Der künftige Koalitionspartner der SVP, die Fratelli d’Italia, pflegt engste Kontakte zur spanischen Franquisten-Partei Vox. Die politischen Enkel von General Franco.
Matteo Salvini (Lega) versammelte vor einigen Tagen Vertreter der europäischen Rechten in Florenz. Die AfD, die österreichischen Freiheitlichen, den Rassemblement National, die Allianz für die Union der Rumänen, die polnische Konfederacja. Das deutsche Handelsblatt, sicher keine linke Postille, beschrieb diese Parteien als rechtsnational, rechtsextrem und rechtsradikal. Das Motto könnte lauten, formulierte das Handelsblatt, »Rassismus, Homophobie, Nationalismus«. Da müsste jetzt der künftige Lega-Landesrat Christian Bianchi das Blatt klagen.
Das französische Rassemblement National (RN) ist 1962 von ehemaligen Mitgliedern der Waffen-SS und Kollaborateuren der Nazi-Besatzer gegründet worden und darf laut einem Gerichtsurteil als rechtsextrem bezeichnet werden.
Der Parlamentarier der Konfederacja, Grzegorz Braun, löschte mit einem Feuerlöscher kürzlich die Kerzen einer Chanukkia in der Lobby des polnischen Parlaments. Er löste damit eine antisemitische Wutwelle aus.
Laut dem deutschen Verfassungsschutz ist die gemäß Umfragen zweistärkste Partei, die AfD, in Teilen rechtsextrem.
Gesinnungspartner der Lega. Die SVP war in der vergangenen Amtsperiode in einer Koalition mit der Lega in der Landesregierung. Die erste »Vernunftehe« der SVP mit einer rechten italienischen Partei.
Jetzt folgt die zweite Vernunftehe, mit den rechtsrechten Fratelli d’Italia. Die Tageszeitung la Repubblica zitierte im Mai 2023 die Facebook-Aussage von Antonio Di Vietri, Mitglied von FdI in Lavello (Provinz Potenza), ein »Rassist«, ein »Nationalsozialist«, ein »Faschist« zu sein. Der rassistische, nationalsozialistische Faschist forderte via Facebook Verbrennungsöfen für Einwanderer. Die Partei verschickte den offenherzigen Kameraden. Seit den gewonnenen Parlamentswahlen vor einem Jahr wollen die Fratelli keine Faschisten mehr sein.
Wer das nicht glaubt und weiterhin von Neofaschisten spricht, wird geklagt. Das kündigte der künftige Südtiroler Landeshauptmann-Vize Marco Galateo warnend an, der Partner in der neuen Südtiroler Landesregierung von Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Galateo agiert wie seine Chefin in Rom, Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Auch sie kann sich nicht mehr erinnern, dass ihre Partei irgendetwas mit dem Faschismus zu tun hätte. Auf ihrem »Kultur«-Festival Atreju in Rom tanzten gleich mehrere umstrittene Persönlichkeiten auf. Einer davon war Tesla-Gründer Elon Musk, der auf seiner X-Plattform antisemitisches Wüten ungehindert zuließ.
Herzlich empfangen von Meloni wurde Santiago Abascal von der spanischen Vox. Gemeinsam mit Vox wollen die Fratelli ein »gerechteres Europa« schaffen, den Nationen den Stolz zurückgeben, das Bewusstsein der eigenen Stärke. Abascal umriss das Programm dieser Rechtsrechten, »Wurzeln, Familie und Heimat, das ist es, was wir zusammen mit der Freiheit brauchen«.
Agenda España
Die Vox ist nicht nur eine rechte Partei aus Spanien. Vox, Stimme, ist eine Gründung ehemaliger Mitglieder der national-konservativen spanischen Volkspartei PP. 2013 gegründet, lange nur eine politische Fußnote, inzwischen drittstärkste Partei. Auch hier gibt es Versuche, die Partei als nationalkonservativ und rechtspopulistisch zu umschreiben, politische Schönfärberei.
Vox lehnt Autonomierechte für die Regionen ab, ist radikal antibaskisch und antikatalanisch, wirbt für eine neue zentralistischen Verfassung. Vorbild ist der Franco-Staat. Vox geißelt die illegale Zuwanderung, hetzt gegen den Feminismus, gegen Wokeness und schlägt sich für das »gesunde Volksempfinden«. Die Vox-Faschisten verstehen sich als Antifeministen, sie bekämpfen die Feministen, weil sie »Feminazi« seien. Vox lehnte Gesetze gegen Gewalt an Frauen ab, auch deshalb, weil Frauen vor den Tätern geschützt werden sollen. Darin sehen die Vox-Kameraden eine Verletzung des Verfassungsrechts der Gleichberechtigung. Eine Blüte des politischen spanischen machismo. Vox ist gegen Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehen.
