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Ukraine, gib auf…?

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Aufgeben, einfrieren, um dann russische Besatzungszone zu werden?

Wegen des unverhältnismäßigen und mörderischen israelischen Krieges in Gaza laufen weltweit Hamas-Sympathisanten Amok. Der russische Krieg gegen die Ukraine wird hingegen hingenommen. Die »Kriegsgegner« wissen auch, wie der Krieg beendet werden kann: Das ukrainische Opfer soll mit dem russischen Täter verhandeln.

Die Ukraine soll auf die russisch annektierten Gebiete verzichten, die Waffen niederlegen, sich dem russischen Diktat unterwerfen. Dann herrscht Frieden, sibirisches Öl und Gas fließt, damit die deutsche Industrie wieder Ramsch für den chinesischen Markt produzieren kann. Ein Zitat, das vom Grünen Anton Hofreiter stammt.

Pazifisten, linke und rechte Radikale, Populisten aller möglichen Spielarten und eine kriegsmüde Öffentlichkeit muten den Ukrainer:innen Unmögliches zu. Die Kapitulation.

Ein Einfrieren des Krieges empfehlen westeuropäische Politiker:innen, die sich unter dem NATO-Schutzschirm befinden — »eingefroren« wurde der »Konflikt« in Moldau, wo die russische Armee einen Teil des Landes besetzt, in Geiselhaft hält. Auch in Georgien, wo einige Regionen russisch kontrolliert werden und der Staat deshalb nur mehr bedingt souverän ist. In Georgien wird derzeit das pro-russische Programm — wie damals in der Ukraine — durchgezogen, Abkoppelung von der EU, Ankoppelung an Russland.

Auf linken und rechten Online-Portalen wird für das ukrainische Aufgeben kräftig geworben. Es wird der Anschein erweckt, die NATO sei in Russland einmarschiert und nicht die russische Armee in die Ukraine.

In diesen Medien scheint es den russischen Eroberungskrieg nicht zu geben. Im Gegenteil: Russland handelt quasi in Notwehr, gegen die imperialistische NATO. Diese anti-ukrainische Publizistik geißelt die Korruption in der Ukraine, die angeblichen Nazis, die unterstellte anti-demokratische Haltung von Präsident Volodymyr Selenskyj, die wenig entwickelte Demokratie.

Sie texten auf Kreml-Linie, der Krieg sei eine Sondermilitäroperation. Wenn überhaupt. Schlimmstenfalls ist es ein Stellvertreterkrieg, die Ukraine führt Krieg gegen Russland. Der Westen trägt dafür Verantwortung und schon stimmt das Weltbild wieder. Wenn dem so wäre: Würde die NATO dann die Ukraine nicht mit den besten Waffen beliefern?

Friedensabkommen?

Telepolis, Nachdenkseiten und wie sie alle heißen, halten dem Westen vor, den Frieden verhindert zu haben. Das greifbare »Friedensabkommen« zwischen Russland und Ukraine platzte, so die pro-russischen Lautsprecher in Europa, weil der Westen dies verhinderte. Vor kurzem veröffentlichte Die Welt am Sonntag das Papier, das inhaltlich von einem Friedensabkommen meilenweit entfernt ist.

Warum? Die Ukraine sollte sich zu »permanenter Neutralität« verpflichten, so die Order aus Moskau. Nicht die Bürger:innen und die demokratisch gewählten Institutionen sollen darüber entscheiden, sondern das russische Diktat. Russland wollte damit verhindern, dass die Ukraine der NATO betritt. Im Gegenzug sicherte Russland zu, würdigten die Befürworter dieses Abkommens, die Ukraine nicht noch einmal anzugreifen.

Russland hatte schon 1994 gemeinsam mit den USA, Großbritannien, Belarus und Kasachstan für die Ukraine Sicherheitsgarantien abgegeben. Mit dem Budapester Memorandum bekräftigten diese »Schutzmächte« die ukrainische Souveränität. Von solchen wohlfeilen Erklärungen ist nichts zu halten, eine russische Sicherheitsgarantie ist nichts wert.

Laut dem »Friedensabkommen« sollten die gegenseitigen Sanktionen aufgehoben und Klagen vor internationalen Gerichten fallen gelassen werden.

