Der künftige US-Präsident Donald Trump und seine Pläne
Das Programm für seine weitere Amtszeit liegt bereits fix und fertig vor: Es ist 900 Seiten stark, trägt den Titel Project 2025 und sieht einen tiefgreifenden, radikalen Umbau der USA vor. Vor zwei Jahren legte die Heritage Foundation diese Projektbeschreibung vor.
Die 1973 gegründete Stiftung ist eine erzkonservative Denkfabrik, die republikanische Präsidenten mit Vorschlägen und Ideen versorgt. Für das Project 2025, erdacht für Donald Trump II, führte die Stiftung mehr als 100 konservative Organisationen im wissenschaftlichen Beirat zusammen. Eine geballte Ladung der rechtskonservativen USA.
Zu den Partnern der Stiftung zählen das Center for Immigration Studies, Moms for Liberty, Susan B. Anthony Pro-Life America, Tea Party Patriots, Turning Point USA und die America First Legal Foundation von Stephen Miller, einem ehemaligen leitenden Berater Trumps. Stephen Miller soll in der Trump-Regierung Minister für Heimatschutz werden. Er plädierte als Berater der ersten Trump-Präsidentschaft für die millionenfache »Ausschaffung« von Migranten.
Kein Geheimprojekt
Project 2025 ist kein geheimes Programm. Ganz im Gegenteil, die politische Agenda wurde online mit dem Titel »Mandate for Leadership: The Conservative Promise« veröffentlicht. Es ist ein Fahrplan mit dem klaren Ziel, die USA umzubauen. Die erzkonservativen Denker empfehlen eine drastische Verkleinerung der Bundesregierung, die Zerschlagung des »Deep State«, der staatlichen Behörden, des eh dürftigen Sozialstaates mit seinem Steuersystem, seinen Sozialprogrammen, seiner bisherigen Energiepolitik und der liberalen — auch von republikanischen Amtsvorgängern getragenen — Einwanderungspolitik.
Project 2025 ist ein Manifest gegen die liberal-demokratischen USA. Es geht um die Abschaffung des Unterrichts von »kritischer Rassentheorie« und »Gender-Ideologie« an öffentlichen Schulen, die Cancelung von Begriffen wie »Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion«, »Geschlechtergerechtigkeit« und »reproduktive Gesundheit« aus allen Gesetzen, Behördenverordnungen, amtlichen Dokumenten. Eine Säuberung im großen Stil, Kulturkampf von rechts.
Totale Kehrtwende
Einen völligen Bruch mit der Vergangenheit empfehlen die Autoren in der Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik. So soll das Recht auf Asyl drastisch eingeschränkt werden, genauso die Anzahl der Visa. Illegal eingewanderte Minderjährige können nicht mehr auf eine »humane Behandlung« hoffen, der Nachzug von Familienangehörigen soll untersagt werden. Im Wahlkampf ließ Trump die Öffentlichkeit wissen, dass er »die größte inländische Abschiebe-Aktion in der amerikanischen Geschichte« initiieren werde. Mehr als zehn Millionen Illegale sollen gehen. Menschen, die vielerorts die Drecksarbeit verrichten.
Der angepeilte schlanke Staat braucht künftig weniger Geld, weniger Steuern, wissen die Project-2025-Autoren und deshalb sind künftig nur mehr »niedrige Steuersätze« notwendig. Die derzeit geltenden sieben Steuerklassen sollen abgeschafft und durch zwei Steuersätze in der Höhe von 15 und 30 Prozent ersetzt werden. Auch bei der Körperschafts- und Kapitalertragssteuer ermuntern die Heritage-Denker Trump zum Kahlschlag.
Steuersenkungen, die Botschaft an Arbeitnehmende und Mittelstand, mehr Netto vom Brutto. Howard Gleckman vom Urban-Brookings Tax Policy Center rückt in einem Interview mit CBS News die Auswirkungen zurecht: Profitieren werden davon die großen Einkommen. Ähnlich sieht Gleckman auch die Forderung, die staatlichen »Eingriffe in das Funktionieren des freien Marktes und des freien Unternehmertums« drastisch zu reduzieren.
