Der italienische Alpenverein CAI, der in Südtirol auf die lücken- und ausnahmslose Berücksichtigung der kolonial-faschistischen Ortsnamensgebung besteht und nach wie vor Schutzhütten besetzt hält, die im Faschismus enteignet wurden, hat zum siebzigsten Jubiläum der K2-Erstbesteigung eine chauvinistische Expedition organisiert, die das Rad der Alpingeschichte um Jahrzehnte zurückdreht. Damals waren Besteigungen meist Wettrennen zwischen den Staaten respektive den Systemen, die individuellen Leistungen sekundär und der Ruhm der Nation — die ihre vorgebliche Überlegenheit beweisen und wichtige Landmarken (symbolisch) einnehmen konnte — alles. Einer, der maßgeblich dazu beigetragen hat, den sportlichen Aspekt in den Vordergrund zu stellen und sich hingegen stets geweigert hat, seine Leistungen in den Dienst des Staates zu stellen, war Reinhold Messner.
Doch im Jahr 2024 hat der CAI eine Besteigung geplant, die wie aus der Zeit gefallen wirkt, während sie gut in das politische Gesamtbild des Landes passt. Als Jubiläumsevent geplant, sollte die als erste rein weibliches Unterfangen dargestellte Mission vor allem daran erinnern, dass es Italiener waren, die den Gipfel des zweithöchsten Bergs der Erde 1954 erstmals erreicht hatten und es sich demnach um einen »italienischen Berg« handle.
Den italienischen Mitgliedern der Gedenkmission, die von gleich drei Ministerien (Äußeres und Kooperation, Tourismus, Universität und Forschung) unterstützt und wohl auch (ko-)finanziert wurde, hat Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (FdI) am 4. Juni eine Trikolore überreicht, die auf den Gipfel gebracht werden sollte. Auch deshalb wurde das Unterfangen, das von vier italienischen und vier pakistanischen Bergsteigerinnen umgesetzt werden sollte, von Kritikerinnen als »neokolonialistisch« bezeichnet.
Dazu kommt, dass die Expedition vorab — übrigens von Männern — geplant wurde und man die Teilnehmerinnen erst nachträglich »ausgesucht« hat, was zeigt, dass (wie bei der Erstbesteigung) nicht die Individuen, sondern die Eroberung an sich im Vordergrund stehen sollte. Dass die Wahl dabei auch auf zu unerfahrene Bergsteigerinnen fiel, die teils noch nie auf einem Achttausender waren, brachte dem CAI den Vorwurf ein, ihr Leben fahrlässig aufs Spiel gesetzt zu haben. Gleichzeitig liegt es wohl auch daran, dass die Besteigung letztendlich scheiterte, während andere den Gipfel im selben Zeitraum relativ problemlos erreichen konnten.
Wohl um die unglaublich anachronistische Aktion etwas zeitgemäßer erscheinen zu lassen, hatte man sich für die rein weibliche Zusammensetzung des achtköpfigen Teams entschieden. Nicht nur der Paternalismus in der Auswahl der Mitglieder (und die eher oberflächliche Einbeziehung von Pakistanerinnen) entlarvte dies als Marketinggag, sondern auch dass die Expedition von einem Mann geleitet und von männlichen Sherpas ermöglicht wurde. Außerdem hätte es sich keineswegs um die erste rein weibliche Besteigung gehandelt, wenn sie denn gelungen wäre.
Aus Südtiroler Sicht ist das Vorgehen des CAI eher eine Bestätigung denn eine Überraschung. Ein Verein, der sich noch im 21. Jahrhundert für die (Wieder-)Eroberung eines Berges im Namen der Nation hergibt, macht als Ansprechpartner für zukunftsfähige Lösungen in Südtirol jedenfalls wenig Hoffnung.
Scrì na resposta