Letzten Samstag war in der römischen Tageszeitung La Repubblica ein Interview mit dem skandalträchtigen AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Maximilian Krah, erschienen. Darin sagte er unter anderem, nicht jeder SS-Offizier sei ein Krimineller, auch Günter Grass sei beispielsweise in der Waffen-SS gewesen. Dies triggerte Rechtsextremistin Marine Le Pen vom französischen Rassemblement National (RN) so sehr, dass sie die Zusammenarbeit mit der AfD in der gemeinsamen ID-Fraktion aufkündigte, in der neben anderen auch Lega und FPÖ sitzen. Eine gemeinsame Fraktion wird es nach der EU-Wahl wohl nicht mehr geben. Wenig später tat es Lega-Chef Matteo Salvini seinem französischen Vorbild gleich und ging zu Krah auf Distanz.
Die AfD wiederum »cancelte« ihren Spitzenkandidaten endgültig: Er trat nicht nur als Mitglied des Parteivorstands zurück, sondern wurde für die Zeit des Wahlkampfs auch mit einem Auftrittsverbot belegt. Das hat wohl weniger mit der Aussage an sich als mit ihren Folgen, der weiteren Isolation der AfD in Europa, zu tun.
Faschismusexpertin Alba Sidera — die ich hier schon mehrmals zitiert habe — schreibt auf Twitter, dass es sich bei der Brandmauer von RN und Lega freilich hauptsächlich um Taktik handle. Die »neue extreme Rechte« von Le Pen denke zwar im Grunde gleich wie die AfD, könne deren unbedachtes Vorgehen aber nicht weiter dulden, da es gelte, den eigenen Extremismus hinter einer freundlichen Fassade zu verbergen.
Ähnlich argumentiert etwa der SPD-Freundeskreis Italien:
Dass es sich bei der plötzlichen Ablehnung der #NoAfD durch andere europäische Rechtsaußenparteien nur um eine Inszenierung handelt, zeigt sich daran, dass jetzt auch die Lega von Matteo Salvini »den Bruch« vollzieht. Nichts als Theaterdonner.
– SPD-Freundeskreis Italien (auf Twitter)
Schließlich ist zum Beispiel Lega-Kandidat Roberto Vannacci, dessen Buch im Antaios-Verlag von Götz Kubitschek erschienen ist, wohl nicht weniger radikal als Maximilian Krah. Sidera schreibt, Lega und FdI hätten schon viel schlimmere Aussagen getätigt als Maximilian Krah gegenüber Repubblica.
Und dennoch: Wenn sogar Rechtsextreme gegenüber anderen Rechtsextremen, deren Äußerungen sie in ihrem jeweiligen Land schwer vermitteln können, eine Art Brandmauer errichten — wiewohl dies aus taktischen und nicht substanziellen Gründen geschieht —. mutet es umso paradoxer an, wenn demokratische Parteien dies nicht tun.
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