von Marco Manfrini
Die Kritik an den Autonomieverhandlungen von Landeshauptmann Kompatscher wurde zuletzt noch lauter und sie kommt von allen Seiten (01
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). Auch der Landtag fühlt sich übergangen und das zu Recht. Stein des Anstoßes ist vor allem der Umstand, dass großteils geheim verhandelt wird und außer LH Arno Kompatscher (SVP) und seinem innersten Kreis kaum jemandem Mitsprache zugestanden wird.
Auch die bisher gewählte Vorgangsweise gibt keinen Grund zum Optimismus: Der Kampf um das Autonomiestatut und das Paket hat Jahrzehnte gedauert und wurde von großen Teilen der Südtiroler Bevölkerung getragen. Kompatscher will die verlorengegangene Autonomie alleine und in wenigen Monaten wiederherstellen. Das war von Anfang an unrealistisch, ja beinahe anmaßend und vermessen. Am Ende könnte Kompatschers Wiederherstellung der Autonomie darin münden, dass Südtirol den Kürzungen der letzten Jahre teilweise sogar zustimmt und insbesondere die restriktive Auslegung durch den Verfassungsgerichtshof absegnet.
Kompatschers Verhandlungen scheinen zudem überhastet und oberflächlich. Offiziell wird verlautbart, man wolle den Stand der Autonomie bei der Streitbeilegung im Jahr 1992 wiederherstellen, aber es weiß wohl niemand so wirklich, wie der Umfang und das Ausmaß der damaligen Autonomie definiert, erhoben und bemessen werden kann. So wird nicht überprüfbar sein, ob Kompatschers plötzliche autonomiepolitischen Bemühungen auch tatsächlich das vorgegebene Ziel erreicht haben, oder ob man in Rom billig abgespeist wurde.
Seriöse Verhandlungen setzen aber voraus, dass klar feststeht und daher auch unstrittig ist, was der Stand der Autonomie von 1992 genau umfasst und was in den letzten Jahren beschnitten und gekürzt wurde. Allein dies ist ein gewaltiges Unterfangen, das öffentlich und auf breitestmöglicher Basis zu erörtern wäre und bei dem die klügsten Köpfe des Landes miteinzubeziehen sind. Eine entsprechende politische und gesamtgesellschaftliche Debatte ist unabdingbar, geht es doch um die Grundpfeiler unseres Zusammenlebens, denn das Autonomiestatut wird nicht umsonst als Südtiroler Landesverfassung bezeichnet. Es regelt nämlich, welche politischen Entscheidungen, die der Südtiroler Bevölkerung zustehen, an Rom abgegeben werden müssen und welche hingegen tatsächlich in Südtirol selbst getroffen werden dürfen.
Kompatschers Verhandlungen werden aber nicht als Gesamtanstrengung der Südtiroler Bevölkerung geführt, so wie in den 1960er und 1970er Jahren, sondern wurden zur Chefsache erklärt, die somit allein und direkt dem Landeshauptmann vorbehalten ist. Verhandelt wird mehr verdeckt als transparent. Ein kleiner Kreis von Leuten hält Südtirols Schicksal in der Hand und entzieht sich dabei jeglicher Kontrolle und Debatte. Es wird nicht Bericht erstattet und auch nicht Rechenschaft abgelegt. Irgendwann wird uns ein Ergebnis vorgelegt werden, von dem niemand wirklich weiß, was es genau beinhaltet, wie es zustande kam und worauf Rom gegenüber verzichtet wurde. Der Unterscheid zum Paketabschluss und den bisherigen Autonomieverhandlungen könnte nicht größer sein.
Der Kampf um das Zweite Autonomiestatut war die Mammutaufgabe von Jahrzehnten und forderte die Anstrengung einer ganzen Generation. Kompatscher glaubt, es in wenigen Monaten schaffen zu können. Überschätzt er sich?
Vielleicht ist sich Kompatscher der Aufgabe nicht bewusst, oder es geht ihm weniger um eine inhaltliche Stärkung und tatsächliche Wiederherstellung der Autonomie, sondern vielmehr darum, schnellstmöglich ein Ergebnis präsentieren zu können, das dann als Erfolg verkauft werden kann.
In Südtirol werden sich wohl trotzdem genügend Leute finden, die dann Lobeshymnen anstimmen und Kompatscher einen Platz unter den vermeintlich Großen der Südtiroler Geschichte zuweisen werden.
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