Wir Südtirolerinnen mit der »vorzeigsten« Autonomie der Erde müssen seit Jahrzehnten — bis zur Erschöpfung — immer und immer wieder die gleichen Kämpfe führen, damit der italienische Schienennetzbetreiber RFI (ebenso wie die Post und andere öffentliche Dienste) unsere Sprachrechte wenigstens nicht ganz ignoriert und schlussendlich, wie zuletzt in Brixen, »versehentlich« in die italienische Einsprachigkeit abdriftet. Es ist so mühsam, dass manche die Hoffnung auf eine vollständige Einhaltung unserer verbrieften Rechte schon ganz aufgegeben haben. Manchmal entsteht sogar das Gefühl, dass nicht sosehr die systematische Missachtung der Mehrsprachigkeit, sondern vor allem der Einsatz für deren Einhaltung als Zumutung empfunden wird.
Positive Diskriminierung
Währenddessen durfte ich kürzlich bei einem Aufenthalt in Cymru (engl. Wales) konstatieren, dass der dortige Schienennetzbetreiber ganz selbstverständlich auf die walisische Sprache setzt — und diese sogar »positiv diskriminiert«. Bei allen Schildern, Aufschriften, Anzeigen scheint hier die Landessprache an erster Stelle auf, während die nationale (und gleichzeitig internationale) Verkehrssprache Englisch systematisch zweitgereiht ist. Dies gilt auch für Schilder der gesamtstaatlichen Bahnpolizei (vgl. 01
). In den meisten Fällen ist das Walisische auch noch zusätzlich grafisch hervorgehoben.1Fettschrift oder rote Farbe
Bahnhof Bangor – Bilder zum Vergrößern anklicken
Diese Tatsache gilt gleichermaßen für den Hauptbahnhof der Landeshauptstadt Caerdydd (engl. Cardiff) mit nur knapp 11% Walisischsprachigen und zum Beispiel für den Bahnhof von Bangor in der Region Gwynedd, wo gut 64% Walisischsprachige leben. Niemand scheint irgendwo das Bedürfnis zu haben, die Überordnung der »Staatssprache« gegenüber einer Minderheitensprache zu zeigen, ganz im Gegenteil.
Bahnhof Caerdydd/Cardiff – Bilder zum Vergrößern anklicken
Hierzulande sind wir hingegen bereits froh, wenn Deutsch im Vergleich zur Staatssprache Italienisch vom Schienennetzbetreiber RFI wenigstens nicht — wie seit einigen Jahren der Fall — grafisch schlechtergestellt oder gleich ganz eliminiert wird. Von einer Erstreihung oder einer grafischen Hervorhebung der Minderheitensprachen im Sinne der Affirmative Action, wie sie in Cymru praktiziert wird, ist in Südtirol gar nicht erst die Rede.
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