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Noch ein Putin-Fan.

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Mit dem Niederländer Geert Wilders wächst die prorussische Lobbygruppe in der EU.

Das russische Staatsfernsehen konnte sich in seiner Schadenfreude über den Wahlsieg von Wilders bei den niederländischen Parlamentswahlen nicht mehr zurückhalten. So bejubelte Olga Skabejewa das niederländische Wahlergebnis, »das hilft uns im Krieg mit der Ukraine«.

Ein Ministerpräsident Wilders werde nämlich die angekündigte Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine unterbinden. Möglicherweise werden die Niederlande unter der Führung Wilders aus der geplanten »F16-Koalition« ausscheren. Die Niederlande wollen wie Dänemark und Belgien der Ukraine die gewünschten, weil notwendigen F16-Kampfflugzeuge gegen die russischen Invasionstruppen liefern.

Wilders ist nicht nur gegen die Lieferung von Kampfflugzeugen, er lehnt generell die Unterstützung der Ukraine durch EU und NATO ab. Der Rechtsradikale vertritt Pro-Putin-Positionen. Schon 2014 polemisierte er gegen die EU-Sanktionen wegen der Annexion der Krim. Er ist für die Aufhebung der Sanktionen. Das ist die Linie der europäischen Rechtsradikalen, wie sie die AfD, die Freiheitlichen in Österreich, die Lega in Italien sowie der ungarische Putin-Vertrauensmann Viktor Orbán vertreten.

Wilders zeigt immer wieder Verständnis für den russischen Krieg gegen die Ukraine. Der Westen sei dafür verantwortlich, die NATO-Osterweiterung. Der russische Krieg so etwas wie eine nachvollziehbare Notwehr. Die Haltung der EU gegen den russischen Kriegspräsidenten Putin verurteilte Wilders gar als »hysterische Russophobie«.

In seiner grenzenlosen Solidarität mit Russland heftete sich Wilders eine niederländisch-russische Freundschaftsnadel an. Die Hinterbliebenen der MH17-Katastrophe, 2014 schossen russische Soldaten in der Ostukraine den Malaysia-Airlines-Flug 17 ab, kritisierten den künftigen niederländischen Premier heftig dafür. Seine Reaktion: Er sei stolz auf die Nadel.

Nach jahrelangen Ermittlungen verurteilte ein niederländisches Gericht drei ehemals hochrangige russische Offiziere als Schuldige in Abwesenheit zu lebenslanger Haft.

Für neue Schubkraft im Wilders-Wahlkampf sorgte der Angriff der klerikalfaschistischen Hamas auf israelische Dörfer und Städte am 7. Oktober. Wilders fand sich in seinen antiislamischen Aussagen bestätigt, wie auch viele Wählende. Den Hamas-Terroranschlag und die folgende israelische Invasion in Gaza würdigten das russische Fernsehen als den »großen Zerfall« des Westens, wie ihn Putin prophezeit haben soll.

Der Gaza-Krieg und seine Folgen

Der Krieg im Nahen Osten verursachte im Westen ein stärkeres politisches Beben als der russische Krieg vor der östlichen Haustür. Die Parteien im Zentrum verlieren an Zustimmung, die von den Pro-Hamas-Demonstranten auf den europäischen Staaten verbreitete Unruhe schlägt in Unsicherheit um. Davon profitieren Extremisten und Nationalisten. Der starke Mann ist wieder gefragt, der homogene Nationalstaat gegen das Internationale, Multikulturelle und Komplizierte. Radikale Rechte und radikale Linke warten mit einfachen Lösungen auf. Wenn AfD-Chef Chrupalla auf Wagenknecht trifft…

Der furchtbare aber überschaubare Krieg Israels in Gaza verdrängt den russischen Krieg gegen die Ukraine. Mit der nachlassenden Aufmerksamkeit werde auch die Ukraine weniger unterstützt werden, rechnet das kriegführende Russland. Eine Rechnung, die für Putin aufgehen wird. Die Ukraine wird in ihrer Widerstandskraft empfindlich geschwächt, das Land wird sich intern destabilisieren, befürchtet der ukrainische Auslandsgeheimdienst. Setzt sich zehn Jahre nach dem Euro-Maidan das aggressive Russland durch?

Die Rechtsradikalen in der EU nehmen das in Kauf. Russland seinerseits bereitet sich auf den großen Krieg gegen die Ukraine vor. So soll ein strengeres Abtreibungsrecht dafür sorgen, dass künftig wieder mehr junge Männer als Soldaten zur Verfügung stehen, die Rüstungsproduktion wird massiv hochgefahren, nach seiner ungefährdeten Wiederwahl 2024 wird Putin die Generalmobilmachung verfügen. Für den »großen vaterländischen Krieg« gegen die von »Nazis« beherrschte Ukraine.

Das Projekt wird Putin gewinnen, auch deshalb, weil Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr Joe Biden ablösen wird. Trump, das kündigte er öfters an, werde die Ukraine nicht mehr unterstützen. In den nächsten Monaten beginnt für die Ukraine ein angesagter Todeskampf auf Raten.

Orbán-Ungarn als Tretmine für die EU

Darauf freut sich der Ungar Orbán. Er begrüßte den Wahlsieg von Wilders, sieht berechtigte Hoffnungen, bei den Europawahlen im nächsten Jahr mit den pro-russischen rechtspopulistischen und rechtsradikalen Parteien zur stärksten Kraft zu werden. Bei den letzten Europawahlen scheiterte der rechte Vormarsch noch. Orbán und seine Kameraden blieben eine — wenn auch erstarkte — Randerscheinung. Das Weiter-wie-bisher der Regierenden wirkt sich nun wie ein Brandbeschleuniger für rechts aus.

