Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, versucht die rechtsrechte Regierungsmehrheit in Italien gerade, die Frist zur Umwandlung von Notverordnungen (Dekreten) um die Hälfte zu verlängern. Diese Reform wird zeitgleich mit jener zur Aufwertung der Rolle der Regierungschefin vorangetrieben und hat einen klar autoritären Beigeschmack. Dekrete gestatten es der Exekutivgewalt, sich in dringenden Not- und Krisenfällen über die Legislative hinwegzusetzen, wobei letztere in der Regel 60 Tage Zeit hat, die Maßnahmen zu prüfen und sie gegebenenfalls zu genehmigen. Oder aufzuheben. Historisch haben autoritäre Regimes, einschließlich des faschistischen und des nationalsozialistischen im vergangenen Jahrhundert, das Instrument der Notverordnung systematisch missbraucht, um ohne Einmischung der Parlamente weitreichende und folgenschwere Entscheidungen zu fassen.
In Deutschland gibt es die Notverordnung aus diesem Grund heute gar nicht mehr. Anders in Italien, wo Dekrete zum politischen Tagesgeschäft zählen und — wortwörtlich — ohne Not erlassen werden. Schon jetzt zählt die Regierung von Giorgia Meloni (FdI) zu jenen, die die meisten Notverordnungen pro Monat erlassen haben, sodass das Parlament mit ihrer Überprüfung kaum hinterher kommt. Anstatt daraus den Schluss zu ziehen, dass der Missbrauch dieser für Notfälle gedachten Maßnahme reduziert werden sollte, will die Mehrheit die Unwandlungsfrist von heute 60 Tagen um 50% auf 90 Tage verlängern. Oppositionsparteien fürchten, dass sich die Debatten dann noch weiter in die Länge ziehen werden und das Parlament noch mehr Zeit als ohnehin schon mit der Prüfung von Notverordnungen verbringen könnte. Für die eigentliche parlamentarische Arbeit bliebe dann noch weniger Zeit.
Das wäre durchaus im Interesse der Rechten, denen die Exekutive nicht stark genug sein kann und die die Parlamente oft als überflüssige Debattierclubs empfinden. Gemeinsam mit der geplanten Aufwertung der Regierungschefin wäre die Laufzeitverlängerung von Notverordnungen ein klarer Schritt in Richtung des autoritären Umbaus der staatlichen Grundordnung.
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