Zugegeben. Ich bin ein sehr naiver Zeitgenosse. Nur manchmal glaube ich, dass meine blauäugigen Schlüsse gar nicht einmal so naiv sind. Vor allem dann nicht, wenn die Kritiker meiner Naivität ihre Behauptungen nicht belegen können und lediglich kapitalistische »Glaubenssätze« von sich geben.
»Privat ist immer günstiger als öffentlich« ist zum Beispiel so einer.
Im Zuge der Diskussion um Sparmaßnahmen meinte der Bozner Vizebürgermeister Klaus Ladinser laut »Dolomiten« unlängst: »In Zeiten, in denen die öffentlichen Haushalte in massiven Schwierigkeiten stecken, muss man über Privatisierungen zumindest nachdenken dürfen« und hat dabei SEAB und SASA im Visier.
Vorausgesetzt, dass ein Privater stets mit Gewinnabsicht agiert, wenn er einen Dienst anbietet, die öffentliche Hand jedoch ihren Schwerpunkt auf eine faire Tarifgestaltung und einen ausgeglichenen Jahresabschluss legen kann, ergeben sich für mich aus dieser Privatisierungsforderung zwei Schlüsse:
- entweder der Private muss die Tarife erhöhen bzw. Dienste abbauen — sprich das Service verschlechtern — wenn er einen Gewinn erzielen möchte, was nicht im Sinne des Bürgers und auch nicht der Verwaltung sein kann oder
- die Verwaltung gesteht somit offen ein, dass sie und ihre Beamten schlichtweg zu blöd sind, einen Dienst zu betreiben, wenn es ein Privater bei gleichbleibenden Tarifen und ohne Kürzungen von Diensten schafft, statt eines Verlustes einen Gewinn einzufahren.
In der Folge stellt sich also die Frage, mit welcher Legitimation die öffentliche Hand überhaupt noch Dienste für den Bürger anbietet, wenn das doch so viel teurer ist.
Wobei das finanzielle Argument gerade in den Fällen von SEAB und SASA nicht wirklich greift. Es gibt essentielle Bedürfnisse auf deren Befriedigung nach meinem Verständnis von Politik und Gemeinschaft jeder Bürger ein Recht hat. Der Anschluss eines einzelnen Bergbauernhofes an das öffentliche Trinkwassernetz ist niemals rentabel, ebenso wenig wie die Aufrechterhaltung einer Buslinie bis ins hinterste Tal. Derartige Kosten müssen sozialisiert werden. Was Privatisierung in dieser Hinsicht bewirkt, sieht man zum Beispiel bei der Post in Österreich.
Cëla enghe: 01
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