Lange galt René Benko als das neoliberale Wunderkind der Finanz- und Immobilienbranche.
Der Buhmann wird jetzt geschnitten und gemieden. Eine verlogene Bande: Als Benko noch als Wunderkind galt, scharwenzelten die Angehörigen der Eliten und Oligarchen um ihn herum. Seine Feste wurden zum Stelldichein der oberen Zehntausend, ein Muss für die diverse Prominenz. Das RTL-Fachblatt Capital geriet 2019 in euphorisches Schwärmen über den »Wunderwuzzi«.
Das war einmal, das ist inzwischen Geschichte. Der österreichische Boulevard gab Benko zum Abschuss frei. Möglich wurde Benko aufgrund der österreichischen Politlandschaft, dem Nährboden für sein System, sagt Sebastian Reinhart, Co-Autor von Inside Signa. Benko wurde aber auch deshalb möglich, weil die Nimmersatten nimmer satt wurden.
Man denke nur an den Hamburger Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, der seinen Einsatz bei der Signa laut eigenen Aussagen verlor. Eine halbe Milliarde Euro. Kühne sagte im Spiegel, er habe sich von Benko um den Finger wickeln lassen. Echt? Sein Ausstieg ließ die Signa zusammenbrechen. Kühne, milliardenschwer, wollte mit seinem Signa-Abenteuer in der Immobilienbranche so nebenbei abkassieren. Er sei aber auf Benko »reingefallen«, zitiert das Manager-Magazin den Großinvestor.
Das Speditionsunternehmen Kühne & Nagel ist ein klassisches Beispiel deutscher Unternehmensgeschichte: Kühnes Vater und Onkel drängten nach 1933, kurz nachdem die Nazis an die Macht kamen, Firmenmitbegründer Adolf Maas aus dem Betrieb. Er wurde 1944 im KZ Auschwitz ermordet.
Nach dem erzwungenen Ausscheiden von Maas drängten die Kühnes in die NSDAP, ihr Unternehmen wurde vom Regime mehrfach als Musterbetrieb ausgezeichnet. Auch deshalb, weil Kühne & Nagel sich »arisiertes« jüdisches Eigentum aneignete. Dieses schmutzige Geschäft legte den Grundstein für Kühnes Reichtum, recherchierte das wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitut Handelsblatt Research Institute.
Von Kühne & Nagel zu Julius Bär
Neben Kühne verlor auch die Schweizer Privatbank Julius Bär wegen ihres Signa-Engagements ordentlich Geld. Die Privatbank geriet 2014 wegen verschwundenen DDR-Vermögens ins Visier der Schweizer Justiz. Im Jahr 2009 gab es ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung, angestrengt von der US-Steuerbehörde, 2020 stellte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht kritisch fest, dass es im Bankhaus Bär bei der Verhinderung von Geldwäsche schwere Mängel gab.
Zwei Partner von Benko, die zweifelsohne zu Europas Hautevolee zählen. Und die den Rachen nicht voll kriegen. Leitmotiv: Wachstum ohne Ende.
Arabisches Ölgeld
René Benko sammelte in seiner erfolgreichen und kreativen Hoch-Zeit aus dem arabischen Raum viel Geld ein. So kamen Finanzmittel von einem Staatsfonds aus Abu Dhabi, ebenso aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien, propere Öl-Staaten, »Freunde des Westens«, die die Menschenrechte strikt und konsequent missachten und so nebenbei auch noch den islamistischen Terror finanzieren.
Als einer der Geldbeschaffer aus dieser Gegend galt der österreichische Kurzzeit- und inzwischen Alt-Bundeskanzler Sebastian Kurz. Die arabischen Scheichs als Finanziers der Nimmersatten.
Die Liste der Benko-Gläubiger, der entgrenzten wachstumsfixierten Investoren, ist ziemlich lang. 94 Gläubiger hätten gerne 14 Milliarden Euro zurück. Völlig unverständlich, warum auch der gediegene Strabag-Unternehmer wie Hans-Peter Haselsteiner dem Gold Rush verfiel. Blendeten ihn die versprochenen Renditen?
Oligarchen-Rubel für Benko
Und es gibt noch einen weiteren Strang. Eine ukrainische Antikorruptionsaktivistin meinte, Benko bunkerte auch Rubel russischer Oligarchen. Russische Großinvestitionen im EU-Raum dienen — die scheinbar mächtigen Oligarchen hängen an der kurzen Leine des Kremls — dem antiwestlichen hybriden Krieg der russischen Staatsführung. Die ehemalige Financial-Times-Journalistin Catherine Belton belegte in ihrem Buch Putins Netz die gezielte antidemokratische Wühlarbeit russischer »Unternehmer«.
Als einer der raffiniertesten Infiltrierer gilt der Ex-Chef der russischen Bahnen, Wladimir Jakunin. Der ehemalige Freund von Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) und gern gesehene Gast der Borodina in Meran, ein Ex-KGBler wie Wladimir Putin, bearbeitet mit viel Geld die westlichen Eliten, schreibt Cecile Vaissie in Wladimir Putins westliche Netze und ihre Methoden (Schwarzbuch Putin, Stephane Courtois und Galia Ackerman) über die strategisch eingesetzte Softpower des russischen Mafiastaates.
