In der Südtiroler Landeshauptstadt, wo die deutsche Sprache in vielen Fällen noch nicht einmal gleichberechtigt zweitgereiht ist und oftmals sogar ganz fehlt (01
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), findet es der Gemeinderat nötig, proaktiv und ohne auch nur eine einzige Gegenstimme (31 Ja bei 7 Enthaltungen) vom Land zu verlangen, dass Italienisch bei den Durchsagen der Stadtbusse erstgereiht wird, weil 74 Prozent der Bürgerinnen italienischer Muttersprache seien. Diese Forderung und insbesondere die Begründung widerspricht nicht nur einem modernen Minderheitenschutz, der einer Minderheitensprache umso mehr Gewicht einräumt, je schwächer sie an einem Ort vertreten ist, sondern auch den einfachsten Grundsätzen der Gleichberechtigung.
Gerade heute hatte ich aufgezeigt, wie die walisische Sprache an Bahnhöfen — auch in der Hauptstadt Caerdydd/Cardiff mit unter 11% Walisischsprachigen — im Sinne der Affirmative Action systematisch erstgereiht und grafisch hervorgehoben wird. Während Deutsch in Südtirol nicht einmal mehr zweitgereiht gleichberechtigt neben Italienisch steht, und zwar unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen in der jeweiligen Ortschaft.
Doch während diese illegale Situation zu Lasten der deutschen Sprache (auch am Bahnhof der Landeshauptstadt und in Zügen, die sie anfahren!) hingenommen wird, schreitet der Bozner Gemeinderat just dann zur Tat, wenn irgendwo — völlig legal — die Minderheitensprache erstgereiht wird. Dieser Logik folgend müssten jetzt dieselben Parteien proaktiv tätig werden, um von RFI die Erstreihung der deutschen Sprache an Südtiroler Bahnhöfen zu fordern, zumindest in all den Ortschaften, wo es eine deutschsprachige Mehrheit gibt. Man kann sich ausmalen, dass das nicht geschehen wird.
Doch dass noch nicht einmal die SVP oder die Grünen gegen eine so absurde und einseitige Forderung gestimmt haben, halte ich für eine minderheitenpolitische Bankrotterklärung.
Bozen ist somit die einzige mir bekannte Hauptstadt eines Minderheitengebietes (und ich kenne einige), wo sich in Regierung und Opposition ebenso wie in Mehr- und Minderheit niemand findet, der gegen die Bevorzugung der Staats- gegenüber der Minderheitensprache stimmt.
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