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EVP: Ab nach rechts.

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Ungeniert schielt die EVP-Fraktion im Europaparlament scharf nach rechts

Manfred Weber, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, gratulierte dem spanischen Partido Popular euphorisch zum Wahlsieg. Der PP, nationalkonservativ mit einer starken rechten Schlagseite, paktelt ungeniert mit den erklärten Franco-Erben der Vox. Die Vox-Gründer sind PP-Aussteiger, die die Haltung ihrer Parteiführung gegenüber den Katalanen als zu lasch, als einen Verrat an Spanien kritisierten. Vox steht für rechtsradikal, antieuropäisch, minderheitenfeindlich, ist verbündet mit der italienischen Neofaschistin Giorgia Meloni und ihren Fratelli d’Italia.

Der CSU-Mann Weber scheint keine Berührungsängste zu haben. Letzthin versuchte seine EVP im Europaparlament das sogenannte Re-Naturierungsgesetz der EU-Kommission zu kippen. Gemeinsam mit den Rechtsradikalen. Die Europäische Volkspartei auf neuen Wegen. Scharf nach rechts.

Der spanische Wahldämpfer bremste die rechte Welle. Bei den Parlamentswahlen wurde die Volkspartei zwar stärkste Partei, PP-Partner Vox verlor aber jene Stimmen, die jetzt der angestrebten rechten Mehrheit für die Bildung einer rechtsrechten Regierung fehlen.

Es gibt nämlich eine Mehrheit links der Mitte, die sozialdemokratische PSOE und die linke Sumar zählen gemeinsam 133 Mandate. Hinzu kommen weitere Sitze der katalanischen und baskischen Parteien Junts, ERC, EH Bildu und PNV/EAJ, insgesamt 25 Mandate gegen den Zentralstaat der Marke PP und Vox. Aus Galicien kommt ein weiterer linksnationalistischer Abgeordneter, der auch zu diesem Lager zählt. Die neue Mehrheit. Ein Zwischenruf, der PSOE blieb der PP-Linie treu, repressiv gegen die katalanischen Separatisten.

Es zählt zur Tradition der baskischen und katalanischen Parteien, trotz aller ideologisch-politischen Unterschiede und erlittenen Enttäuschungen, der republikanischen Linken den Vorzug zu geben. In der Zeit der spanischen Republik in den 1930er Jahren unterstützten die Basken und die Katalanen die republikanische Linksregierung in Madrid. Im Bürgerkrieg dann militärisch im Widerstand gegen die Franco-Putschisten.

Konservative Kommentatoren können sich deshalb ereifern, mit Schaum vor dem Mund. Sollten die Sozialisten die Nähe zu den Separatisten suchen, begeben sie sich in Geiselhaft der Puigdemont-Partei Junts. Diese Kommentatoren hoffen, dass die baskische Nationalpartei PNV das rechte Bündnis aus PP und Vox unterstützt. Das wäre dann keine Geiselhaft, sondern staatspolitische Verantwortung. PP und Vox wetterten im Wahlkampf gegen die katalanischen und baskischen Autonomien. Die PNV scheint an einer solchen rechten Allianz nicht interessiert zu sein.

Es wird wohl kein Zufall sein, dass nach Auszählung der Stimmen und der Kontaktaufnahme zwischen PSOE und Junts die spanische Justiz die Verhaftung von Puigdemont forderte. PP-Wahlsieger Alberto Núñez Feijòo betonte, dass »es ein Fehler wäre, wenn die Separatisten in Spanien regieren würden.« Offensichtlich ist es kein Problem, wenn Faschisten regieren. Diese Logik scheint sich im Lager der Volksparteien breit zu machen.

Sie sind wieder da

In Italien hat sich die EVP bereits damit abgefunden, dass die politischen Nachfahren von Benito Mussolini, Fratelli d’Italia, die Regierung stellen. Mit tatkräftiger Unterstützung durch die nationalliberale Forza Italia des verstorbenen Unternehmers Silvio Berlusconi. Er holte in seiner Regierungszeit die Rechtsradikalen aus der politischen Quarantäne. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni agiert vorsichtig, sie rückt aber die politische und kulturelle Achse Italiens ständig nach rechts.