Die Rechten sind in der EU keineswegs mehr isoliert. Mit Wilders stärkst sich die antiukrainische, prorussische Front, die die Waffenlieferungen stoppen und die Aufnahme der Ukraine in die EU blockieren will. Orbán kündigte sein Veto gegen Beitrittsgespräche offensiv an.

Entsprechend positiv fallen die Signale aus Moskau aus. Der russische Kriegspräsident freut sich über das Zerbröseln der EU. Im Gegenzug erhält das illiberale Ungarn neue Wirtschaftsabkommen, das ungarisch-russische Geschäftsvolumen wächst. Russland liefert Ungarn Gas und Öl, wie auch dem ach so neutralen Österreich. Ähnlich dicht wie in Ungarn sind die Querverbindungen zwischen österreichischer und russischer Oligarchie.

Für seine prorussische Haltung wird Ungarn belohnt, mit nuklearen Deals. Der russische Atomkonzern Rosatom baut das ungarische Atomkraftwerk Paks großzügig aus.

Nicht nur Ungarn verweigert der Ukraine Militärhilfe, auch die Slowakei. Der Linkspopulist Robert Fico beendete die Waffenlieferungen, damit wolle er Gespräche zwischen Russland und Ukraine forcieren. Die proeuropäische Vorgängerregierung ratifizierte im Vorjahr den NATO-Beitritt Schwedens, mit Fico wäre dies wahrscheinlich nicht machbar gewesen. In seiner ersten Amtsperiode breitete sich in der Slowakei die organisierte Kriminalität aus.

Ungarn schert auch in der NATO-Frage aus. Der schwedische NATO-Beitritt sei nicht auf der Agenda des Parlaments, teilten die Ungarn dem NATO-Hauptquartier mit. Die Schweden warten sei Mai 2022 auf die Aufnahme.

Türkei gegen Schweden

Ähnlich agiert der NATO-Staat Türkei. Der islamistische Präsident Erdoğan würdigte unverhohlen die klerikalfaschistische Hamas als eine Befreiungsbewegung im Kampf gegen Israel, den jüdischen Staat klassifizierte er als Terrorstaat. Erdoğan verzögert die immer wieder zugesagte Zustimmung zum NATO-Betritt Schwedens.

Der Plan des NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg, Schweden Ende November in die NATO aufnehmen zu können, geht offensichtlich nicht auf. Der russische Präsident kann sich auf seine Partner in der EU und in der NATO verlassen. Im nächsten Jahr kommen weitere hinzu, die rechtsradikale Marine Le Pen in Frankreich und der nicht weniger rechtsradikale Herbert Kickl in Österreich.

Putin sorgt dafür, dass Europa rechts abbiegt. Er und seine belarusische Marionette Lukaschenko geben sich als Staatsschleuser, sie schicken Migranten und Flüchtlinge vorzugsweise aus dem Nahen Osten über ihre Grenzen in die EU. Ein Manöver, das die EU destabilisiert.

In Ungarn initiierte die Regierung eine Anti-EU-Kampagne, gegen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Gregory Soros. Weil von der Leyen in Ungarn angeblich Mini-Gazas schaffen wolle, mit Unterstützung von Soros. Der politische Erbe der faschistischen Pfeilkreuzer — Verbündete der Nazis — bedient gekonnt antisemitische Ressentiments.

Konservative und Rechte verbünden sich

Mitten drin in der wuchernden rechten Landschaft der CSU-Europaparlamentarier Manfred Weber, Chef der Fraktion der Europäischen Volkspartei. Es verwundert auch nicht, dass die Kontakte zwischen der CSU und der Orbán-Partei Fidesz eng sind.

Weber erklärte die neofaschistische italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als europatauglich, gemäßigt, beim spanischen Wahlkampf unterstützte Weber in diesem Sinne die rechtsrechte Allianz aus spanischer Volkspartei PP und neofaschistischer Vox. Gegen die Linken und gegen die Parteien der Basken, Katalanen und Galicier. Wollen auch die Konservativen ein anderes Europa?

Meloni ist das Aushängeschild der Rechten. Kulturell verschiebt sie die Achse in Italien sehr weit nach rechts. Sie führt einen beinharten Kulturkampf.

Gleichzeitig ist sie aber auch ein Beispiel dafür, dass es gerade im Bereich der illegalen Migration keine einfachen Lösungen gibt. Ihre harten Reden blieben unerfüllte Sonntagsrhetorik. Ihr gelang es bisher nicht, die Migration zu kanalisieren. Auch deshalb, weil ihre rechten Partner in der EU eine Verteilung der Migranten verhinderten und eine europäische Migrationspolitik blockieren.

Der Siegeszug der Rechten — Orbán, Meloni, Fico, Wilders, Perussuomalaiset (die wahren Finnen), Sverigedemokraterna (die Schwedendemokraten) — reicht aber aus, die liberale EU zu zerstören. Darüber freuen sich die Brüder im Geiste, Putin, Trump und Erdoğan.


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Comentârs

One response to “Noch ein Putin-Fan.”

  1. Simon avatar

    Im Moment dürfen wir ja noch hoffen, dass Wilders keine Mehrheit findet und Le Pen, Kickl und Trump die Wahlen nicht gewinnen.

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