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Österreich: Aufbruch in eine andere Republik.

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Herbert Kickl und seine rechtsrechte FPÖ werden Österreich radikal umbauen

Die österreichischen Freiheitlichen sind keine rechtskonservative, rechtsnationale oder rechtspopulistische Partei. Sie wurzeln im Nationalsozialismus. Die FPÖ ähnelt der italienischen Regierungspartei Fratelli d’Italia, deren Geschichte zurück in die faschistische Repubblica di Salò führt.

Die Gründerväter der FPÖ waren aktive Nationalsozialisten. Im Jahr 1945 versammelten sich — nicht nur — österreichische Nazis im Verband der Unabhängigen, aus einer Abspaltung ging 1953 die Freiheitliche Sammlung Österreichs hervor. 

Im Jahr 1954 gründeten der SS-Brigadeführer Anton Reinthaller und der SS-Obersturmführer Friedrich Peter die Freiheitspartei, aus der sich in den folgenden Jahren die Freiheitliche Partei entwickelte. Dissidenten, denen die FPÖ zu wenig weit rechts stand, spalteten sich 1967 ab und bildeten die — später verbotene — Nationaldemokratische Partei.

Über Jahre hinweg gab es in der FPÖ ein Ringen zwischen konservativen Liberalen und den dominierenden Rechtskonservativen und Rechtsradikalen. Letztendlich setzten sich die Rechtsrechten mit Jörg Haider an der Spitze durch.

Braunwaschen mit Haider

Haider hantierte bewusst mit der NS-Geschichte, operierte gezielt mit dem Instrument der Fremdenfeindlichkeit und des Antisemitismus. Das freiheitliche Kokettieren mit dem österreichischen Nationalsozialismus, viele Österreicher waren aktive und engagierte Nazis, ist bekannt, weniger die radikale Minderheitenfeindlichkeit.

Besonders in Kärnten nutzten die Freiheitlichen, allen voran Jörg Haider auch als Landeshauptmann, antislowenische Ressentiments. Ein leichtes Unterfangen, das äußerst gewalttätige Vorgehen des 1918 entstandenen Königsreichs der Serben, Kroaten und Slowenen SHS und des späteren Jugoslawien gegen die deutschsprachigen Bevölkerungen in Slowenien und im serbischen Banat nährte in Kärnten die Angst vor den »slawischen« Landsleuten und Nachbarn. Eine Angst, die von der Kärntner Politik »gehegt und gepflegt« wurde.

Hass auf und Hetze gegen Slowen:innen zählten zum freiheitlichen Repertoire, in Abstimmung mit dem faschistoiden Kärntner Heimatdienst und dem nicht weniger radikalen Abwehrkämpferbund. Diese beiden sogenannten »heimattreuen Organisationen« führten erfolgreich einen hybriden Krieg gegen die slowenische Minderheit. Im Jahr 1972 orchestrierten die Freiheitlichen im Zusammenspiel mit diesen Organisationen den »Kärntner Ortstafelsturm«. Hysterische Kärntner mit Schaum vor dem Mund rissen zweinamige Ortstafeln nieder.

Labor Kärnten

Diese Allianz aus Heimatverbänden und Freiheitlichen, auch Teile der konservativen ÖVP und der SPÖ »wirkten« daran mit, verhinderte lange die Aufstellung zweinamiger Ortstafeln im slowenischen Sprachgebiet, zerschlug erfolgreich das zweisprachige Schulsystem im südlichen Kärnten und blockierte die Buchenstabengetreue Umsetzung des Minderheitenschutzartikels (7) des österreichischen Staatsvertrags.

Die Freiheitlichen als Speerspitze der Kärntner Politik hielten an der »ethnischen Säuberung« der Nazis fest, die 1941 mit der »Aussiedlung« der slowenischen Kärntner:innen das Land »slowenenfrei« umbauen wollten. Mehr als 1.000 Slowen:innen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Diese »Schatten des Leids« wurden bewusst verdrängt, gerne vergessen. Schwer wiegt die Erinnerung an diese Geschichte. Die Folge: Slowenische Kärntner:innen sprachen in der Öffentlichkeit kaum mehr ihre Sprache. Aus Angst, nicht nur angepöbelt zu werden.

Diese Politik war äußerst erfolgreich. Sprachen noch vor hundert Jahren mehr als 100.000 Kärntner:innen Slowenisch, sind es heute nur mehr geschätzte 10.000. Das demokratische Österreich und sein gewolltes Versagen in der »Slowenenpolitik«.

Freundliche Atmosphäre?

In den letzten Jahren versuchte der sozialdemokratische Landeshauptmann Peter Kaiser eine minderheitenfreundlichere Atmosphäre zu schaffen. Das gelang ihm auch. Immerhin, aber auch nicht mehr, findet der Rat der Kärntner Slowenen: Vieles ist noch nicht umgesetzt, es gibt im südlichen Kärnten keine flächendeckende slowenisch-deutsche Zweinamigkeit, die slowenische Amts- und Unterrichtssprache ist nur lückenhaft gegeben, aufgrund der Wahlgesetze wird der Einzug der slowenischen Enotna Lista seit Jahrzehnten erfolgreich verhindert.

