Kürzlich hat in der sardischen Hauptstadt Casteddu (ital. Cagliari) die Generalversammlung des European Language Equality Network (ELEN) getagt. Dabei wurde Italien zum wiederholten Mal dazu aufgefordert, endlich die Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (ECRML) des Europarats von 1992 umzusetzen, die das Land im Jahr 2000 unterzeichnet, aber — wie Frankreich oder Russland — in der Folge niemals ratifiziert hat. Seit bald einem Vierteljahrhundert. Es handelt sich dabei um ein grundlegendes Abkommen für den Minderheitenschutz, das den Sprachgemeinschaften konkrete Rechte zugestehen würde.
In Anwesenheit des UN-Sonderberichterstatters für sprachliche Minderheiten, Fernand de Varennes, wurde Italien außerdem dazu aufgerufen, einen umfassenden Plan zur Rettung der sardischen Sprache umzusetzen. Und auf Antrag der katalanischen Sprach-NRO Plataforma per la Llengua hat ELEN — einstimmig — eine Resolution verabschiedet, mit der die italienische Regierung dazu aufgefordert wird, in L’Alguer (ital. Alghero) das Recht auf Unterricht in katalanischer Sprache sicherzustellen.
Nicht schlecht gestaunt haben zahlreiche Mitglieder der ELEN-Versammlung darüber, dass Elisabetta Schirru, in der Regionalverwaltung für die sardische Sprache und Kultur zuständig, ihre Rede auf Italienisch hielt, weil sie — wie sie zugab — kein Sardisch spricht. In Italien, wo die Mehrsprachigkeit gerne auf Italienisch beschworen wird, leider kein Einzelfall.
Schon seit Jahren steht übrigens der bestürzende Vorwurf im Raum, dass Italien die Charta auch und gerade deshalb nie ratifiziert hat, weil sie die Diskriminierung von Romanes, der Sprache der Roma, erschweren würde. Darauf hatte der damalige Senator Francesco Palermo (SVP–PD) hingewiesen, der sich für die Ratifizierung eingesetzt hatte. Trotz mehrerer Anläufe hatte sich auch keine Mittelinksregierung jemals dazu entschließen können, das wichtige Abkommen in die staatliche Gesetzgebung zu übernehmen. Inzwischen sind viele Minderheitensprachen bereits so geschwächt, dass eine Rettung ungewiss ist.
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