In Anpezo wird gerade allen ökologischen und wirtschaftlichen Bedenken sowie der Vernunft zum Trotz ein neuer Eiskanal aus dem Boden gestampft, weil die Nutzung einer Anlage in benachbarten Grenzregionen für die italienischen Olympia-Veranstalter unvorstellbar war. Selbst das IOK hatte nicht bloß keine Einwände gegen die Einbindung von Igls oder San Murezzan (St. Moritz) vorgebracht, sondern sogar eine dementsprechende Empfehlung ausgesprochen.
Im ultranationalistisch regierten Italien wurde dieser Vorschlag jedoch als Beleidigung wahrgenommen. Auch der Präsident des Südtiroler Landeskomitees im NOK (CONI) schwadronierte:
Die Olympischen Spiele organisiert Italien, wir werden ganz sicher in Italien eine Bahn bauen.
— Alex Tabarelli
Aus Südtiroler Sicht ist diese Haltung umso peinlicher und ärgerlicher, werden doch sonst so gern die Überwindung der Nationalstaaten und die Europaregion beschworen — und argumentiert, es gebe längst keine Grenzen mehr.
Doch während die Bahn in Anpezo noch gebaut wird, wurde die kleinkariert-isolationistische Haltung Italiens schon als rückständig und unnötig enttarnt: Vier Jahre nach Mailand-Anpezo werden die olympischen Winterspiele in den französischen Alpen über die Bühne gehen, doch ein Eisoval, das es dort nicht gibt, soll nicht gebaut werden. Die entsprechenden Sportwettbewerbe werden also nicht auf französischem, sondern voraussichtlich — ausgerechnet — auf italienischem Staatsgebiet stattfinden, im Oval von Turin, das für Olympia 2006 errichtet worden war.
Dabei ist Frankreich zwar auch nicht für seinen besonders gemäßigten Nationalismus bekannt, aber offensichtlich weniger komplexbehaftet als sein südöstlicher Nachbar.
Der ungebremste und — auch für Südtirol — teure italienische Nationalismus ist einsame Spitze. Womöglich werden die Winterspiele 2026 als die letzten einer unheilvollen Zeit in die Geschichte eingehen, als Länder noch der Meinung waren, unbedingt alles selber machen zu müssen, statt auf Kooperation und Austausch zu setzen.
Cëla enghe: 01
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