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Absurde Vorwürfe wegen Sanierung der Luegbrücke.

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Die Sanierung der Luegbrücke am Brenner vernebelt offenbar in Südtirol so manchen den Verstand. Kürzlich erhob ein Hotelier sogar den Vorwurf, Österreich wolle Touristinnen absichtlich von Südtirol fernhalten. Zudem nannte er ausgerechnet die Morandibrücke (heute: San-Giorgio-Brücke) in Genua als nachzuahmendes Beispiel, da deren Neubau nur ein Jahr gedauert habe, während die Arbeiten an der Luegbrücke zweieinhalb bis drei Jahre in Anspruch nehmen werden.1gemeint ist die Phase, in der der Verkehr zeitweise nur einspurig fließen wird

Faktencheck: Zwischen Einsturz der alten und Eröffnung der neuen Brücke in Genua vergingen fast auf den Tag genau zwei Jahre. Die reine Bauzeit betrug rund anderthalb Jahre.

Nun, es ist nicht zu hoffen, dass mit dem ziemlich missglückten Vergleich der Wunsch verbunden war, man möge doch einfach abwarten, bis die Luegbrücke einstürzt. Um die Arbeiten zu beschleunigen, wäre aber — wenn schon kein unkontrollierter wie in Genua — zumindest ein kontrollierter Einsturz nötig. Ein Totalabbruch mit anschließendem Neubau ist nämlich auch deshalb wesentlich schneller umsetzbar, weil während der Arbeiten kein Verkehr fließt, der schon an sich den Bau behindert, zudem aber auch noch die Logistik verkompliziert und viel stringentere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich macht. Eigentlich ein No-Brainer…

Manchen Touristikerinnen — aber sicher nicht den Frächtern — wäre es ja vielleicht tatsächlich lieber, wenn der Verkehr über den Brenner vollständig zum Erliegen käme, dafür aber »nur« für ein Jahr (wobei es jedoch in Genua, wie gesagt, zwei Jahre waren). Die Zeit ließe sich dann ja für die eine oder andere qualitative Erweiterung nutzen.

Die Luegbrücke, die übrigens als längste Brücke der A13 fast doppelt so lang wie die San-Giorgio-Brücke ist und auf besonders instabilem Gelände steht, soll zudem gar nicht während dem gesamten Zeitraum von voraussichtlich zweieinhalb bis drei Jahren einspurig2also eine Spur pro Fahrtrichtung befahrbar sein. Allein 2025 sind 180 Tage mit zweispuriger Verkehrsführung angekündigt — das ist im Durchschnitt fast jeder zweite Tag.

Wenn die Strecke für die Hälfte der Zeit zwei- und für die andere Hälfte der Zeit einspurig befahrbar ist, kann sie insgesamt — wiewohl verlangsamt — rund 75 Prozent des Verkehrs führen. In Genua lag für knapp zwei Jahre alles still.

Welches Interesse Österreich haben sollte, Südtirol vom Verkehr abzuschneiden, ist mir sowieso unverständlich. Zwar nicht in demselben Ausmaß wie Gäste aus dem Norden für Südtirol, aber trotzdem stellen auch die Italienerinnen eine wichtige Gästegruppe in Nordtirol dar — und die haben dann genau dieselben Zufahrtmöglichkeiten wie die Touristinnen, die nach Südtirol wollen. Mit einer unnötigen Verkehrsbehinderung würde man sich also auch ins eigene Fleisch schneiden.

Anstatt immer nur zu pöbeln und sich dabei lächerlich zu machen, könnten sich Wirtschaftstreibende in Südtirol ja auch einmal Fragen, was sie selbst — und zwar konkret — zur Verkehrminderung und somit neben der Entlastung der Autobahn auch zum Klima- und Gesundheitsschutz beitragen können. Seit Jahrzehnten steigen sowohl die Gästezahlen als auch der Lkw-Transitverkehr. Die Folgen eines überhitzten Geschäftsmodells, das längst ein erträgliches Ausmaß überschritten hat, per Aufhebung der Transitbeschränkungen noch mehr als bisher auf die Allgemeinheit abzuwälzen, halte ich jedenfalls für keinen akzeptablen Vorschlag.

Derzeit habe ich aber ohnehin den Eindruck, dass die Wehleidigkeit der Wirtschaftslobbys öfter zu Schlagzeilen geführt hat als Berichte über tatsächliches Verkehrschaos am Brenner.

Cëla enghe: 01 02 03

  • 1
    gemeint ist die Phase, in der der Verkehr zeitweise nur einspurig fließen wird
  • 2
    also eine Spur pro Fahrtrichtung


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