Das goldene Zeitalter wird es nur dann geben, wenn auch die Sozialprogramme auf ein Minimum zusammenschrumpfen. In Bausch und Bogen nennen die Project-Denker die soziale Hilfe einen Betrug und eine Verschwendung öffentlicher Geldmittel. Deshalb: Grundleistungen für einkommensschwache Personen und Familien restlos streichen.
Schluss auch mit der öffentlichen Krankenversicherung, von der fast 74 Millionen Menschen profitieren. Hohe Hürden für den Erhalt von Lebensmittelkarten für bedürftige Familien, für die Zulassung zu Schulessen (s. Seite 302), die Abschaffung von Bildungs-, Gesundheits- und Sozialprogrammen für einkommensschwache Kinder unter fünf Jahren sowie eine Reduzierung der Kindertagesbetreuung. Die proletarischen Trump-Wählenden werden sich wundern.
Ganz im Sinne der rechten christlichen Trump-Wählerschaft plädiert Project 2025 für einen umfassenden Schutz des »ungeborenen Lebens«. Gegen die Abtreibung. Abgeschafft werden sollen deshalb alle öffentlichen Leistungen zugunsten der Empfängnisverhütung sowie der Abtreibungsberatung. Die staatliche Finanzierung von Abtreibungen soll unterbunden werden.
Das ach so christliche Russland von Wladimir Putin macht dies vor.
Die Project-2025-Denker holen die Vergangenheit zurück, die Gründerzeit der USA. Damals gab es zwar eine Bundesregierung, schlank und effizient, ihre Bürokratie war aber überschaubar. So soll es wieder werden. Bundesausgaben kürzen, Trumps Mitstreiter Elon Musk denkt an die Kürzung des Budgets um ein Drittel und will »Bundesbürokraten« feuern. Auch das kann Musk. Trump lobte Musk für die unbürokratische Entlassung von Tesla-Mitarbeitern.
Der zweite Plan sieht die Privatisierung staatlicher Dienste vor, wie den National Weather Service, die Transportation Security Administration (TSA) und das National Flood Insurance Program. Und das Bildungsministerium soll aufgelöst, das Ministerium für Wohnungsbau, das Justizministerium und das Ministerium für die Innere Sicherheit zusammengestrichen werden.
Aufgelöst werden sollen zudem die National Oceanic and Atmospheric Administration, deren Forschung zum Klimawandel als überflüssig angesehen wird. Im Visier der Abschaffer aus dem rechten Eck zudem das Office of Clean Energy Demonstrations, das Office of State and Community Energy Programs sowie das Büro für Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Behörden, die mit Gemeinden für eine nachhaltige Energiepolitik zusammenarbeiten. Schluss mit dem Augenmerk auf den Klimawandel und grüne Subventionen.
Besonders heikel die angedachte Justizreform, die die Beendigung aller Richtlinien, Ermittlungen oder Fälle, die gegen das Gesetz oder die Politik der Regierung verstoßen vorsieht. Darüber freut sich besonders Neo-Präsident Trump.
Die »Erneurer« wenden sich vehement gegen die von der Biden-Regierung beschlossene Erweiterung von Titel IX der Verfassung, nämlich die Freiheit der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität sowie das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Das republikanische Florida ging bereits gegen Schülerinnnen vor, die sich zu ihrer Homosexualität bekannten. In diesem Sinne blockierten rechtskonservative und reaktionäre Richter das erwähnte Biden-Gesetz.
Mit vielen dieser Überlegungen und Empfehlungen warb Trump bei seinem Wahlkampf für Zustimmung. Die erhielt er, massiv. Mit mehr als 55 Prozent der Wählerstimmen, mit 312 Wahlleuten (270 sind notwendig), mit 212 Kongressabgeordneten (204 Demokraten) und 52 Senatoren (44 Demokraten) kann Trump ab dem 20. Jänner durchregieren. Für sein Programm erhielt er ein Volksvotum, Make America Great Again.
Mit sich zufrieden sein kann Kevin Roberts, Präsident der Heritage Foundation. Er sagte, das Projekt hat »das erreicht, was es erreichen wollte: über 110 führende konservative Organisationen zusammenzubringen, um eine einheitliche konservative Vision zu schaffen«. Die große Vision besteht laut Roberts darin, »die Macht vom nicht gewählten Verwaltungsstaat dem Volk zurückzugeben.«
Serie I II
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