Ende Jänner hatte ich aus einem Beitrag zitiert, der 2018 in der italienischen Zeitschrift Limes erschienen war: Darin wird die Südtirolautonomie als ein für Italien nachteiliger Kompromiss dargestellt, weil es sich dadurch die Bevölkerung nicht »einverleiben« — sprich: vollständig assimilieren — könne. Es ist von beschnittener Souveränität und einer Unterminierung der territorialen Integrität des Staates die Rede, selbst die alte Wasserscheidentheorie wird darin beschworen. Derartige Ergüsse würde man eigentlich in revanchistischen Blättern der extremen Rechten (oder zumindest in einer anderen Epoche) vermuten, doch in Italien scheinen sie quasi zum geopolitischen Mainstream zu gehören.
Dazu hatte ich geschrieben:
Es wäre wohl höchst naiv zu glauben, dass es sich dabei um einzelne, fehlgeleitete Stimmen handelt, die in der staatlichen Administration, beim Verfassungsgericht und gerade in einer rechtsrechten Regierung wie der gerade in Rom am Werk befindlichen keine Beachtung finden. Wenn regelmäßig die Lockerung oder Abschaffung von Schutzmechanismen unserer Autonomie gefordert wird, weil ohnehin keine Gefahr mehr drohe, sollten wir vielleicht daran denken, dass einige Strategen im Staat nach wie vor auf nichts anderes warten, als Italien durch Auslöschung der Minderheiten seiner wohlverdienten nationalen Vollendung zuzuführen.
Hellseherische Fähigkeiten waren dafür keine vonnöten. Doch nun hat die rechtsrechte römische Regierung einen neuen Polizeipräsidenten (aka Quästor) für Südtirol ernannt, den Trentiner Paolo Sartori: Er ist nicht nur Polizeibeamter sondern — wie es der Zufall will — auch Autor von Limes. Es wäre selbstverständlich falsch, von den Positionen, die in dieser Publikation vertreten werden, unmittelbar auf die Gesinnung von Sartori zu schließen. Doch eine gewisse Nähe zur grundsätzlichen Ausrichtung der Zeitschrift darf zumindest vermutet, ja befürchtet werden. Ein hoher staatlicher Beamter sollte aber, umso mehr in einem sensiblen Gebiet wie Südtirol, über jeden Zweifel erhaben sein.
Auch während der Corona-Pandemie hatte sich Limes übrigens mit Südtirol beschäftigt. Damals forderte Autor Federico Petroni, Rom müsse unser Land endlich wieder unter seine Kontrolle bringen. Auch ein Polizeipräsident kann seinen kleinen Beitrag dazu leisten.
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