In der ff vom 15. Juni (Nr. 24/23) wird Arzt und Gewerkschafter Ivano Simioni (BSK/VSK) in Bezug auf das Desaster mit den Primarernennungen wie folgt zitiert:
Das Land Südtirol hat sich wohl überschätzt und geglaubt, eigene Gesetze schreiben zu können.
– Dr. Ivano Simioni
Eine solche Aussage wäre eher von der nationalistischen Anaao zu erwarten gewesen.
Darüber hinaus ist die Feststellung aber auch von einer geradezu atemberaubenden Unschärfe: Erstens, weil sich das Verfassungsgericht, wie bereits beschrieben, solche Urteile aus den Fingern saugt. Und zweitens, weil das Land Südtirol aufgrund seiner (obschon immer enger werdenden) Autonomie sehr wohl eigene Gesetze schreiben kann — und darf.
Dasselbe Verfassungsgericht, das die Ernennungen laut altem Verfahren (2017-21) für verfassungswidrig erklärt hat, hat gleichzeitig den aktuellen Modus ausdrücklich als verfassungskonform anerkannt.1s. Verfassungsgerichtsurteil Nr. 139/2022 – Punkt 5.4 Auch der beruht auf einem Landesgesetz.2DLH 29/2021 Folglich ist es nicht so, dass das Land nicht eigene Gesetze schreiben dürfte, wie Dr. Simioni suggeriert — sie müssen nur nach dem unvorhersehbaren Gusto der allmächtigen, wankelmütigen Verfassungsrichterinnen sein.
Die Alternative wäre freilich, jeden autonomen Spielraum, der in vielen Bereichen Regelungen ermöglicht hat, die besser zu unserem Land mit seinen Besonderheiten passen, vorauseilend zu verwerfen und bevorzugt römische Gesetze anzuwenden. Das wäre dem Verfassungsgericht sicher recht und würde dem Land den Vorwurf der Selbstüberschätzung ersparen.
Cëla enghe: 01
- 1s. Verfassungsgerichtsurteil Nr. 139/2022 – Punkt 5.4
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