Neulich waren wir mit der ukrainischen Frau und ihren beiden Kindern im Pflichtschulalter, die im Frühling 2022 vom Krieg nach Südtirol geflüchtet waren und über die ich hier ab und an geschrieben habe, in Innsbruck.
Es geht dabei um jene Frau, die vom italienischen Staat bis Ende Oktober 2022 genau 900 Euro an finanzieller Unterstützung erhalten hatte, obschon ihr 1.800 Euro zugestanden hätten. Nicht monatlich, sondern in Summe wohlgemerkt. Inzwischen sind auch die fehlenden 900 Euro eingetroffen, womit sich die Unterstützung auf schwindelerregende 42,86 Euro im Monat (1.800 Euro ÷ 14 Monate ÷ 3 Personen) beläuft.
Dass mit diesem Budget keine großen Sprünge möglich sind, selbst wenn die Unterkunft kostenlos ist und der in der Ukraine nach wie vor einer Arbeit nachgehende Ehemann und Vater finanziell unterstützen kann, liegt auf der Hand.
Alpenzoo
Mehrmals konnten wir sie wenigstens zu Ausflügen überreden — so wie diesmal eben nach Innsbruck, wo wir den Kindern unter anderem den Alpenzoo zeigen wollten.
Als wir dort an der Kassa die Eintritte bezahlen wollten, fragte die freundliche Angestellte nach dem Alter der Kinder. Da selbst der Jüngere knapp über der Altersgrenze für eine Ermäßigung lag1was ich bei nachträglicher Überprüfung auf der Webseite des Alpenzoos nicht nachvollziehen kann, fiel mir noch ein, zu erwähnen, dass sie ukrainische Flüchtlinge sind.
Wenn sie ihre Aufenthaltserlaubnis dabei hätten — und das hatten sie — gäbe es da schon was. »Sie leben aber in Südtirol«, wandte ich noch ein, doch das erwies sich als unerheblich: die Mutter und beide Kinder konnten völlig kostenlos in den Zoo. Mit einem strahlenden Gesicht wie in diesem Moment habe ich die Mutter in diesen Monaten entsetzlicher Anspannung und Ungewissheit noch selten gesehen.
Sie hat uns dann noch mehrmals erzählt, wo in Südtirol sie schon überall nach einer Ermäßigung — von einem vollständigen Preisnachlass gar nicht zu reden — gefragt und nicht erhalten hatte. In der Gemeinde, in der sie in Südtirol gemeldet ist, hat sie meist noch nicht einmal Zugang zu den Ermäßigungen, die grundsätzlich allen Ansässigen zustehen. Als ihr einmal trotzdem eine gewährt wurde, hat man ihr sogar ins Gewissen geredet, dass das Geld jetzt für andere fehlen würde.
Diese Knausrigkeit hier bei uns finde ich beschämend und im Vergleich zur unbürokratischen Großzügigkeit, die wir in Innsbruck erleben durften (wiewohl sie vielleicht nicht repräsentativ ist), herzzerreißend.
Wieder einmal habe ich mich aufrichtig für unser Land geschämt.
Der kleinere Sohn hat irgendwann gefragt, ob Nordtirol viel reicher sei als Südtirol, weil sie »eingeladen« worden seien. Dies ist zwar auf dem Papier nicht der Fall, doch die Institutionen in Südtirol scheinen mir in vielen Fällen tatsächlich häufiger von Gier und Kaltherzigkeit geleitet zu sein.
Ein Land, dem bewusst ist, dass die Teilhabe aller am kulturellen, sportlichen und gesellschaftlichen Leben für eine funktionierende Gemeinschaft essenziell ist, macht hingegen schon vieles richtig. Und spart vielleicht unterm Strich sogar noch Geld.
- 1was ich bei nachträglicher Überprüfung auf der Webseite des Alpenzoos nicht nachvollziehen kann
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