Italien ist kein Meister der Digitalisierung von Verwaltungsabläufen und schon gar nicht der Vereinfachung und Entbürokratisierung. Verfahrensänderungen werden zudem oft nach der Vogel-friss-oder-stirb-Logik umgesetzt. Vor wenigen Tagen hat das Astat neue Daten über die Zufriedenheit der Bürgerinnen mit den öffentlichen Diensten 2023 (Astat-Info 01/24) veröffentlicht, die auch eine Bewertung von eGovernment-Diensten beinhalten. Obschon 68% der Befragten angaben, Informationen via Internet einzuholen1Im Jahr 2018 waren es 59% gewesen. und 61% bereits Formulare im Netz ausgefüllt hatten2Im Jahr 2018 waren es 40% gewesen., wurden die Zugriffsmöglichkeiten von der Mehrheit negativ bewertet. Weniger als die Hälfte der Antwortenden (ohne »weiß nicht«) stufte den Zugang zu den Onlinediensten als »einfach« ein (48%), während ihn 52% als schwierig (davon 44% »schwierig« und 8% gar »sehr schwierig«) bezeichneten. Dass die meisten Zugangstechnologien (ÖSDI, EIK…) i.d.R. weder bei der Registrierung noch bei der Anmeldung auf Deutsch verfügbar sind (vgl. 01
), dürfte nicht zu Bürgerfreundlichkeit und Einfachheit beitragen.
Wenn aber ein erheblicher — in diesem Fall sogar mehrheitlicher! — Teil der Bevölkerung den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen als (zu) hochschwellig betrachtet, ist das diskriminierend und für ein modernes Gemeinwesen höchst besorgniserregend. Dies gilt umso mehr, wenn digitale Wege nicht nur eine Ergänzung darstellen, sondern traditionelle Kontaktmöglichkeiten zur öffentlichen Verwaltung immer mehr ganz verdrängen. Schon ist zu beobachten, dass in manchen Bereichen einfach für immer mehr Verfahren Dienstleister (Agenturen für Kfz-Angelegenheiten, Gewerkschaften etc.) zwischen Bürgerin und Verwaltung geschaltet werden, was für die Bürgerinnen allerdings auch mit Kostenerhöhungen und dem Verzicht auf einschlägige Rechte (z.B. Zweisprachigkeit) einhergeht. Nicht zuletzt gilt stets zu bedenken, dass digitale Verfahren in vielen Fällen »determinativer« sind, da Onlineformulare nur so ausgefüllt werden können, wie es von der Behörde im Vorfeld festgelegt wurde. Der Raum, um auf Unvorhergesehenes zu reagieren, etwas mit den Beamten zu besprechen und zu verhandeln, sich nach der Art erwünschten Information zu erkundigen oder Felder (wo nicht a priori vorgesehen) einfach freizulassen, wird deutlich eingeengt. Kurzum: Der Mensch hat sich immer häufiger der Maschine und auch mehr als bisher dem bürokratischen Verfahren anzupassen als andersrum.
So gesehen ist Digitalisierung Fluch und Segen zugleich. Die (technologischen, sprachlichen…) Zugangsschwellen sollten also bei Onlineverfahren so niedrig wie möglich gestaltet, der Zugang zu menschlichen Ansprechpartnerinnen gewährleistet und traditionelle Verfahren in Präsenz möglichst dezentral aufrecht erhalten werden.
Cëla enghe: 01
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- 1Im Jahr 2018 waren es 59% gewesen.
- 2Im Jahr 2018 waren es 40% gewesen.
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