Russland wollte die Ukraine außerdem dazu verpflichten, den »Faschismus, Nazismus und aggressiven Nationalismus« gesetzlich zu verbieten.  Der russische Vorwurf sollte also im Abkommen festgeschrieben werden. Übergriffig.

In dem Zehn-Punkte-Programm forderte Russland die Ukraine, die russische Sprache zur zweiten Amtssprache zu erheben. Schräg: In Russland ist Russisch staasweit die einzige Amtssprache, die sprachlichen und nationalen Minderheiten in Russland wurden großteils assimiliert, ihre Sprachen ins Abseits abgedrängt. Genauso in der Ukraine: Das Land wurde rabiat russifiziert, auch mit Hilfe russischer Bürger:innen, die in der Ukraine eine zweite Heimat fanden.

Möglicherweise hätte dieses Abkommen den russischen Krieg gegen die Ukraine beendet. Möglicherweise. Die Zukunft der Ukraine wäre keine Zukunft mehr gewesen, das Land hätte sich Russland bedingungslos unterwerfen müssen. Die Ukraine, eine Kolonie, in der Friedhofsruhe herrscht und wenn nicht, hilft die russische Armee nach. Dieses Abkommen hätte das Ende der Ukraine bedeutet.

Während die Verhandlungen zu diesem Abkommen stattfanden, kam es zu Kriegsverbrechen der russischen Armee. Nicht nur in Butscha. Pax Russa?

Für die pro-russischen rechten und linken Medien ist aber der Westen verantwortlich für den russischen Krieg gegen die Ukraine. Nicht Russland, nicht der Täter.

Der »Friedensplan«

Die zehn Punkte des angeblichen »Friedensabkommens« verdeutlichen, wie wenig Frieden im Vertrag steckt:

  1. Ukraine sollte permanenter Neutralität zustimmen: Die Ukraine verpflichtet sich zu permanenter Neutralität, verzichtet auf jegliche Mitgliedschaften in einer militärischen Allianz.
  2. Keine Atomwaffen oder ausländische Truppen in der Ukraine: Die Ukraine erklärt sich bereit, niemals Atomwaffen zu erhalten, zu produzieren oder zu erwerben, keine ausländischen Waffen und Truppen im Land zu erlauben und ihre militärische Infrastruktur, inklusive Flugplätze und Seehäfen, keinem anderen Land zur Verfügung zu stellen.
  3. Ukraine darf EU-Mitgliedschaft anstreben: Einer EU-Mitgliedschaft steht ausdrücklich nichts im Wege.
  4. Russland sichert zu, die Ukraine nicht noch einmal anzugreifen: Russland sichert im Gegenzug der Ukraine zu, nicht noch einmal anzugreifen.
  5. Sicherheitsgarantien durch fünf ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats: Russland erklärte sich einverstanden, dass die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats der Ukraine umfassende Sicherheitsgarantien aussprechen können.
  6. Recht auf Selbstverteidigung im Fall eines bewaffneten Angriffs: Bei einem Angriff auf die Ukraine würden sich die Garantiestaaten verpflichten, die Ukraine bei seinem in der UN-Charta verbrieften Recht auf Selbstverteidigung zu unterstützen.
  7. Krym und Hafen Sewastopol von Sicherheitsgarantien ausgenommen: Ein Hinweis, dass Russland an der Annexion der Halbinsel festhält.
  8. Offene Frage zur Größe des ukrainischen Militärs: Ungelöst bleibt die Größe des ukrainischen Militärs.
  9. Russland fordert russische Sprache als zweite Amtssprache in der Ukraine: Russland verpflichtet die Ukraine, die russische Sprache zur zweiten Amtssprache zu erklären, gegenseitige Sanktionen aufzuheben, Klagen vor internationalen Gerichten fallen zu lassen.
  10. Kyjiw sollte »Faschismus, Nazismus und aggressiven Nationalismus« gesetzlich verbieten lassen: Grund und Anlass für Russland, die Ukraine zu überfallen.

Ein Friedensabkommen, mit dem Russland die Ukraine definitiv zu seinem Vorhof gemacht hätte.


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