Die ach so demokratischen westlichen Unternehmer vergessen die hochgelobte Demokratie, wenn Geldströme in ihre Taschen fließen. Im Schlepptau der Infiltrierer tauchen Gerhard Schröder, Peter Mandelson, Boris Johnson, Wolfgang Schüssel, Silvio Berlusconi, Hansjörg Schelling, Christian Kern und noch viele andere auf. Offensichtlich operieren sie mit der These des deutsch-amerikanischen Unternehmers Peter Thiel, der befand, dass sich Freiheit und Demokratie ausschließen. Eben die Freiheit zum Zocken und Abzocken.
Zum Beispiel der ehemalige österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer von der SPÖ: Aktiv an der Seite Benkos, im Beirat der Signa-Holding, Aufsichtsratsvorsitzender von Signa Prime Selection und der Konzerntochter Signa Development Selection. Der einstige österreichische Regierungschef betätigte sich ungeniert als beratender Lobbyist, wie auch ein anderer Sozialdemokrat, der »Boss der Bosse« Gerhard Schröder.
Oleg Deripaska
Erfolgreich infiltrierte auch der Oligarch Deripaska die österreichische Wirtschaft, Stichworte Strabag und RBI, Raiffeisenbank International. Laut dem österreichischen Onlinemagazin zackzack bringen Russlandgeschäfte und Benko-Kredite die Raiffeisenbank International in Schieflage. Deripaska war am Haselsteiner-Unternehmen Strabag beteiligt. Genauso der RBI-Aktionär Raiffeisen Holding Niederösterreich-Wien. Die RBI wiederum zählt in Russland zu den westlichen Playern im Bankgeschäft.
Der vom Kreml geförderte »Unternehmer« Deripaska steht inzwischen auf der Sanktionsliste der EU. Noch steht er im Visier der US-Justiz. Mit dem Amtsantritt von Donald Trump am 20. Jänner wird sich dies wohl ändern.
Siegfried Wolf
Als Türöffner zur österreichischen Wirtschaft zählt auch der Manager Siegfried Wolf. Laut FAZ war Wolf, ein ÖVPler, bis zum Ausbruch des Ukraine-Krieges Aufsichtsratsvorsitzender des wichtigsten europäischen Standorts der russischen Sberbank. Die Sberbank wiederum war jahrelang ein wichtiger Kreditgeber Benkos, weiß die FAZ. Wolf sitze auch im Aufsichtsrat von Österreichs führendem Baukonzern Strabag, schreibt die Zeitung weiter. Diese Position habe er erhalten, nachdem der mit ihm befreundete russische Oligarch Oleg Deripaska Großaktionär der Strabag geworden sei.
Die ukrainische Antikorruptionsaktivistin und ihr Hinweis auf russisches Oligarchengeld im Signa-Konzern verdeutlichen die Effizienz des Kreml-Netzwerks. Die Sberbank spielt dabei eine Schlüsselrolle. Die Recherche der Ceiberweiber über die Verwicklungen der österreichischen Wirtschaft im Signa-Sumpf, der kräftig von russischen Zuströmen versorgt wird, zeigt unmissverständlich auf, wie weit die russische Staatsmacht nach Österreich und in die EU reicht.
Wirecard-»Manager« Marsalek
Die FAZ kam bei ihrer Recherche auch zum Schluss, dass Signa von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft TPA-Gruppe beraten worden sei. Diese sei auch für den »Zahlungsdienstleister« Wirecard tätig gewesen, dessen Manager Jan Marsalek mithilfe des russischen Geheimdienstes in Moskau untergetaucht sein soll. Wirecard, die Kasse der Pornoindustrie, gesponsert von der Merkel-Regierung und von ehemaligen Spitzenpolitikern »beraten«, crashte wie Signa.
Signa, Wirecard, aufgeblähte Blasen — die zuständigen Behörden schauten bei deren Treiben ständig weg, wurden für die Nimmersatten zu einer Fallgrube. Sie verkauften sich auch noch an den größten Mafiastaat der Welt, an Russland. Weil der Rubel nicht stinkt. Da kommt Schadenfreude auf.
Nicht die Bonzen sind Benkos Opfer
Die Opfer Benkos sind nicht die Kühnes, die Haselsteiners oder Tanners. Nein, es sind — stellvertretend für viele andere — die ehemaligen Mitarbeiter von Karstadt und Kaufhof. Sie haben ihre Jobs verloren, weil »blinde« Investoren Benko ihr Geld zum Zocken überlassen haben. Dafür wurde er ja auch gefeiert, das Handelsblatt titelte: »Investor René Benko – Mit Gespür für Geld und Geschäft – Kaufhaus-Coup«. Gemeint ist die Vereinigung von Karstadt und Kaufhof. Dieser »ausgeklügelte Deal macht Benko zum Strategen des Jahres«, schwärmte das Handelsblatt.
Dem Strategen gelang es nachhaltig, seine Investoren in die Miesen zu drücken. Diese wiederum ermöglichten dem Strategen, Investitionsabenteuer wie bei Karstadt anzustoßen. Mit dramatischen Folgen für 15.000 Mitarbeitende. Und mit nicht weniger dramatischen Folgen für das demokratische Europa, das wegen des Profithungers russischen Oligarchen ausgeliefert wird.
Cëla enghe: Österreich, ein Oligarchenstadl, Liste der Benko-Gläubiger, Der große und der kleine Oligarch, Liste der reichsten Russen
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