Manche wünschen sich Thomas Schael an die Spitze des Sanitätsbetriebes zurück. Auch jene, die 2018 vor seiner Abberufung heftigst gegen ihn polemisierten.
Salto bemüht sich angestrengt, Thomas Schael als Nachfolger von Florian Zerzer zu empfehlen. Aber nicht nur das Internetportal lobt den Manager, der in Chieti dem Sanitätsbetrieb vorsteht. Schael, der von zuständigen staatlichen Stellen ziemlich schlechte Noten erhielt, der Retter des Südtiroler Sanitätsbetriebs?
Zerzer erhielt in der Zwischenzeit eine provisorische Verlängerung für seinen Job als Generaldirektor, trotz des Recherchebuches Das Geschäft mit der Angst der beiden Journalisten Christoph Franceschini und Artur Oberhofer. Die beiden Aufdecker stellen Zerzer im und um den Maskendeal während der Corona-Pandemie ein schlechtes Zeugnis aus.
Die provisorische Auftragsverlängerung bewertete Stol als gewagtes rechtliches Manöver. Laut dem Onlineportal kündigte Schael einen Rekurs an. Außerdem hinterlegte der geschasste Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs Eingaben bei der Staatsanwaltschaft und beim Rechnungshof. Denn »Recht in Südtirol ist nicht Recht«, zitierte Stol Thomas Schaels Fundamentalkritik.
Der Kämpfer für Recht und Ordnung scheint ein Problem mit Südtirol zu haben. Oder das offizielle Südtirol mit ihm. Eine Kommission hatte 2015 nach einem komplizierten Findungsverfahren Schael der damaligen Landesrätin Martha Stocker (SVP) vorgeschlagen. Tony Tschenett, Vorsitzender des Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbundes ASGB, stemmte sich gegen die Berufung des Ingenieurs. Laut dem Gewerkschafter soll es Schael in seinen Jobs nur zeitlich überschaubar ausgehalten haben.
Seine Ernennung sorgte damals für eine breite Debatte, in die sich auch Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) hochoffiziell einmischte. Schael und seine Bewerbung, ließ Kompatscher die Öffentlichkeit wissen, entsprachen den gesetzlichen Voraussetzungen.
Knappe drei Jahre später war es mit dem Generaldirektor wieder vorbei. Er wurde 2018 von der Beauftragung entbunden, einvernehmlich. Für die frühzeitige Auflösung des Vertrages erhielt er 184.000 Euro.
Als unverständlich kritisierte der Quotidiano sanità die Entlassung, habe Schael doch gute Arbeit geleistet und den Sanitätsbetrieb konsolidiert. Laut dem Quotidiano stand Schael auch für eine konsequente Impfpolitik in einem Land, in dem die Impfgegner heftig dagegen agieren.
Auf Salto ließ Schael im September die Politik und den Sanitätsbetrieb wissen, dass er zurückkommen möchte. Er wolle Zerzer ablösen, weil dieser keine große Erfahrung im Gesundheitsbereich habe, sagte er im Interview. Mit Zerzer an der Spitze stürze der Gesundheitsbetrieb immer weiter ab, gibt sich Schael auf Salto überzeugt. Die Botschaft zwischen den Zeilen, ganz im Sinne der Schael-Werbeartikel auf Salto: er könnte den Betrieb retten und die vielen von Zerzer aufgerissen Baustellen zuschütten.
Schael will auch deshalb zurück nach Südtirol, wo »Recht nicht Recht ist«, um die von ihm angestoßene Gesundheitsreform endlich umzusetzen. Über diese Aussage wundert sich die frühere Gesundheitslandesrätin Martha Stocker.
Die Reform war nämlich schon vor der Ernennung Schaels zum Generaldirektor initiiert worden, zum Beispiel die Zentralisierung, die Stärkung der Krankenhäuser in den größeren Zentren auf Kosten der kleineren Häuser in Schlanders, Sterzing und Innichen. Eine Reform, die von den Betroffenen strikt abgelehnt wurde. Die Schließung der Geburtenstation am Sterzinger Krankenhaus hatte wütende Proteste gegen Stocker zur Folge, in der Sterzinger und Wipptaler SVP krachte es gehörig, sie wurde fast zerbröselt. Ähnliches spielte sich in Innichen ab, der Protest spülte die Spitzenkandidatin der oppositionellen Bürgerliste ins Bürgermeisteramt.
Martha Stocker ist noch immer überzeugt, dass Schael mit seiner Art das Klima im Gesundheitsbetrieb nachhaltig gestört habe. Seinen Umgang mit den »Untergebenen« beschreibt Stocker als herrisch, von oben herab und wenig respektvoll.
