Der Konsul schaute überraschend im Russischen Zentrum in Zarenbrunn in Meran vorbei.
Seit dem russischen Vernichtungskrieg in der Ukraine am 24. Februar 2022 wurden die Tätigkeiten im russischen Zentrum Borodina im Meraner Zarenbrunn eingefroren. Auch auf Druck der Landesregierung. Das Zentrum hatte sich in den letzten Jahren zu einem Außenposten des Putin-Staates in Südtirol entwickelt.
Die britische Journalistin Catherine Belton klassifiziert Russland in ihrem »krimiähnlichen« Recherchebuch Putins Netz als einen riesigen Mafiastaat in der Hand von Ex-KGB-Agenten, korrupten Oligarchen und völkischen Nationalisten. Eine hochgradig toxische Mischung.
Im Meraner Außenposten war öfters Waldimir Jakunin zu Gast, auch er wie sein Chef Wladimir Putin ein Ex-KGBler, dann Chef der russischen Staatsbahnen und antiwestlicher Netzwerker, der mit seinen »Denkfabriken« rechte wie linke Russlandfreunde ideologisch bedient.
Als Anlaufstelle stand die Borodina den verschiedenen Russlandfreunden offen. Das offizielle Südtirol nutzte das russische Zentrum auch für seine »Außenpolitik«. Nicht nur Jakunin ging dort ein und aus.
Noch im November 2021, wenige Wochen vor dem russischen Überfall auf die Ukraine, besuchte eine Moskauer Delegation Meran. Also auch das russische Zentrum. Sergey Cheremin, Aleksei Bondurak, Wladimir Platonow und Konstantin Krochin informierten sich über die mit dem Land Südtirol zu unterzeichnende Vereinbarung zur Führung von Zarenbrunn. Die Führung des Gebäudekomplexes sollte der russischen Hauptstadt Moskau übertragen werden.
Den entsprechenden Vorschlag ließ Landesrat Massimo Bessone von der Lega ausarbeiten. Zufall? Die Lega von Matteo Salvini pflegte beste Kontakte zum russischen Kriegspräsidenten Putin.
Daraus wurde vorerst nichts. Seit dem Krieg Putins gegen die Ukraine muss die Vereinstätigkeit ruhen. Die Auflage der Landesregierung war und ist strikt: Im Zentrum finden keine institutionellen Veranstaltungen oder Treffen statt.
Den russischen Generalkonsul in Mailand, Dmitry Ilyich Schtodin, scherte dieses Veto nicht. Kürzlich trafen sich im Zentrum Borodina Russischlehrerinnen zu ihrem regelmäßigen Informationsaustausch. Und wer tauchte dort auf? Der Generalkonsul. Er soll dazu aber gar nicht eingeladen worden sein. Wie auch immer, der Generalkonsul setzte sich kaltschnäuzig über Vorgaben des Landes hinweg. Null Respekt. Wen wundert es? Der Chef des Konsuls, der Kreml-Präsident, exerziert es ja seit mehr als zwei Jahrzehnten vor: Was kümmern mich die Interessen der Anderen!
Die Haltung der Regime-Russen in der Borodina ist eindeutig. Mal versuchte die ehemalige Landesrätin Martha Stocker (SVP) Flüchtlinge in dem weitläufigen Gebäude-Konglomerat unterzubringen. Njet, lautete die wenig solidarische Antwort.
Schräg, das Land Südtirol ist seit 2014 Besitzer von Zarenbrunn und gewährt dem Russischen Zentrum in der Villa Borodina vertragliches Bleiberecht für die Ausübung ihrer »kirchlich-kulturellen Traditionen« und Veranstaltungen. Fakt ist, das Zentrum wurde missbraucht, als Putins Botschaft und Propagandazweigstelle.
So großzügig war Südtirol mit den Überlebenden der Shoah in Meran nicht.
Vielleicht sollte das Land das Bleiberecht überdenken, kippen und Zarenbrunn ukrainischen Flüchtlingen zur Verfügung stellen. Manche von ihnen leben in Südtirol am Rand der Gesellschaft.
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