Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) wollte nicht versprochen haben, dass der Entwurf zur Wiederherstellung der Südtirolautonomie im Juni von der italienischen Regierung behandelt wird. Dafür legte er sich anschließend auf den November fest. Jetzt wird klar: Auch dieser Termin ist leiderleider nicht zu halten. Der LH kritisiert nun die, die ihn an seine eigenen Aussagen erinnern, weil es ja schließlich nicht um eine schnelle Umsetzung, sondern um Inhalte gehe.
Da die parlamentarischen Verfahren in Rom äußerst langwierig sind, umso mehr, wenn es um Verfassungsänderungen geht, muss aber natürlich auch zügig gearbeitet werden. In Italien lauert zudem ständig die Möglichkeit eines vorzeitigen Regierungssturzes.
Nicht zuletzt haben die italienischen Rechtsradikalen ihre Regierungsposten in Südtirol, die sie sich als unsägliche Gegenleistung für die Wiederherstellung erpresst haben, ja auch schon seit Monaten inne. Sollte man sie vielleicht ruhend stellen oder einiger Zuständigkeiten erleichtern, bis Rom endlich liefert?
A propos Erpressung: Als Gegenleistung für die Rückgabe von Zuständigkeiten, die Südtirol zustehen und im Grunde — weil im Widerspruch zur Streitbeilegung von 1992 — widerrechtlich beschnitten wurden, verlangen die italienischen Rechten auch noch eine Beschneidung des Minderheitenschutzes. So will Alessandro Urzì (FdI) die Abschaffung der vierjährigen Ansässigkeitsklausel, die Senkung der Schwellen zur Ernennung von Referentinnen italienischer Muttersprache in den Gemeinden und eine stärkere Vertretung der italienischen Sprachgruppe in der Landesregierung. Da für letzteres der Proporz gilt, geht das nur, indem man die beiden anderen Sprachgruppen — also die Minderheiten — diskriminiert.
Absurd und widersinnig: »Minderheitenschutz« zu Lasten der nationalen Minderheiten und zugunsten der Staatsbevölkerung. Den italienischen Mitbürgerinnen würde man so zudem das demokratische Recht verwehren, sich — wenn sie es wünschen — von Deutschsprachigen vertreten zu lassen.
Und gibt es denn vielleicht in der römischen Regierung irgendwelche Vertretungsklauseln für sprachliche Minderheiten?
Gegenleistungen für verbriefte Rechte
Anstatt den Forderungen von Urzì, die mit der Wiederherstellung von Kompetenzen — eine Bringschuld Roms! — nichts zu tun haben, eine klare Abfuhr zu erteilen, ließ der Landeshauptmann wissen, dass er darüber reden will, sobald die von der römischen Regierung zu bearbeitenden Punkte auf dem Tisch liegen.
Welches Mandat hat Herr Kompatscher für Verhandlungen zur Schwächung des Minderheitenschutzes?
Die Gegenleistung für die Autonomie — ein Kompromiss! — war, dass Südtirol nach dem zweiten Weltkrieg nicht Österreich zurückgegeben wurde. Als Gegenleistung, um sie zurückzubekommen, beteiligte die SVP vor einem Jahr die italienischen Rechtsextremen an der Landesregierung. Die verlangen nun jedoch als abermalige Gegenleistung, den Schutz der Minderheiten aufzuweichen und neue Privilegien für die nationale Mehrheit einzuführen.
So ist es, wenn nicht partnerschaftlich auf Augenhöhe verhandelt wird, sondern eine Seite permanent am längeren Hebel sitzt. Wer hätte schon erwarten können, dass das die Rechten ungeniert ausnutzen?
Cëla enghe: 01
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