterpartei steht, die deutsche Geschichte als ruhmreich. Diese sei länger als die zwölf Nazi-Jahre. Zweifelsohne, Gauland verharmloste aber das »Dritte Reich« samt Shoah und Zweitem Weltkrieg als einen »Vogelschiss«. Millionen Ermordete und Tote, für Gauland nur ein Vogelschiss.
Der ehemalige CDUler Gauland plädierte in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (4. September 2018) für die Änderung des politischen Systems, »das sich überholt hat«. Diese Formulierung gebrauchte auch die NSDAP, die parlamentarische Demokratie galt als ein abzuschaffendes System.
Faschist Höcke, ein Mann der Mitte?
Gauland scheint unter einer besorgniserregenden politischen Orientierungslosigkeit zu leiden. Im Oktober 2019 verteidigte er Björn Höcke vom sogenannten »Flügel« in der AfD. Höcke sei ein Mann der Mitte, befand Gauland, obwohl Höcke laut einem Gerichtsurteil als Faschist bezeichnet werden darf. Ein Faschist, ein Mann der Mitte? So wie Landeshauptmannstellvertreter Marco Galateo von den Fratelli d’Italia.
Das ist raffinierte Strategie, keine Orientierungslosigkeit, ganz im Gegenteil. Die AfD blinkt nicht nur rechtsradikal, sondern ist es. Zumindest in Teilen. Dann wird wohl der andere Teil neo-nazistisch sein. Trotzdem sind HGV und der zuständige Landesrat mit Gauland solidarisch.
Die AfD-Politiker:innen machen schwach, beispielsweise die Kanzlerkandidatin Alice Weidel. Nicht nur die Freiheitliche Ulli Mair findet Weidel »fähig und kompetent«. Auch der Vorsitzender der SVP-Fraktion im Landtag, Harald Stauder, sprach von einer hochqualifizierten Person.
Weidel gegen »Taugenichtse«
Bei einer Migrationsdebatte im Bundestag im Mai 2018 klassifizierte Weidel Migrant:innen als »Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner«. Allesamt »Taugenichtse«. Das ist kompetenter und hochqualifizierter Rassismus in Reinkultur und eine brutale Klatsche für all jene Migrant:innen, die in deutschen Pflegeheimen, Krankenhäusern und bei der Müllabfuhr arbeiten.
Potsdamer Wannseekonferenz Nr. 2
Weidel trat dann auch noch als Sprachrohr des »Remigrationstreffens« von Potsdam im Februar 2024 auf. Dort diskutierten honorige und weniger honorige Persönlichkeiten in einer Villa die millionenfache Ausweisung von »Ausländern«. Auch von solchen, die schon längst deutsche Staatsbürger sind. Auf dem Wahlkampf-Parteitag der AfD im Jänner 2025 bekannte sich Weidel zur Remigration, zur »Umvolkung«. Ein Begriff, den Rechtsradikale verwenden, um die Migration zu geißeln. Remigration steht für »Rückführungen in großem Stil«.
Potsdam befindet sich nicht weit vom Wannsee. In einer Villa am großen Wannsee vereinbarten auf der Wannseekonferenz 14 Vertreter der nationalsozialistischen Reichsregierung und der SS am 20. Jänner 1942 die Deportation der jüdischen Bevölkerungen Europas in die »Vernichtungsindustrien« des NS-Staates im besetzten Osteuropa. Ausgerechnet in Potsdam am Wannsee bastelten Rechtskonservative, Rechtsnationale, Rechtsextreme und Neonazis sowie finanzstarke Unternehmer an der »Remigration«. Ein Zufall?
Katapult-Doku
Die Katapult-Redaktion recherchiert tiefschürfend — nicht nur — hinter der AfD her. Gesammelt wurden öffentliche Aussagen von Funktionären und Abgeordneten der Partei, belegter und dokumentierter Hass. Eine Kostprobe: »Ich wünsche mir so sehr einen Bürgerkrieg und Millionen Tote. Frauen, Kinder. Mir egal. (…) Es wäre so schön. Ich will auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen. SIEG HEIL«, tönte Marcel Grauf, ein ehemaliger AfD-Mitarbeiter.
Noch drei weitere Zitate aus der Katapult-Sammlung. Johannes Biesel sagte: »Das Problem an Fasching ist, dass du nicht sagen kannst, ob sie 14 oder 18 ist. Wenn du dann Pech hast, kommste an die 18-Jährige.« Der inzwischen ausgeschlossene Nicolaus Fest kam zum »Schluss«: »Wir riefen Gastarbeiter, bekamen aber Gesindel«. Und David Eckert fragte ungeniert: »Ob es wohl auch bald eine Gedenkstätte für Linkshänder gibt, die im KZ umgekommen sind?«
Gegen »Perversion« und gegen die Ukraine
AfDler ließen es sich auch nicht nehmen, die Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Paris im letzten Jahr zu verdammen. Besonders die Auftritte von Drag Queens, die die Rechten zur Weißglut bringen. Hans-Thomas Tillschneider, Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt, ereiferte sich in einer Rede am 20. August 2024 über die »Perversion«. Er fand, die Bürger würden umerzogen, um die Perversion als normal zu akzeptieren. »Kulturkampf« der untersten Schublade.
Und als eine besondere Perversion empfindet Tillschneider die inzwischen eh bröckelnde Solidarität mit der von Russland überfallenen Ukraine. Sie sei das korrupteste Land Europas, in dem jeder zivilisatorische Standard unterschritten werde, hetzte Tillschneider am 21. März 2024 im Landtag: »Personen, die als Sympathisanten Putins gelten, werden dort an Laternenpfählen gekettet, entkleidet, grün markiert und gedemütigt.« Lügen und Hetze bleiben Lügen und Hetze, sie bleiben aber auch hängen. Tillschneider verlor kein Wort über die Vergewaltigungen und Morde beispielsweise in Butscha.
In dieser Auflistung des Furchtbaren fehlen die Töne des Faschisten Höcke, des Rechtsradikalen Markus Frohnmaier von der Jungen Alternative oder des bayerischen Landtagsabgeordneten Benjamin Nolte. Letztes Zitat aus »Schwarz auf weiß«. Am Volkstrauertag (17. November 2024) legte die Stadtratsfraktion der AfD auf dem Friedhof von Leuna in der Nähe Leipzig einen Kranz nieder, mit der Aufschrift »Für Führer, Volk und Vaterland«.
Maxim Biller: Verbietet die AfD!
Nicht von ungefähr fordert deshalb Schriftsteller Maxim Biller in der Süddeutschen Zeitung, dass man die AfD verbieten soll. Begründung, weil diese Partei die Demokratie abschafft.
Cëla enghe: Unterwegs mit dem Provokateur, Höcke darf als »Faschist« bezeichnet werden, AfD in Teilen rechtsextrem, So würde die AfD regieren
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