Völlig unerheblich, was mit Alexei Nawalny im sibirischen Straflager tatsächlich geschehen und warum er letztendlich gestorben ist: in einem Unrechtsstaat wie dem russischen ist der Diktator für das Schicksal eines wichtigen, öffentlich gut sichtbaren Oppositionellen, der sich in staatlicher Obhut befindet, stets haupt- oder zumindest mitverantwortlich. Der Kremlkritiker hatte zudem erst 2020 einen Giftanschlag mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok überlebt, dessen Mandant mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Wladimir Putin heißt. Nach einer rettenden Behandlung in Deutschland wurde Nawalny in Russland sofort vor Gericht gestellt und trotz seines schlechten Gesundheitszustands zu langen, politisch motivierten Haftstrafen verurteilt.
Nachdem er im vergangenen Dezember unangekündigt vom Straflager in die entlegene sibirische Strafkolonie verlegt worden war, wo er nun offiziellen Angaben zufolge starb, wusste knapp drei Wochen lang niemand, was mit ihm geschehen war und wo er sich aufhielt. Auch jetzt werden Angehörige und Anwälte des Toten schon seit Tagen verhöhnt, indem man ihnen den Zugang zum Leichnam verwehrt.
Obschon nicht unwahrscheinlich, muss Putin eine aktive Ermordung von Nawalny da gar nicht angeordnet haben. Es reicht, dass er und sein System den Tod des unliebsamen Kritikers billigend in Kauf genommen haben.
Die italienische Regierungspartei Lega tut nun das, was sie — wiewohl seit dem russischen Überfall auf die Ukraine ein klein wenig verschämter — immer tut: Sie hält ihrem Freund Putin die Stange und sät gekonnt Zweifel. Konsequenterweise lehnte es Parteichef Salvini ab, den Diktator als Verantwortlichen für das Schicksal von Nawalny (und so vieler anderer Oppositioneller und Kritikerinnen) zu benennen: Die Schuldfrage müssten russische Gerichte klären, es gelte die Unschuldvermutung, so der italienische Verkehrsminister. Als ob Gerichte in einer Diktatur, die willfährig die Drecksarbeit für den Autokraten übernehmen und Oppositionelle unter lächerlichen Vorwänden für Jahrzehnte wegsperren lassen, plötzlich gegen ihren eigenen Auftraggeber vorgehen könnten.
Nicht nur SVP-Senatorin Julia Unterberger kritisierte die offensichtliche Absurdität von Salvinis Äußerungen in einer geharnischten Stellungnahme als »unqualifiziert« und »lächerlich«. Selbst den postfaschistischen Fratelli d’Italia geht die Putinkuschelei ihres Ministerkollegen offenbar zu weit.
Kleiner Reminder: Leute wie Salvini, also demokratiefeindliche Propagandisten und nützliche Idioten des russischen Diktators, sitzen nicht »nur« in der italienischen Regierung, sondern seit der Landtagswahl 2018 auch mit Unterbergers SVP Seite an Seite in unserer Landesregierung. Ein Problem scheint die Volkspartei damit nicht zu haben, gerade wurde die Zusammenarbeit erneuert.
Sich jetzt zu wundern und zu protestieren ist wenig glaubwürdig, denn die Haltung der Lega war seit Jahren bekannt und hätte klare Konsquenzen zur Folge haben müssen, etwa bei der Bildung der neuen Landesregierung.
Cëla enghe: 01
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