Südtirol verfügt bekanntlich (anders als die viel kleinere Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien) über keinen eigenen EU-Wahlkreis. Ein Beschlussantrag, um dies zu ändern, wurde Anfang Mai vom Südtiroler Landtag abgelehnt. Also werden Südtiroler Anwärterinnen auf einen Sitz im Europaparlament auch weiterhin in einem Wahlkreis auf Stimmenfang gehen müssen, der neben Südtirol das Trentino, Friaul, Julien, Venetien und die Emilia-Romagna umfasst und deutlich mehr Einwohnerinnen als Österreich hat — nicht selten auf Listen, deren Programm nicht auf Deutsch oder gar Ladinisch vorliegt und das sie oftmals gar nicht teilen.
Erschütternd ist aber auch, was passiert, wenn einmal ausnahmsweise umgekehrt eine nicht aus Südtirol stammende Kandidatin entscheidet, einen einzigen Facebook-Reel »[g]erne auf Deutsch für alle Freunde aus Südtirol« zu machen, wie die 5SB-Kandidatin Martina E. Pluda aus Triest, die unter anderem in Österreich studiert hat. Darauf hat mich ein Leser hingewiesen:
Ausschnitt Facebook-Reel
Obschon Deutsch auch in Friaul und Julien Amtssprache ist, erntete Pluda postwendend einen Shitstorm:
- Ein Nutzer namens Andrea Salvin empfahl ihr, ihre Reels doch beim nächsten Mal besser auf das richtige Zielgebiet auszurichten. Er beschwerte sich, dass sich eine Kandidatin im Wahlkreis Nordostitalien an ihn, einen Friauler, auf Deutsch wende und wies in einem weiteren Kommentar darauf hin, dass »wir in Italien sind und der Wahlkreis auch nicht-deutschsprachige Gebiete umfasst«.
- Francesca Jacobelis verlangte — garniert mit einem wütenden Emoji — nach einem Video in italienischer Sprache, da sich Pluda doch auch an Italienerinnen wende.
- Fortunato Orru forderte in gehässigem Ton, Pluda solle den Reel wenigstens übersetzen, damit man es verstehen könne.
- Herr Giulio Bortolin postete eine bis auf mehrere grobe Beleidigungen unverständliche Antwort.
- Francesco Tinazzi fragte, was zum Teufel »das« bringen soll.
- Angelo Carlucci brachte seine Missbilligung mit einem Bild zum Ausdruck auf dem »Oh no!« zu lesen ist.
- Fausta Della Valentina bemerkte lapidar: »Du Arme bist unglücklich gestürzt«
Die Kandidatin musste sich damit rechtfertigen, dass außer diesem einen Reel all ihre Postings auf Italienisch seien. Und das ausgerechnet bei einer Wahl zum Parlament der angeblich »in Vielfalt geeinten« EU.
Das ist der Platz, den Südtirol mit seiner sprachlichen Diversität in diesem Wahlkreis (und in diesem Staat) hat.
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