Die Lage der Kärntner Slowen:innen beschreiben im Voices-Podcast die beiden Studentinnen Ana Grilc und Meta Vouk als düster: »Fünf nach zwölf«.

Österreich weiß, wie Minderheitenpolitik geht. Beispiel Südtirol: Die verschiedenen österreichischen Bundesregierungen sorgten im Dialog mit den italienischen Regierungen dafür, dass die Provinz Bozen zu einer Landesautonomie kam. Österreich übt als ehemaliges »Vaterland« eine Schutzfunktion für Südtirol aus. Warum wendet Österreich für die eigenen sechs anerkannten sprachlichen und nationalen Minderheiten nicht Südtiroler Standards an?

Die österreichische Minderheitenpolitik ist ein Trauerspiel. Südtirol, also eine Politik auf Augenhöhe mit Minderheiten für Minderheiten, ist kein Vorbild. Es setzte sich das Gegenteil durch.

Ein Bundeskanzler Herbert Kickl, der die Eigenbezeichnung »Volkskanzler« führt, wird noch weniger Wert auf eine Politik mit Minderheiten für Minderheiten legen. Das zeigt abermals das Beispiel Kärnten.

»Slowenisierung Kärntens«

Bei den letzten Landtagswahlen in Kärnten 2023 — Kickl ist seit 2021 Obmann seiner Partei — »warnte« die Freiheitliche Jugend vor einer »Slowenisierung Kärntens«. Mit dieser angeblichen Angst lässt sich Politik betreiben. Mit fast 25 Prozent rückten die Freiheitlichen hinter der noch deutlich starken SPÖ auf Platz zwei vor. Das Team Kärnten, nicht weniger »populistisch« als die FPÖ, wurde von zehn Prozent der Wählenden angekreuzt.

Bei der österreichischen Parlamentswahl im Herbst 2024 stimmten fast 40 Prozent der Kärnter:innen für die FPÖ, die in Kärnten regierende SPÖ rutschte weit auf Platz zwei ab. Eine deutliche Ansage für einen neuen Ortstafelsturm.

Die Freiheitlichen scheren sich wenig um die Minderheitenverpflichtungen aus dem Staatsvertrag, werden das alte Minderheitenschutzgesetz kaum zugunsten der Minderheiten reformieren.

Sie werden Österreich umbauen, für Minderheiten wird es da keine besonderen Platz geben. Kickl suchte während der Corona-Pandemie die Nähe zu den Verharmlosern und Leugnern, zu den Impfgegnern und zu den rechtsradikalen Identitären um Martin Sellner.

In Weinkellern sangen Freiheitliche Nazi-Lieder, die jüdische Gemeinde benannte diesen »freiheitlichen Chor« als »Kellernazis«, auch bei Begräbnissen verdienter Funktionäre stimmten Freiheitliche SS-Lieder an. Ungehindertes braunes Treiben in der „Volkskanzler“-Partei. 

Die Freiheitlichen pflegen gute Kontakte zum serbischen Präsidenten Vučić, zum ungarischen Nachbarn Viktor Orbán, der wiederum mit dem Slowaken Robert Fico enge Kontakte pflegt. Dieses Trio verbindet die Sympathie mit dem russischen Autokraten Wladimir Putin und mit seinem Krieg gegen die Ukraine. Ihr gemeinsamer Feind: Die liberale Europäische Union.

Nicht von ungefähr heißt eine ORF-Satiresendung Gute Nacht Österreich. Die Frage ist, wie lange diese Sendung noch ausgestrahlt wird.


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Comentârs

One response to “Österreich: Aufbruch in eine andere Republik.”

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Für Südtirol stellt sich die Frage, wie gefährlich die ideologische Nähe des Kickl zu Vučić, Orbán und Fico, aber auch zu Meloni und Salvini, unseren Minderheitenschutz in Frage stellen wird. In den italienischen rechtsextremen Kreisen in Rom und Bozen hat man sich jedenfalls über Kickls Erfolg sehr gefreut. – Zum Historischen noch ein kleiner Hinweis: Die von der SS betriebenen Amtsstellen der Amtlichen Deutschen Ein- und Rückwanderungsstelle (ADEuRSt), die in Südtirol die Auswanderung infolge der Option organisiert hatten, wurden ab September 1943 großteils nach Slowenien verlegt, um dort die Einwanderung von Volksdeutschen zur “Regermanisierung” des Landes zu organisieren. In Brixens Partnerstadt Bled war die aus Brixen kommende ADEuRSt-Stelle im ehemaligen Hotel Luisenbad untergebracht, in dem – natürlich nur Zufall – Donald Trump die Verlobung mit Melanie Knaus gefeiert hat.

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