Ende November letzten Jahres hatte die italienische Verbraucherinnenorganisation Altroconsumo das Ergebnis einer Recherche veröffentlicht: Demnach sei die Reisepasserneuerung in Italien nicht nur — im Vergleich mit anderen europäischen Ländern — sehr teuer, sondern auch noch mit unverhältnismäßig langen Wartezeiten verbunden. In sechs von 17 Städten, in denen der Verein entsprechende Erhebungen durchgeführt hatte, gab es überhaupt keine freien Termine, um an einen Reisepass zu gelangen. Unter den elf Städten mit verfügbaren Slots war Bozen nach Venedig jene mit der längsten Wartezeit: knapp acht Monate allein, um den Antrag stellen zu können, zuzüglich Ausstellungszeit.
Nun will das Land Südtirol der Staatspolizei Bedienstete und Geld zur Verfügung stellen, um den kollabierenden Dienst irgendwie zu retten. Das ist einerseits sinnvoll, wenn tatsächlich eine Verbesserung erreicht werden kann.
Andererseits ist dieses Modell unter mehreren Gesichtspunkten fragwürdig: Südtirol ist in Italien Nettozahler und muss dem Zentralstaat trotzdem in immer mehr Bereichen (Justizverwaltung, Post…) selbst unter die Arme greifen, um grundlegende Dienstleistungen mehr schlecht als recht aufrecht zu erhalten. Die diesbezüglichen Mitsprache- und Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne einer legislativen und/oder exekutiven Autonomie halten sich dabei aber trotzdem stark in Grenzen. Um nicht zu sagen: sie sind de facto inexistent, Rom bestimmt weiterhin allein, wo es lang geht. Und dies, während der Staat — speziell auch die Polizei — die Südtirolerinnen deutscher Muttersprache als Bürgerinnen zweiter Klasse behandelt (vgl. 01
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) und mitunter auch noch beleidigt.
Anstrengungen, das verbriefte Recht auf Gebrauch der Muttersprache zu gewährleisten, werden kaum unternommen und führen jedenfalls zu keinem spürbaren Ergebnis. In diesem Kontext auch noch personelle und finanzielle Hilfe zu leisten, grenzt an Selbstverhöhnung.
Umso mehr, als den Zentralstaat meist keine Sorgen plagen, wenn es darum geht, uns mit nationalistischem Gehabe zu zeigen, wo der sprichwörtliche Hammer hängt.
Eine zeitlich befristete Unterstützung für einen zentralstaatlichen Dienst kann also sinnvoll sein, wenn sie Bürgerinnen kurzfristig einen konkreten Nutzen bringt. Uns sollte aber auch bewusst sein, dass wir damit immer wieder nur Löcher stopfen, damit das Schiff gerade so nicht untergeht. Wir tragen zur Aufrechterhaltung von dysfunktionalen, im mitteleuropäischen Vergleich katastrophalen Dienstleistungen bei, die Südtirol als Autonomie eigentlich längst selbst übernehmen sollte, um sie den Ansprüchen der Bevölkerung entsprechend zu gestalten.
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