Kehrt die Geschichte zurück? Meloni löste im Herbst 2022 ihren Vorgänger Mario Draghi ab, 100 Jahre nach der faschistischen Machtergreifung. In Deutschland verankert sich die rechtsradikale AfD in verschiedenen ostdeutschen Institutionen, laut Umfragen würden bei Parlamentswahlen mehr als 20 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die AfD wählen. 90 Jahre nach der nationalsozialistischen Kaperung der Weimarer Republik. Eine erschreckende Entwicklung mit vielen und tiefgreifenden Nebenwirkungen.

Das Europa von rechts

Dazu tragen auch die Volksparteien bei. Aktiv. Die bayerische CSU pflegt freundschaftliche Verbindungen zum ungarischen Populisten Viktor Orbán, illiberal, radikal nationalistisch, EU-feindlich, christlich fundamentalistisch und antisemitisch. Orbán sympathisiert offen mit dem serbischen Präsidenten Vucic und dem Präsidenten des bosnischen »serbischen Kantons« Milorad Dodik, zwei unnachgiebige serbische Hardliner.

Seit dem russischen Eroberungskrieg in der Ukraine positioniert sich Orbán auch als pro-russisch und betätigt sich als Sprachrohr für den russischen Kriegspräsidenten Putin in Brüssel.

Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer von der konservativen Österreichischen Volkspartei sucht immer wieder die Nähe zu Orbán, wertet ihn damit auf, holt ihn aus der selbstgewählten Isolation. Orbáns Mann in Österreich ist der Vorsitzende der Freiheitlichen, der rechtsradikale Herbert Kickl. Auch er würde bei Wahlen mehr als 30 Prozent der Stimmen holen, er wirbt für sich als »Volkskanzler«. Das erinnert doch irgendwie an das »Tausendjährige Reich« und seinen Volkskanzler.

Die Kanzlerpartei koaliert in einigen Bundesländern mit der rechtsradikalen FPÖ, die von der jüdischen Kultusgemeinde als »Keller-Nazis« betitelt wird. Zu den freiheitlichen Genen, gegründet von ehemaligen Nazis, gehört auch der Hass auf die Minderheiten im Land. Keine guten Aussichten für die sechs sprachlichen und nationalen Minderheiten in Österreich.

Gekaperte Fuen

Viktor Orbán ist es inzwischen gelungen, Europas größte Minderheitenorganisation — die Fuen — zu kapern. Lorant Vincze, Angehöriger der ungarischen Minderheit in Rumänien, Europaparlamentarier und Fuen-Vorsitzender, setzte gekonnt die auch in Südtirol mitentwickelte Minority-Safepack-Initiative um. Mehr als eine Million Bürgerinnen und Bürger sprachlicher und nationaler Minderheiten unterschrieben die Bürgerinitiative zur Förderung der Minderheiten in der EU. Die EU-Kommission nahm die Initiative nicht zur Kenntnis. Zur Freude von Orbán, der deshalb die EU als minderheitenfeindlich brandmarken konnte.

Vincze und seine ungarischen Mitstreitenden dockten die Fuen beim ungarischen Staat an, wurden zu einer außenpolitischen Vorfeldorganisation der Orbán-Regierung. Vincze brachte erfolgreich ungarnkritische Stimmen in der Fuen zum Schweigen.

Die Fuen trifft sich im September im südungarischen Pesc/Pecuh/Fünfkirchen zu ihrem Kongress. Schirmherr ist Viktor Orbán. Wahrscheinlich wird er sich von den Vertreterinnen und Vertretern der Minderheiten als Führer gegen die supranationale und minderheitenfeindliche Brüsseler Bürokratie feiern lassen.

Für viele Rechte in der CDU/CSU ist das illiberale Ungarn des Viktor Orbán zur ideologischen Anlaufstelle geworden. Ungarn, das — diplomatisch umschrieben — nationalkonservative Projekt für ein anderes, rechtes Europa, ein Labor für die Reise zurück in die Vergangenheit. Letzthin besuchte der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz das Treffen der Rechten im Schafspelz.

