→→ Autorinnen →→ Gastbeiträge →→

Wenn Restaurants die deutsche Sprache marginalisieren.

Autor:a

ai

Seit Jahren macht sich in Brixen bei Bars und insbesondere Restaurants ein neuer Trend breit, der die örtliche Mehrheitssprache immer weiter minorisiert. Das Phänomen ist sicher nicht auf die Bischofsstadt beschränkt, doch hier kann ich die Entwicklung am besten beobachten.

In immer mehr Lokalen ist zumindest das Personal, das die Bestellungen nicht aufnimmt, sondern nur zum Tisch bringt, großteils oder gänzlich außerstande, auch nur einfache Sätze auf Deutsch zu verstehen, geschweige denn zu sagen.

Die unternehmerische Überlegung dahinter dürfte sein, dass es sich dabei lediglich um Ausführende handelt, die ohnehin gar nicht mit den Gästen sprechen müssen — was allerdings ein krasser Fehlschluss ist. Wenn sie zum Tisch kommen, müssen diese Kellnerinnen fragen, welches Gericht für wen bestimmt ist. Und wenn man als Kundin eine Frage (»Ist in dieser Soße Knoblauch enthalten?«), einen Hinweis (»Ich hatte das aber gut durchgebraten bestellt!«) oder eine Bitte (»Hätten Sie noch etwas Zucker/Salz/Öl?«) hat, kann dies selbst in einer großmehrheitlich deutschsprachigen Stadt wie Brixen auf Deutsch nicht mehr ohne weiteres erledigt werden.

Geschweige denn in Bozen, Leifers oder Meran — nehme ich an. Widerfahren ist es mir aber auch schon in zwei unterschiedlichen Lokalen im beschaulichen Klausen.

Es gibt diesbezüglich eindeutig eine erstklassige und eine zweitklassige Sprache, und der Raum, der letzterer (also der deutschen) zur Verfügung steht, wird meiner Beobachtung zufolge immer weiter eingeengt.

In manchen Bars und Restaurants beschränkt sich das Phänomen aber gar nicht (mehr) nur auf das Personal, das die Bestellungen austrägt. Es sind auch die, die die Bestellungen aufnehmen, zumindest teilweise nicht der deutschen Sprache mächtig. Oder aber sie verstehen zwar Deutsch, drängen aber die Kundinnen bei jedem Kontakt unterschwellig von Neuem dazu, Italienisch zu sprechen — ganz besonders wenn sie als »einheimisch« und »mehrsprachig« identifiziert werden.

Geradezu absurd wird es, wenn man in einem Lokal als Deutschsprachiger eine spezielle Kellnerin zugewiesen bekommt, die halt (auch) Deutsch spricht.

Vielleicht ist die italienische Einsprachigkeit bei »ethnischen«, etwa asiatischen Restaurants (wo man es noch eher hinnimmt) verbreiteter, doch inzwischen sind auch immer mehr andere Brixner Lokale davon betroffen. Längst ist ein Trend, der in Ermangelung von Vorschriften über die Ladenketten gestartet ist und etabliert wurde, auf die Gastronomie übergeschwappt — weil sich die Südtirolerinnen sowieso fast immer anpassen und die Gäste aus dem deutschsprachigen Ausland in der Regel ohnehin in Bella Italia sind, wenn sie nach Südtirol kommen.

Dass es sich auch um bewusste Entscheidungen der Führung handeln muss, die den Wert der Zweisprachigkeit hintanstellt, um vielleicht an den Löhnen zu sparen, legt die Tatsache nahe, dass diese Form der Minorisierung manche Lokale massiv und systematisch betrifft und andere wiederum gar nicht. Es kann sich also kaum nur um den berüchtigten Personalmangel handeln, sonst wäre das Problem zumindest etwas gleichmäßiger verteilt.

