Bezüglich der Briefmarke, die der Staat dem faschistischen Bildungsminister Giovanni Gentile gewidmet hat, meldet sich jetzt auch Umberto Croppi, Mitglied des italienischen Landeskulturbeirats zu Wort. Das berichtet der Corriere in seiner heutigen Südtirolbeilage. Croppi war MSI-Mitglied, Kulturreferent des neofaschistischen römischen Bürgermeisters Gianni Alemanno (PdL), aber auch Fraktionsvorsitzender der Grünen im Regionalrat des Latium. Zitiert wird er unter anderem folgendermaßen:
»Abgesehen von den formalen Aspekten gibt es eine wesentliche Tatsache, die wir berücksichtigen müssen: Gentile, ob man es nun gut oder schlecht findet, bleibt einer der Eckpfeiler der universellen Kultur, und dass ihm eine Briefmarke gewidmet wird, scheint mir keineswegs eine Verherrlichung des Faschismus zu sein.« Die Äußerungen über die Figur Gentiles seien legitim, schließt Croppi, aber »die Rücknahme der Briefmarke zu fordern oder ihre Ausgabe zu kritisieren, ist wirklich unangebracht. Es gibt einen Bereich, in dem es legitim ist, seine Meinung zu äußern, und es gibt einen Bereich der Zuständigkeiten. Der Initiator ist das Ministerium, und es gibt eine Kommission der Post: Wenn sie entschieden haben, dass die Briefmarke ihre Berechtigung hat, darf das nicht in Frage gestellt werden.«
– Corriere (10. August 2024)
Übersetzung von mir (Original anzeigen)
«Al di là degli aspetti più formali, c’è un dato sostanziale di cui dobbiamo tenere conto: Gentile, nel bene e nel male, resta uno dei capisaldi della cultura universale e che gli sia dedicato un francobollo non mi pare certo apologia del fascismo.» Legittime le dichiarazioni sulla figura di Gentile, conclude Croppi, ma «chiedere il ritiro o contestare l’emissione del francobollo è veramente fuor d’opera. C’è un ambito in cui è legittimo esprimere la propria opinione e c’è un ambito di competenze. Il promotore è il ministero e c’è una commissione delle Poste: se hanno deciso che il francobollo aveva una sua legittimità, non può essere messo in discussione.»
– Corriere
Der Landeshauptmann und der Landesrat für Kultur dürfen also — quasi privat — eine Meinung zu Gentile haben, doch die Briefmarke in Frage stellen dürfen sie nicht, weil irgendwelche formalen Prozeduren und Zuständigkeiten in einem von Neofaschisten und Rechtsradikalen regierten Staat zu ihrer Ausgabe geführt haben. Eine derartige Argumentation ist einfach ungeheuerlich. Auch Gentile hat damals die Abschaffung der deutschen Schule in Südtirol legal und unter Einhaltung aller Zuständigkeiten umgesetzt. Die Rücknahme seiner »Reform« (oder gar der Rassengesetze!) zu fordern, wäre dann laut Croppi wohl unangemessen gewesen.
Leute mit derart undemokratischen, autoritären Ansichten sitzen jetzt — von Marco Galateo (FdI) berufen — dank Koalitionsentscheidung der SVP im italienischen Kulturbeirat.
(Doch wenn er schon so penibel auf die Einhaltung von Zuständigkeiten achtet, sollte Croppi vielleicht in seiner Rolle dem Landeshauptmann auch keine Vorschriften machen.)
Cëla enghe: 01
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