Rechte an der Regierung manifestieren ungeschminkt ihre minderheitenfeindliche Politik. Die PiS-Regierung in Warschau, erzkatholisch, reaktionär, nationalkonservativ bis rechtsradikal, baut demokratische Rechte ab, formt den liberalen Staat um, in Richtung Illiberalität. Orbán lässt grüßen. Die polnische Regierung würgt derzeit die Schulen der deutschsprachigen Minderheit in Oberschlesien ab.

Während aber Ungarn der Ukraine die Solidarität verweigert, zeigte Polen ein solidarisches Höchstmaß. Trotzdem, auch das Projekt der PiS ist weit rechts angesiedelt.

Ein anderes Deutschland

Die deutschen Partner in diesem rechten Netzwerk, die AfD, in weiten Teilen rechtsradikal, ansonsten reaktionär deutschnational, kochen auch eine hochtoxische Suppe. Radikal antimigrantisch, flüchtlingsfeindlich, antisemitisch, gegen die sprachlichen und nationalen Minderheiten in Sachsen, Brandenburg, Schleswig-Holstein, das absolute Gegenprojekt zum heutigen liberalen — keineswegs perfekten — Deutschland.

In Ostdeutschland bekommen ethnisch bewusste Sorben den neuen alten Hass ab. Im Dritten Reich wurden Angehörige der sorbischen Sprachgruppen vom Staat drangsaliert und verfolgt. Die AfD steht in dieser Tradition.

Es mag ein Zufall sein, doch der starke Mann an der Spitze der AfD, Tino Chrupalla, ist Malermeister. Ein Anstreicher aus dem österreichischen Braunau, Adolf Hitler, zog 1933 mit seiner NSDAP in die Reichsregierung. Chrupalla und seine Truppe schlossen auf dem jüngsten Parteitag in Magdeburg ihre Reihen, der Machtanspruch ist mehr als deutlich, genauso die Vision für ein anderes Deutschland, »Deutschland den Deutschen«, und für eine andere EU. Europa der Vaterländer, der Nationalstaaten, nichts da mit dem Europa der Regionen, schon gar keine Vereinigte Staaten, ganz im Sinne des russischen Kriegspräsidenten Putin.

Damit wäre die EU, das erfolgreiche Friedensprojekt, am Ende. Dieser EU gelang es immerhin, die Konflikte zwischen den europäischen Staaten zu entschärfen, gar aufzuheben.

Das andere Italien gibt es schon

Seit dem Herbst 2022 wird Italien rechtsrechts regiert. Ein Drittel der Italienerinnen und Italien wählten die Fratelli d’Italia, hervorgegangen aus der untergegangenen rechtsnationalistischen Alleanza Nazionale, diese wiederum aus dem neofaschistischen Movimento Sociale Italiano MSI — gegründet von Alt-Faschisten — im Schlepptau die nationalliberale Forza Italia und die rechtspopulistische, einst föderalistische Lega Nord. Wohl das Vorbild für die AfD, wie schon 1922 für Adolf Hitler, der ein Jahr später gegen die Republik zu putschen versuchte.

Die erfolgreiche ethnische Regionalpartei, die Südtiroler Volkspartei, ging vor fünf Jahren nach den Landtagswahlen ohne Not ein Bündnis mit der Lega ein. Herbeigeschrieben und herbeigewünscht von gewichtigen Südtiroler Medien und Verbänden. Die politische Achse wurde nach rechts verschoben.

Bei den letzten Europawahlen dockte die SVP bei Forza Italia an. Parteigründer Berlusconi pflegte eine tiefe Männerfreundschaft mit dem russischen Präsidenten Putin, vertrat russische Positionen in der EU gegen die sich wehrende Ukraine. Die SVP ist in einer Wahlallianz mit dieser Partei.

Nach den Landtagswahlen in diesem Herbst könnte die SVP gar eine Landesregierung mit den Fratelli d’Italia bilden. Landeshauptmann Arno Kompatscher schließt eine solche Koalition nicht aus. Das wäre dann wohl der Sargnagel für die SVP des Südtiroler »Autonomievaters« Silvius Magnago.

Es scheint, dass die Volksparteien ihren Kompass und somit ihren Kurs verloren haben. Der rechte Virus greift um sich, immerhin ist die Orbán-Partei Fidesz Mitglied der EVP-Fraktion. Fidesz als Virus, der dabei ist, die Europäische Volkspartei rechts zu vergiften.


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