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Freiwillige Unteilbarkeit der Nation?

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Italienische Parteien, darunter neofaschistische, fordern bei der Bildung der nächsten Landesregierung eine Abweichung vom Proporz zu ihren Gunsten und zu Lasten der nationalen Minderheit. Da dauert es natürlich nicht lange, bis auf deutschsprachiger Seite nachgegeben wird: Schon regt Politikwissenschafter Günther Pallaver in einem Salto-Beitrag (Freiwilliger Proporz) an, die gegenwärtige Regelung abzuändern, um sie zu flexibilisieren. Nach dem Vorbild der Schweizer Konkordanz solle künftig nur noch auf Freiwilligkeit gesetzt werden.

Während sich andere Staatsparlamente in Europa immer weiter den Rechten der Minderheiten öffnen, sollen also hierzulande wieder die Privilegien der nationalen Mehrheit gestärkt werden. Womit man zudem transethnisches Wahlverhalten ad absurdum führen würde.

Gefragt, gekuscht

Doch ist die jetzige Haltung der italienischen Parteien überhaupt eine gute Basis für ein derartiges Unterfangen? Noch dazu in einem Kontext, wo Italien von rechtsrechten Kräften regiert wird und allgemein kaum Verständnis für die Befindlichkeiten einer Minderheit vorhanden ist (vgl. 01 02 03). Der PD setzt — von wegen Freiwilligkeit — sogar auf Erpressung.

Doch wenn sich die italienischen Parteien schon jetzt, wo die Regeln klar sind, so verhalten, als könnte man sie nach Gutdünken anwenden: Wie groß wäre dann in Zukunft die Wahrscheinlichkeit, dass aus der angeblichen Freiwilligkeit erst Recht ein Anspruchsdenken entsteht, dem mit allen Mitteln Nachdruck verliehen wird?

Pallaver schreibt:

Die Stärke der Südtiroler Autonomie beruht [auf] ihrer Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die soziale Wirklichkeit, [auf] ihrem ständigen Wandel.

– Günther Pallaver

Die Autonomie muss stets flexibel und anschmiegsam sein. Grundsätzlich könnte man einverstanden sein. Doch wo ist diese Flexibilität beim Staat? Wo ist sie bei der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts? Ich würde daher einen provokanten Deal vorschlagen: Der Minderheitenschutz wird — wennschon — flexibilisiert, sobald auch ihr, liebe italienische Parteien, Artikel 5 der italienischen Verfassung (Unteilbarkeit des Staates) flexibilisiert. Und er bleibt so lange starr, wie ihr tatenlos dabei zuseht, wie Zwei- und Dreisprachigkeit systematisch ausgehebelt (z. B. 01 02 03) werden. Bis dahin ist Flexibilisierung zu Lasten der Minderheit leider verfrüht.

Cëla enghe: 01 || 01 02



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Comentârs

One response to “Freiwillige Unteilbarkeit der Nation?”

  1. artim avatar
    artim

    Wohl nicht nur die Übertragung des Beispiels der konföderalen Schweiz auf das postkoloniale Bozen hinkt.
    Aber bereits Loriot wußte: “Auf dem Campingplatz in Bozen liegen die Waschräume separat”.
    Wohl auch sonst manches offenbar.
    Zurecht wird bei einer allzu starker iditärer Engführung der offene Widerspruch zum Selbstanspruch diese überwinden zu wollen oder gar schon überwunden zu haben vernachlässigt. Selbst beim angeblich linken Spektrum, vgl. a: https://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=81881
    Mit der Folge, dass einmal mehr völlig bizarre Zerrbilder in der Öffentlichkeit gezeichnet werden. Mehr noch. Man lässt das einfach so durchgehen. Kaum jemand auch, der diese “Logik” kritisch hinterfragt .
    Galateo darf nicht nicht nur mit 6% Wähler-innenzuspruch für die national-rechtsextremen Brüder Italiens und mit 2.993 Vorzugsstimmen vorgeben, 26 % der Bevölkerung zu vertreten, sondern im Widerspruch zum Verfassungsgesetz gleich zwei Landesräte in der zukünftigen Regierung fordern.
    Nun meint Pallaver dem beipflichtend gar, in Südtirol müsse es im Ergebnis offenbar gar eine Brandmauer gegen die Demokratie geben. Der Wille der Wählerschaft (ca.30 %), die eben bewusst nicht gewählt hat und daher auch nicht repräsentiert sein möchte, sei zu ignorieren. Durch Anlassgesetzgebung. Und allein die im ethnischen Verständnis sogenannten national italienischen Parteien (FdI, Lega, PD) mit 12,5 % würden 26 % der Bevölkerung Südtirols vertreten. Diese sei, so der Autor, daher also auch unterrepräsentiert.
    Wieso eigentlich? Haben “Italiener” (von den “Verdi, TK, Civica, Vita, italiani con la SVP” bis zu den “scizzeri”), anders als “Deutsche” oder “Ladiner” nicht etwa auch das Recht, ihre Vertretung frei zu wählen?
    Wieso hatte man auf der Landesebene 2018 oder auf der Gemeindeebene 2021, z.B. in Meran unter umgekehrten Vorzeichen, diese Debatte hingegen nicht?
    In Meran z.B. hat man einen it. Bürgermeister. Mehr noch. Dort akzeptierte die SVP trotz röm. anerkannten alleinigen dt. Vertretungsrechtes sogar ganz selbstverständlich, dass die “Civica” den dritten der deutschen Volksgruppe zustehenden Vertreter in der Stadtregierung bestimmte.
    Was sagte Pallaver hier zur (mangelnden) ethnischen Vertretung?
    Ich denke, in Südtirol sind eher ganz andere Bevölkerungsteile unterrepräsentiert, z.B. Menschen mit Daueraufenthaltsstatus.

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