Die soziale Kompetenz, die Stocker bemängelt, war nicht seine Stärke, findet auch der langjährige Primar Hubert Messner. In der Ära Schael war Messner Sprecher der Primargewerkschaft. Der ehemalige Primar ist heute unabhängiger Kandidat auf der SVP-Landtagsliste und würdigt das technische Wissen seines ehemaligen Vorgesetzten, seine sozialen Fähigkeiten hätten aber weit darunter gelegen. Schael habe sich nur mit den Spitzen abgegeben, nicht aber mit der Belegschaft des Betriebes, beschreibt Messner das Gehabe des früheren Generaldirektors.
Primar Reinhold Perkmann stimmt dieser Analyse zu. Wahrscheinlich schreckten seine italienischen Erfahrungen Schael davon ab, den Meinungsaustausch mit dem Personal zu suchen, versucht er eine Erklärung. Endlose Diskussionen waren sein Ding nicht, erinnert sich Perkmann, er verzichtete deshalb auf den Dialog, den Perkmann als absolut notwendig einstuft.
Respektieren und akzeptieren, zwei Eigenschaften, die Schael fehlen, meinen Messner und Perkmann. Schael war ein Buggler, würdigte Perkmann die Einsatzfreude seines ehemaligen Vorgesetzten. Schael wollte konsequent die fehlende Digitalisierung endlich durchsetzen und in der sogenannten Peripherie die Gesundheitsdienste zurückfahren. Der Geschasste und heutige Heilsbringer hatte einen zentralistischen Betrieb im Sinn, das Bozner Krankenhaus als das große Herz des Gesundheitswesens. Die anderen Krankenhäuser spielten im Plan von Schael eine absolute Nebenrolle. Wie das Personal offensichtlich auch.
Schael war nicht zugänglich, weder für das Pflegepersonal, noch für die Ärztinnen und Ärzte. Für die italienischen Belegschaft war Schael der «tedesco», unzugänglich, erinnert sich Perkmann.
Den Beweis, der umsetzungsstarke Manager zu sein, ist er schuldig geblieben. Auffallend findet Perkmann, dass er vor 2015 seine Beauftragungen nie zu Ende geführt habe. Nur kurz bleiben, das scheint sein Geschäftsmodell gewesen zu sein, fasst Perkmann zusammen.
In der Zeit vor Südtirol soll er immer wieder vorzeitig seine Jobs verlassen haben, in seiner Südtiroler Zeit lag er im Clinch mit seiner politischen Vorgesetzten Martha Stocker. In Chieti konnte sich Schael etablieren, auch in der Pandemie-Ära. Auch deshalb wurde, so die Gerüchte, sein Vertrag bereits verlängert.
Der studierte Ingenieur hatte einen Plan, kümmerte sich aber wenig, wie die Öffentlichkeit darauf reagiert. Das überließ er der Landespolitik, die dafür geprügelt wurde. Schael war für die Bevölkerung ein rotes Tuch. Wegen des Abbaus der Dienste in den kleinen Krankenhäusern, wegen seiner Missachtung der Bezirke, wegen der Dialogverweigerung. Schael verrannte sich, für Perkmann der große Fehler des einstigen Generaldirektors.
Als eines der größten Eigentore gilt der Schael-Sager über die Sinnhaftigkeit, kranke Seniorinnen und Senioren mit Prothesen zu versorgen. Das Nichtgesagte: sie werden eh sterben. Medizin-Darwinismus der übelsten Sorte. Solche Sager gab es gleich mehrere. Der Generaldirektor des Gesundheitsbetriebs präsentierte sich nicht als Interessenvertreter der Bevölkerung in der Gesundheitspolitik. Ganz im Gegenteil.
In seiner letzten Phase als Generaldirektor verpasste Schael Primar Reinhold Perkmann einen Maulkorb. Perkmann, Primargewerkschafter, hatte sich immer wieder in der Öffentlichkeit kritisch zu Wort gemeldet, gerade und besonders auch zur Arbeit seines Arbeitsgebers, des Gesundheitsbetriebes.
Generaldirektor Schael zitierte Primar Perkmann vor die Disziplinarkommission. An der Seite von Perkmann verteidigte Messner die Gewerkschaftsarbeit seines Kollegen vor Schael und seiner Kommission. Das Verfahren wurde eingestellt.
Jetzt will Schael wieder zurück nach Südtirol. »Wenn man eine Reform andenkt und beginnt, sie umzusetzen, dann sehe ich das als Lebensaufgabe, das Ganze auch zu Ende zu bringen,« lässt Salto Thomas Schael ankündigen. Thomas Schael, eine Art Heilsbringer?
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