Ihr Parteiprogramm trägt den Titel Agenda España. Schwerpunkte: Nationales Recht vor EU-Recht, Rückgabe der »enteigneten Souveränität« an die EU-Mitgliedsstaaten, Reform der Europäischen Verträge, Vorrang der Mitgliedsstaaten vor der Bürokratie der Europäischen Kommission. Kurzum, eine andere EU.
Wie ihre Partner in Italien, die Fratelli d’Italia oder in Deutschland, die AfD, führt Vox einen »Kulturkampf«: Gegen den demokratischen Rechtsstaat, gegen die liberale Gesellschaft, gegen die Diversität.
In den meisten der 17 Regionen sind PP, Vox und Ciudadanos in Regierungen vertreten. Aus diesen Lobors kommt das große Experiment, den gesamten Staat zu übernehmen. Die rechtsrechte Allianz greift nach der Macht im Staat. Wie schon in Italien, vor Jahren in Polen, Ungarn, in Griechenland.
Die Agenda España liest sich wie eine Blaupause für ein »neues Spanien«, wie ein Handbuch für ein modernisiertes franquistisches System.
Gegen die »Klimareligion«
Laut Vox dient die Klimapolitik nur dazu, riesige Geldbeträge von der Mittelschicht und der Arbeiterklasse auf die Eliten zu übertragen. Die Klimaagenda als eine Art Enteignungsprogramm.
Der »radikale Umweltschutz« sei eine elitäre Agenda, eine vom Westen aufgezwungene Klimareligion.
Vox verspricht, dass Spanien aus allen internationalen Abkommen austritt, die spanische Unternehmen für Umweltprobleme verantwortlich machen. Die von der »Klimareligion« erzwungenen Industrieschließungen will Vox rückgängig machen.
Für das ländliche Spanien
Vox behauptet, »progressive Eliten« griffen Spaniens ländlichen Lebensstil über die »globalistische Agenda« an. Ob Vox damit »die Juden« meint? Die ökologische Globalisierung, ein neues Instrument der alten jüdischen Weltherrschaft?
Vox will gegen diese Agenda die Agrar- und Lebensmittelindustrie schützen, die ländlichen Gebiete neu besiedeln und die öffentlichen Dienstleistungen verbessern, die Verfügbarkeit von Wasser in allen ländlichen Gebieten sicherstellen und Landwirte vor der »Kriminalisierung« schützen.
Abschaffung von Steuern, Ministerien und Parlamenten
Vox verspricht ehrgeizige Steuersenkungen und will gleichzeitig bei politische »Verschwendungausgaben« sparen. Verschwendungsausgaben? Die Erklärung: »Es ist notwendig, das System der autonomen Regionen abzuschaffen, der Doppelarbeit in der Verwaltung ein Ende zu setzen und die Zahl der Ministerien, Abteilungen, Abgeordneten und Parlamente zu verringern«.
Abschaffung der autonomen Regionen
»Die vierzig Jahre Regionalismus haben uns ein politisches Gemeinwesen hinterlassen, das sich in 17 Taifa-Königreiche (muslimische Königreiche auf spanischem Boden im 11. Jahrhundert) aufteilt«, liest man in der Agenda España.
Diese Regionen versuchten, »die Territorien künstlich zu homogenisieren«, das heißt, Katalanen und Basken assimilieren Nicht-Katalanen und Nicht-Basken. Das Assimilieren zählte in vergangenen Jahrhunderten zum politischen Programm des spanischen Staates.
Deshalb will Vox die Gesetzgebungskompetenz der autonomen Regionen einschränken. In diesem Sinn sollen auch die regionalen Zuständigkeiten in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Sicherheit und Justiz beschnitten und die regionalen öffentlichen Medien und Polizei abgeschafft werden. Vox will die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von Baskenland und Katalonien schließen.
Wahrung der nationalen Identität und Einheit
Parteien, Vereinigungen oder NGO, die die »Zerstörung der territorialen Einheit der Nation und ihrer Souveränität« anstreben, will Vox verbieten. Und zwar die Parteien, die die Unabhängigkeit Kataloniens und des Baskenlandes fordern. Im Gegenzug werden die Krone, die Flagge, die Hymne und andere Symbole Spaniens mit »maximalem Rechtsschutz« versehen.
Vox kündigte an, das Gesetz über die Aufarbeitung der Verbrechen der Franco-Diktatur aufzuheben. Begründung: Es spalte.
