Eine Allianz mobilisiert den Widerstand gegen die Einschränkung von Minderheitenrechten
In der neuseeländischen Hauptstadt Wellington demonstrierten zehntausende Māori und ihre Verbündeten für den Schutz der verbrieften Māori-Rechte. Viele der Teilnehmer waren mehr als eine Woche unterwegs: Der Protestzug startete am 11. November von dem nördlichsten Landesteil Cape Reinga in Richtung Süden. Der Protest richtet sich gegen einen Gesetzesentwurf, der den Gründungsvertrag des Landes (das Waitangi-Abkommen) neu interpretieren möchte. Die Māori fürchten, dadurch bereits errungene Rechte zu verlieren.
Das Waitangi-Abkommen wurde 1840 zwischen den Māori-Oberhäuptern und Vertretern der britischen Krone ausgehandelt. Die in Māori und in englischer Sprache verfassten Versionen des Abkommens unterscheiden sich in wichtigen Punkten.
Auf der Grundlage des Vertrags entstanden in den vergangenen Jahrzehnten Regelungen, um strukturelle Nachteile auszugleichen und historische Ungerechtigkeiten wiedergutzumachen.
Wie anderswo auch, polemisiert hier die rechte ACT-Partei, Teil der Regierungskoalition, gegen das Abkommen. Die bisherige Praxis der Interpretation des Abkommens stelle die Māori deutlich besser gegenüber der restlichen Bevölkerung, ist ACT-Vorsitzender David Seymor überzeugt. Mit seinem Gesetzentwurf will er die Māori-freundliche Auslegung des Vertrages drastisch einschränken.
Mit ihrem Vorstoß versucht die ACT den Hass gegen die Māori anzuheizen. Innerhalb der Regierungskoalition ist der Gesetzesentwurf umstritten, die konservative National Party und die Rechtspopulisten von NZ First lehnen ihn — vorerst — ab.
Die Māori und ihre Verbündeten bezeichnen es als einen Affront, dass die »Waitangi-Prinzipien« überhaupt zur Debatte gestellt werden. Sie werfen den ACT-Rechten Stimmungsmache gegen die Māori vor, mit dem Ziel, das Land zu spalten. Laut ACT spalte hingegen das erwähnte Abkommen das Land. Mit seinem Gesetz möchte sie die von ihr empfundene Spaltung überwinden. Auf Kosten der Māori. Teile und herrsche, die gängige Minderheitenpolitik im »globalen Norden« und auch im »globalen Süden«.
Bei der ersten Lesung des Gesetzes kam es im Parlament zum Eklat: Hana-Rāwhiti Maipi-Clarke von der Māori-Partei Te Pāti Māori zerriss den Entwurf und vollführte einen traditionellen Tanz gegen das Vorhaben. Die 22-Jährige musste deshalb für 24 Stunden das Parlament verlassen.
Die Māori stellen 20 Prozent der Bevölkerung Neuseelands. Sie verfügen laut Statistik durchschnittlich über weniger Vermögen, arbeiten in schlechter bezahlten Berufen und haben eine geringere Lebenserwartung als die anderen ethnischen Gruppen im Land.
Die neuseeländische Rechte hat sich wohl Australien zum Vorbild genommen. Eine satte Mehrheit der weißen Mehrheitsgesellschaft lehnte dort in einem Referendum im Oktober 2023 die Festschreibung von Minderheitenrechten — die verfassungsmäßige Anerkennung der First Nations und ihrer Rechte — strikt ab.
Im Dezember 2023 versenkte eine Mehrheit der chilenischen Wählenden ein ähnliches Verfassungsprojekt: Die Anerkennung der Rechte der Nachfahren der Ureinwohner sowie den Umbau Chiles in einen multinationalen Staat.
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