Was auch auffällt: Es scheint keinen zwingenden Zusammenhang zwischen der Hochpreisigkeit der Restaurants und ihrer Zweisprachigkeit zu geben. Und: In den wenigsten Fällen habe ich bei einsprachigem Personal, das schon länger im Lande ist, im Lauf der Zeit sprachliche Verbesserungen bemerkt. In Deutschkurse wird offenbar kaum investiert — nicht nötig.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 || 01



Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

Comentârs

8 responses to “Wenn Restaurants die deutsche Sprache marginalisieren.”

  1. Harald Knoflach avatar
    Harald Knoflach

    Ich war unlängst in zwei verschiedenen Chinarestaurants in Brixen. Beide Male wurden wir zumindest bei der Bestellung von jungen Kellnern mit asiatischem Äußeren bedient, die Südtiroler Dialekt gesprochen haben.
    Das mit der Marginalisierung der deutschen Sprache beobachte ich auch. Aber meiner Erfahrung nach sind “auswärtig” (asiatisch, arabisch …) geführte Lokale diesbezüglich nicht notwendigerweise schlechter als andere.

    1. Simon avatar

      Danke für die Präzisierung. Andererseits hatte ich nicht geschrieben, dass asiatische Restaurants diesbezüglich notwendigerweise schlechter sind:

      Vielleicht ist die italienische Einsprachigkeit bei »ethnischen«, etwa asiatischen Restaurants (wo man es noch eher hinnimmt) verbreiteter

      Speziell aus einem Chinarestaurant, wo bereits die zweite Generation am Werk ist, die hier die (deutsche) Schule besucht hat, kenne ich das mit dem Südtiroler Dialekt auch.

  2. Harry Dierstein avatar

    Wer spricht denn in Sittiroul noch Deutsch? Nach meiner subjektiven Wahrnehmung weniger als fünf Prozent.

    1. Harald Knoflach avatar

      Wer einen Funken Ahnung von Sprachwissenschaft hat – und wohl viele andere auch – wissen und verstehen, dass ein Großteil der deutschsprachigen Südtiroler/-innen eine südbairische Mundart – obschon mit ein paar Interferenzen aus dem Italienischen – als Muttersprache spricht. Wie im Übrigen auch rund 60 Prozent – also die Mehrheit – der Menschen in Deutschland Dialektsprecher sind und somit für gewöhnlich mit dieser Art von Diglossie umzugehen wissen. Natürlich gibt es auch Menschen, die ein sehr eingeengtes, nicht plurizentrisches Verständnis von Sprache haben und mangels Flexibilität mit Varietäten schwer zurechtkommen bzw. Mühe haben, sie zu verstehen. In so einem Fall kann man dann durchaus auf die Idee kommen, dass weniger als fünf Prozent der Südtiroler/-innen Deutsch sprechen. Subjektive Wahrnehmung halt. Sprachwissenschaftlich haltbar ist so ein Befund allerdings nicht.

  3. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Das ist schlimm, aber auch wenn’s nicht ganz zum Thema passt, ebenso kann ich an den Südtiroler Bahnhöfen in der deutschsprachigen Durchsage das: “Der Zug nach Trento fährt auf Geleise soundso ein!” nicht mehr hören!

    1. Harald Knoflach avatar
      Harald Knoflach

      Wobei das “Roooveretooo” und “Veroooona Pooorrta Nuooova” in der deutschen Version auch eine Beleidigung für das Ohr sind.

  4. G.P. avatar
    G.P.

    Interessant ist ja, dass man z. B. in ganz vielen ital. Ferienorten (z. B. Bibione, Caorle, Jesolo, Gardasee usw.) in den meisten Restaurants, Pizzerias und Geschäften mit Deutsch keine Probleme hat. Da wird bald mehr Deutsch gesprochen als im deutschsprachigen Südtirol.

  5. Matthias Wallnöfer avatar
    Matthias Wallnöfer

    Geschweige denn in Bozen, Leifers oder Meran — nehme ich an.

    Ich würde die Situation in Bozen schlechter einschätzen als in den anderen beiden Orten.

Scrì na resposta

Your email address will not be published. Required fields are marked *

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL