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EU ade?

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Die Rechtswählenden haben die Union abgewählt, zur Freude des kriegsführenden Russlands.

Das war es dann. Aus den Vereinigten Staaten von Europa wird wohl nichts mehr. Die Wählenden der rechtsrechten Parteien, die in den Fraktionen der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) und Identität und Demokratie (ID) sitzen, halten davon nichts. Deshalb haben sie diese Parteien gewählt, die die Union auflösen wollen. 

Diese Kameradschaft will die Union durch eine Freihandelszone ersetzen, mit den Nationalstaaten als deren Akteure. Das heißt freier Waren- und Kapitalverkehr, der freie Personenverkehr in dieser Freihandelszone zählt nicht zu deren Prioritäten. Also hoch mit den Grenzen! Auch am Brenner, in Winnebach und am Reschen. 

In Spanien legte die reaktionäre Volkspartei PP zu, im Schlepptau die PP-Abspaltung Vox, neo-franquistisch — will heißen: neofaschistisch. Das gar nicht geheime Vorbild für Manfred Weber, Vorsitzender der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament. In Frankreich dominiert das national-chauvinistische Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen, in Italien die neofaschistischen Fratelli, in Österreich die rechtsextremen Freiheitlichen. In Deutschland stieg die AfD, die rechtsextremen Enkel der NSDAP, zu zweitstärksten Partei auf.

Über diesen rechten Siegeszug freuen sich tierisch der russische Kriegspräsident Wladimir Putin, der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump, der Tesla-Milliardär Elon Musk und wahrscheinlich auch die chinesischen Kommunisten. Die rechtsrechten Parteien in der EU positionierten sich pro-russisch, pro-chinesisch, anti-amerikanisch. Mit einem ordentlichen Wähler:innen-Votum im Rücken.

Ein Votum gegen Europa

Diese Parteien halten nichts von einem grenzenlosen Europa der gemeinsamen ökosozialen Standards, genauso wenig vom Anspruch, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte hochzuhalten. Die Rechtsrechten wollen zurück in die Nationalstaatlichkeit mit klaren Grenzen, menschenrechtliche und liberale Errungenschaften wie Rechte für sexuelle Minderheiten aufheben, Justiz und öffentlichen Rundfunk an die staatliche Kandare legen. Die Rechtsrechten pflegen einen dumpfen Nationalismus, in Spanien beispielsweise wollen die Meloni-Partner Vox die autonomen Regionen der Basken, Galicier und Katalanen zerschlagen.

Ausgerechnet diese Antieuropäer:innen will die Europäische Volkspartei als Bündnispartner. Die bisherige Kommissionspräsidentin von der Leyen besuchte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die beiden CSU-Männer Manfred Weber und Markus Söder scharwenzelten um Meloni herum, die SVP ging mit der Meloni-Partei bereits eine Koalition ein. Vorbild für die neue Kommission? Ab nach rechts?

Die Brandmauer gegen rechts taugt nur für Sonntagsreden, in der politischen Realität stehen längst nur mehr die Fundamente. In Österreich riss diese Brandmauer erfolgreich die SVP-Schwester ÖVP ein, die in einigen Bundesländern mit den Freiheitlichen von »Volkskanzler« Herbert Kickl regiert. In Ungarn, in der Slowakei und in Bulgarien regieren linke wie rechte Polit-Abenteurer, allesamt Anhänger der Putin-Ideologie völkischer Nationalismus, die die EU »zersetzen«. 

Minderheiten nicht immun

Auch die Minderheitenregionen blieben von diesem Rechtsruck nicht »verschont«. In Katalonien rutschten die separatistischen Parteien im Vergleich zu den Regionalwahlen vor einigen Wochen abermals ab. Zugunsten der Sozialisten, doch auch PP und Vox legten zu. Nur im Baskenland behaupteten sich die beiden baskischen Parteien EAJ/PNV und EH Bildu. Im französischen Nordkatalonien, auf Korsika, in Lothringen und in der Bretagne wurde das RN mit Abstand stärkste Partei, Stimmenzuwächse erzielte das RN auch im Elsass. Warum wählen Angehörige sprachlicher und nationaler Minderheiten den rechtsradikalen RN, stimmen für den französischen Nationalismus?

