Die Bozner Mittelinksparteien verhandeln um den gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten bei den diesjährigen Gemeindewahlen. Dabei setzt der PD auf den Stadtrat für Sozialpolitik Juri Andriollo (PD), während das Team K den ehemaligen Chefredakteur der Tageszeitung A. Adige, Alberto Faustini, vorgeschlagen hat. Auch die Grünen, die zunächst ihre Stadträtin Chiara Rabini ins Spiel gebracht hatten, unterstützen inzwischen Faustini.
Ausgerechnet für Mittelinks, noch dazu als Vorschlag interethnischer Parteien, halte ich den Chefredakteur für eine reichlich sonderbare Wahl: Ich weiß gar nicht, ob er in der Lage ist, zumindest ein paar Wörter auf Deutsch zu sprechen, doch jedenfalls war »sein« A. Adige stets ein ethnisches Kampfblatt, das sich dem italienischen Nationalismus verschrieben hat. Auch nach der Übernahme durch die Athesia hat sich das kaum verändert.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Beispiele aus dem -Archiv:
- In Beantwortung eines Leserbriefs behauptete er im August 2022, die echte Minderheit in Südtirol — die sich gar in einer Notlage befinde — seien die Italienerinnen. Damit leugnete er ganz im Stil der italienischen Rechten die Grundlage unserer Autonomie. Er beschwor das Unbehagen der nationalen Mehrheit und unterstrich, dass sich sein Blatt »fast täglich« aus ethnischer Sicht mit Primariaten, Führungskräften und Betriebsleitungen jeder Art befasse, um die angebliche Benachteiligung aufzuzeigen.
- Im Oktober 2021 ließ er unkritisch und unkommentiert einen Beitrag des Neofaschisten Andrea Mitolo (MSI) in seinem Blatt neu abdrucken, in dem dieser sich Jahre zuvor selbst hatte darstellen dürfen, ohne sich mit lästigen Fragen konfrontieren zu müssen. Den Wiederdruck signierte Faustini persönlich.
- Im Jahr 2021 fragte der Chefredakteur polemisch, ob Südtirol noch zu Italien gehöre, weil sich der Landeshauptmann erdreistet hatte, sich bei den Covid-Maßnahmen auch an Österreich zu orientieren.
- Im November 2018 forderte Faustini das damalige Team Köllensperger allen Ernstes dazu auf, einen deutschsprachigen Landtagsabgeordneten zugunsten der ersten Nichtgewählten italienischer Muttersprache zurücktreten zu lassen.
- Im Jänner 2018 erschien in seinem Blatt ein verharmlosender Bericht über das entzückende Pärchen »Etta und Ben«, das im Obermaiser Park Hotel logierte, wobei es sich um Claretta Petacci und Benito Mussolini handelte.
- Im Dezember 2016 verteidigte er den Fortbestand der Region Trentino-Südtirol mit der abwegigen Feststellung, dass die deutsche Sprachgruppe nur dank Region eine Sprachminderheit sein könnte.
- Im März 2016 wurde Faustini auf Twitter darauf hingewiesen, dass ein vom A. Adige abgebildeter Hockeyfan das gut sichtbare Tattoo eines faschistischen Liktorenbündels am Arm trug. Der Chefredakteur antwortete darauf schnippisch, dass das für die meisten nur der Arm eines Fans sei und er den Sport grundsätzlich aus Polemiken raushalte.
- Mit dem Hinweis »siamo in Italia« kritisierte Faustini im September 2015 die Absicht des Landeshauptmanns, bei der Aufnahme von Geflüchteten unter anderem mit Bayern zusammenarbeiten. Sowas wäre nicht einmal Eva Klotz eingefallen, urteilte er.
- Im März 2013 hetzte Faustinis Blatt gegen die geforderte Gleichstellung von Deutsch mit Italienisch bei der Etikettierung von Produkten.
- Immer wieder wurden während seiner Zeit als Chefredakteur Beiträge veröffentlicht, die zur Normalisierung von CasaPound als »Mitterechtspartei« beigetragen haben.
- Im Jahr 2012 hatte er als Moderator daran mitgewirkt, dass das Bozner Cineforum dem bekennenden Faschisten Andrea Bonazza (CPI) eine Bühne bot. Dabei wurde der Rechtsextremismus als eine gleichwertige politische Meinung unter vielen dargestellt — und verharmlost.
- Im März desselben Jahres schloss er sich der Forderung einer Leserbriefschreiberin an, die Eva Klotz während des Alpini-Aufmarschs ins Ausland verschicken wollte.
Ich frage mich ehrlich gesagt, was den Lieblingskandidaten der interethnischen Link(sliberal)en vom Kandidaten des rechtsrechten Wahlbündnisses, Claudio Corrarati, unterscheidet. Beide könnten auch problemlos für das jeweils andere Lager antreten. Das ist fatal.
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