Die Ergebnisse der letzten Sprachgruppenerhebung (2024) sind da und zeigen im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten eine bedeutende Trendumkehr: Während sowohl die deutsche als auch die ladinische Sprachgemeinschaft anteilsmäßig schrumpfen, wächst jetzt die staatliche Mehrheitsbevölkerung auch in Südtirol.
Konkret:
- steigt der Anteil an Bürgerinnen, die sich der italienischen Sprachgruppe zugehörig erklärt oder angegliedert haben, von 26,06% im Jahr 2011 auf nunmehr 26,98% (+0,92 Punkte / +3,5%)
- sinkt der Anteil an Bürgerinnen, die sich der deutschen Sprachgruppe zugehörig erklärt oder angegliedert haben, von 69,41% im Jahr 2011 auf nunmehr 68,61% (-0,80 Punkte / -1,15%) und
- sinkt auch der Anteil an Bürgerinnen, die sich der ladinischen Sprachgruppe zugehörig erklärt oder angegliedert haben, von 4,53% im Jahr 2011 auf nunmehr 4,41% (-0,12 Punkte / -2,65%).
Die italienische Sprachgruppe ist in 21 Gemeinden anteilsmäßig geschrumpft und in 95 gewachsen, während der Anteil der deutschen Sprachgruppe in 89 Gemeinden ab- und in nur 27 zugenommen hat.
Am deutlichsten legte die italienische Sprachgruppe in der Gemeinde Sterzing zu, wo es eine fast schon unglaubliche Zunahme um 6,13 Punkte (von 25,95% auf 32,08%) gab.
Die Landeshauptstadt Bozen wird zudem immer italienischer: Hier wuchs der bereits sehr hohe Anteil der italienischen Sprachgruppe um weitere 0,91 Punkte (von 73,80% auf 74,71%). In Leifers war der Anstieg noch deutlicher, womit die italienische Sprachgruppe hier anteilsmäßig mit 74,47% (+2,97 Punkte) fast gleichauf mit Bozen liegt.
Auch die zweitgrößten Gemeinde Südtirols — Meran — ist jetzt mehrheitlich italienisch, da die italienische Sprachgruppe die deutsche hier überholt hat: Während die Italienerinnen von 49,06% auf nunmehr 51,37% (+2,31 Punkte) zulegten, schrumpften die Deutschen von 50,47% auf 48,26% (-2,27 Punkte).
Obschon sich beharrlich der Mythos (01
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) hält, die Italienerinnen hätten die Täler längst verlassen, konstatiert die Zählung ähnlich wie 2011 das genaue Gegenteil: In jeder einzelnen Bezirksgemeinschaft nimmt der Anteil der italienischen Sprachgruppe zu, die deutsche Sprachgruppe schrumpft hingegen überall. Mit Ausnahme des Eisacktals schrumpft auch die ladinische Sprachgruppe in allen Bezirksgemeinschaften.
Außerdem verringerte sich der Anteil der Ladinerinnen ausgerechnet in ihrem Kerngebiet, den ladinischen Tälern, und zwar von 90,85% auf nunmehr 88,27% (-2,58 Punkte). Dabei blieb der Anteil nur in Enneberg stabil, während er in allen anderen mehrheitlich ladinischen Gemeinden — teils sogar deutlich — zurückging.
Emblematisch ist auch, dass die italienische Sprachgruppe in sieben und die deutsche Sprachgruppe in sechs von acht mehrheitlich ladinischen Gemeinden zulegt. Sechs der nur 27 Gemeinden, in denen die deutsche Sprachgruppe wächst, liegen somit in der Ladinia. Anders gesagt: Die größere, insgesamt leicht schrumpfende deutsche Minderheit, wächst hingegen zu Lasten der kleineren, ladinischen Minderheit.
Insgesamt gehören jetzt in den ladinischen Tälern 6,86% der Einwohnerinnen der italienischen Sprachgruppe (2011 waren es 4,70%, +2,16 Punkte) und 4,87% der deutschen Sprachgruppe (2011 waren es 4,45%, +0,42 Punkte) an.
In den Gemeinden, in denen mehrheitlich Italienerinnen leben, schrumpft die deutsche Sprachgruppe hingegen — mit Ausnahme von Pfatten, wo sie stabil bleibt — überall. Zudem ist jetzt nicht mehr Meran, sondern Brixen die einwohnerstärkste Gemeinde mit deutscher Bevölkerungsmehrheit.
An der Zählung durften wie immer nur Bürgerinnen mit italienischer Staatsbürgerinnenschaft teilnehmen, weshalb das Ergebnis kein Gesamtbild der hier lebenden Bevölkerung ergibt. Es wurden 450.373 gültige und 1.841 (0,41%) weiße Erklärungen abgegeben. Bei der Validierung der Erklärungen in Papierform wurden 1.000 für ungültig befunden und 115 leere Umschläge gezählt.
Somit haben sich 93,1% der Berechtigten (450.373 von 483.981 Bürgerinnen) an der Erhebung beteiligt.
Viele Zugewanderte, für die Italienisch die weitaus wichtigste der hiesigen Amtssprachen sein dürfte, wurden von der Erhebung gar nicht erfasst, weil sie (noch) keine italienische Staatsbürgerinnen sind. Außerdem beherrschen die Deutschsprachigen viel öfter (nämlich fast immer) auch Italienisch, während dies umgekehrt häufig nicht der Fall ist. Und nicht zuletzt schwindet Deutsch als Kommunikationssprache zwischen Menschen unterschiedlicher Sprachgruppen immer mehr.
In diesem Kontext verwundert die Trendumkehr bei der Sprachgruppenkonsistenz zwar nicht, bereitet aber umso mehr Sorgen, weil sie sich in ein Gesamtbild der immer weiteren Minorisierung einfügt.
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