Die »nationale Identität« und der Beitrag Spaniens »zur Zivilisation und zur Weltgeschichte« sollen ein zentrales Element der Politik des Staates werden. Besonderes feiern will die Vox-Partei die Nationalhelden von Cortez über De Soto bis zu Franco. Vox erhebt auch territoriale Ansprüche auf das »besetzte« Gibraltar.
Kampf gegen »Indoktrination« in Klassenzimmern
Oben auf der Bildungsagenda steht der Kampf gegen »ideologische Indoktrination«. Das Bildungswesen soll gesäubert werden, von »allen Personen oder Vereinigungen, die ohne Wissen und Zustimmung der Eltern sexuelle Inhalte vermitteln«. Vox lehnt Sexualerziehung ab, einschließlich der Förderung von LGBT+-Vielfalt und -Rechten sowie der Gleichstellung der Geschlechter.
In allen Schulen soll künftig nur mehr die spanische Sprache verwendet werden dürfen, das bedingt die Auflösung der heutigen Bildungssysteme im Baskenland und in Katalonien, die ihre Sprachen verwenden.
Weniger »Gender-Ideologie«, mehr Familie
Das geltende Gesetz über geschlechtsspezifische — also männliche — Gewalt wird durch ein Gesetz über «interfamiliäre Gewalt« ersetzt. Vox versucht zwanghaft, auch Frauen für Gewalt in der Familie verantwortlich zu machen. Das Ministerium für Gleichstellung soll aufgelöst werden.
Außerdem, alle Gesetze zur positiven Diskriminierung — ethnischer Proporz, Frauen-Quoten — sowie Subventionen für »ideologische Organisationen« werden aufgehoben und abgeschafft. Vox legt Wert auf die Stärkung der Rechte und steuerlichen Vergünstigungen von Familien sowie auf die Schaffung eines Gesetzes zum Schutz der Familie und eines Familienministeriums.
Fremdenfeindlichkeit
»Der Vormarsch des Globalismus bedroht die Bewahrung der kulturellen Identität der westlichen Nationen«, texteten die Autoren der Vox-Agenda. Globalismus steht für Flüchtlinge und Migranten. Straffällig gewordene Migranten sollen ausgewiesen, fundamentalistische Moscheen verboten werden.
Prorussisch und antiukrainisch
Vox distanziert sich von der EU-Solidarität mit der von Russland überfallenen Ukraine. Die spanischen Neofranquisten Reihen sich damit in die »Front« rechts- und linksradikaler europäischer Parteien ein, die dem russischen Vernichtungskrieg Positives abgewinnen können. Dem Aufruf der »ländlichen Allianz« gegen die steigenden Benzinpreise im März vor einem Jahr in Madrid folgten mehr als 150.000 Spanierinnen und Spanier.
Der italienische Ministerpräsident, so betitelt sich Giorgia Meloni von der Vox-Partner-Partei Fratelli d’Italia, sagte in einer Videokonferenz, die Parlamentswahlen in Spanien seien die Chance der Patrioten. Schluss mit dem ultraökologischen Extremismus, tönte Meloni. Ein Wahlsieg von Vox wird zu einem anderen Europa führen. Zweifelsohne, zurück in die Vergangenheit.
Vox ist stramm rechtsradikal, trauert den Zeiten des Diktators Franco nach, dem starken Staat und der dominierenden katholischen Kirche samt ihrer menschenfeindlichen Moral, der einheitlichen Nation abseits regionaler Autonomie und der Aufarbeitung der düsteren franquistischen Vergangenheit.
Zum Polit-Arsenal von Vox zählt auch das »gesunde Volksempfinden«. Dieses gesunde Volksempfinden setzt Vox, wie andere Rechtsradikale — siehe AfD, Fratelli usw. — auch, dem angeblichen »woken Wahnsinn« gegenüber, dem Gendern, den Transsexuellen usw. Damit kommt Vox an, besonders auf dem weiten Land, wo sich Relikte der Franco-Zeit noch recht lebendig erhalten haben und auch der angeblich gute Ruf des Diktators, den die nationalistisch verseuchte Justiz entsprechend schützt.
Vox und die Fratelli, ideologisch innig vereint, werden auch von der Europäischen Volkspartei umworben. Vorsitzender Manfred Weber von der CSU unterstützte bei den spanischen Parlamentswahlen das angepeilte Bündnis aus spanischer Volkspartei PP und Vox. Sein Leitmotiv: Ab nach rechts. Weber, das Vorbild für Kompatscher und Achammer?
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