Oder für den italienischen, wie in der autonomen Region Aoste. Die Autonomisten gingen unter, ihre Rolle als relative Mehrheitspartei übernahmen die Fratelli d’Italia. Gleiches gilt für die autonome Region Sardinien. Knapp, aber immerhin, setzten sich die Fratelli gegen den PD durch. Den glorreichen Partito Sardo d’Azione von Emilio Lussu gibt es nicht mehr.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Simon hat die Südtiroler Wahlergebnisse detailliert aufgelistet: Beruhigend, dass die SVP sich wieder fangen konnte, trotz ihrer widerlichen Listenverbindung mit Forza Italia und trotz ihrer abscheulichen Koalition mit den Fratelli. Beruhigend auch, dass es Brigitte Foppa (Grüne) gelungen ist, sich ordentlich zu positionieren. Weniger erfreulich hingegen ist der dritte Platz für die Fratelli. Laut den Berechnungen von Simon verzeichnen die italienischen Rechten in Südtirol, Forza Italia, Lega und Fratelli gemeinsam einen Rückgang.

Ein ähnliches Ergebnis fuhr die christsoziale CSP im deutschsprachigen Ostbelgien ein. Die CSP warb für eine starke EU und gegen Rechtspopulisten. Bei den gleichzeitigen Parlamentswahlen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) setzten sich die SVP-Partner von der ProDG in Ostbelgien durch. Beides sind Parteien der Mitte. 

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Der dänischstämmige Grüne Rasmus Andresen wurde im deutschen Bundesland Schleswig-Holstein wieder in das Europaparlament gewählt, die dänisch-friesische Minderheitenpartei SSW verzichtete auf eine Kandidatur.

In Polen und in der Slowakei meldete sich die liberale Mitte vehement zurück, in Ungarn verlor Putin-Verbündeter Orbán viele Wählende, im nördlichen Europa — in Dänemark, Schweden und Finnland — sackten die Rechten ab, die Linke setzte sich durch.

Bedenklich und gefährlich ist die geringe Wahlbeteiligung. Anderswo werden Menschen inhaftiert oder gar erschossen, wenn sie freie Wahlen fordern. Viele in Europa sind also demokratiemüde, sie sehnen sich nach starken Frauen, Le Pen, Meloni. Offensichtlich interessiert sich fast die Hälfte der Wähler:innenschaft auch nicht für die EU, das Friedensprojekt Europa scheint diesen Wahlboykotteuren kein Anliegen zu sein. Die Wahlverweigerer und die Rechtsrechten werden zum Sargnagel der Europäischen Union. Verhindern kann dies nur die Fraktion der Europäischen Volkspartei. Es sieht aber nicht danach aus.


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Comentârs

6 responses to “EU ade?”

  1. artim avatar
    artim

    Die nördlichen Staaten sollte man nicht ganz unerwähnt lassen. Dort wurde anders als in Italien, Österreich, Deutschland… gegen den rechtsrechten Trend gestimmt. In Finnland, Schweden und Dänemark siegen linke Parteien.

    1. Simon avatar

      Das steht eh drin.

      1. artim avatar
        artim

        Jetzt – gut.

      2. Simon avatar

        Nein, immer schon. Ließe sich anhand des Originalartikels, den mir Wolfgang gemailt hatte, sogar beweisen. 😉

  2. Cicero avatar
    Cicero

    Na na Herr Mayr, warum so pessimistisch?
    Ich finde , dass bestimmte Schieflagen zurechtgerückt wurden. So haben die Wähler entschieden, dass das gesamte demokratische Spektrum repräsentiert werden soll. Bisher war nur links-grün salonfähig und moralisch sowieso über allen anderen erhaben. Die demokratisch-konservative Rechte (nicht Rechtsextreme) ist halt jetzt auch salonfähig geworden, weil es die Wähler so wollen und zwar deshalb weil sie den Links-Grünen bestimmte Problemlösungskompetenzen nicht mehr zutrauen (das reicht vom übergriffigen Staat, Wohlstandsgefährdung bis zu Sicherheitsthemen durch verfehlte illegale und ungesteuerte Migrationspolitik, Friedenspolitik uvm. Der grünen Agenda wurde z.T. das Vertrauen entzogen, auch von der Jugend. Das muss zu denken geben, Schuldzuweisungen und Wählerbashing nutzen da gar nichts.
    Nun ist es halt so in einer Demokratie, dass die Menschen diejenigen wählen, von denen sie annehmen dass diese am besten ihre realen Anliegen erfüllen bzw. ihre Probleme lösen. Ideologisches spielt da keine Rolle, Wähler-bzw. Oppositions- Verunglimpfung als Programm ist da nicht ausreichend und gar kontraproduktiv. Das hat sich gezeigt.
    Was die niedrige Wahlbeteiligung angeht, ist zu sagen, dass viele Menschen das Vertrauen in die Politik bzw. in das vorherrschende politische System verloren haben.
    Dass die Demokratie wie sich in der Corona Zeit gezeigt hat, dermaßen einfach ausgehebelt werden kann und totalitär-faschistische Maßnahmen so schnell und teilweise nicht nachvollziehbar implementiert werden können, hat viele Menschen erschreckt und vor allem Betroffene fühlen sich von dieser Art von Staatsübergriffigkeit angewidert und sind nicht mehr erreichbar.
    Weiters häufen sich gefühlt die Skandale rund um Politikerpersönlichkeiten oder Gruppen, v.a. auch auf EU-Ebene. Man denke an die Korruptionsskandale, die nur zufällig aufgedeckt wurden.
    Weiters haben viele Menschen das Gefühl dass ihr sauer erarbeitetes Steuergeld veruntreut wird, die EU die Menschen manipulieren will und Lobbyisten in Brüssel den Ton angeben. Daran muss gearbeitet werden.
    Viele haben das auch Gefühl dass die EU über ihre Köpfe hinweg zu viele lebensfremde Entscheidungen trifft, die den realen Situationen vor Ort nicht gerecht werden und wollen tatsächlich weniger EU und nicht mehr. Dem tragen bestimmte Parteien eben Rechnung.
    Dass die Wähler aber sozusagen zu unbedarft wären um das zu wählen was gut für sie ist, das muss zurückgewiesen werden.
    Zusammenfassend lässt sich sagen dass die Mitte nämlich die EVP gestärkt wurde, das links-grüne Lager Sitze verloren hat und das rechte Lager zulegen konnte.
    Also nichts (pessimistisch) Weltbewegendes.

    1. Wolfgang Mayr avatar
      Wolfgang Mayr

      Hallo Herr Cicero, wer auch immer Sie sein mögen, eine kurze Antwort auf Ihr Schreiben (danke dafür). Wir sehen die Welt wohl grundlegend anders. Kein Problem. Trotzdem wundern mich zwei Ihrer Aussagen: Sie schreiben, die demokratisch-konservative Rechte ist salonfähig geworden. Sie meinen offensichtlich die “Europäischen Konservativen” von G. Meloni und “Identität und Demokratie” von M. Le Pen. Demokratisch-konservativ? Auch liberale Politikwissenschaftler qualifizieren beide EP-Fraktionen als rechtsextrem ein. Die zweite Aussage, die in der “Corona-Zeit” implementierten “totalitär-faschistischen Maßnahmen” hat viele Menschen erschreckt. Totalitär faschistisch? Echt jetzt? Und deshalb wählen EU-Bürger:innen rechtsradikal? Eine seltsame Argumentation.

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