Ein CLIL-Unterricht mit Sachfachunterricht auf Deutsch und Italienisch berücksichtigt natürlich die sprachlichen Bedürfnisse der Kinder nicht oder wenig, die andere Sprachen in den Unterricht mitbringen. Deshalb bin ich ganz stark der Meinung, dass wir sehr viel mehr diese größere Mehrsprachigkeit, die in den Klassen vorhanden [ist], in den Blick nehmen [sollten] und nicht sozusagen diese Herausforderung, der wir jetzt begegnen müssen, verschlafen, weil wir immer noch in dieser Dualität von Deutsch und Italienisch denken. Ich glaub, das ist einfach zu wenig in einer modernen Gesellschaft.
Es gibt einige Schulen in Südtirol, an denen CLIL seit vielen Jahren angewandt wird, die Programme werden auch [wissenschaftlich] begleitet, dort funktionieren die Modelle sehr gut. Mitzuberücksichtigen ist auch dort, dass an einigen dieser Schulen natürlich auch wieder eine bestimmte Bildungselite ihre Kinder dorthin schickt, weil es eben den Eltern wichtig ist, die Kinder in besondere Schulen, in besondere Schulzüge zu schicken.
[Die] Schule kann sehr viel machen und ich möchte auch nochmal wiederholen, dass die Schule im Prinzip auch schon sehr viele Angebote zur Verfügung stellt. Es gibt Sprachförderkräfte, die die Schulen beantragen können, es gibt Mehrsprachigkeitscurricula — auch die deutsche Schule hat sich in den letzten Jahren eigentlich sehr explizit einer Förderung der Mehrsprachigkeit verschrieben und sich da sehr explizit dazu bekannt […]. Natürlich ist es eine Herausforderung, gerade in Minderheitengebieten dafür zu sorgen, dass man allen Sprachen gleichermaßen gerecht wird.
Es gibt verschiedene Modelle der Mehrsprachigkeitsdidaktik, in denen man bewusst versucht, alle Sprachen in irgendeiner Weise mit in den Unterricht hineinzubringen. Es ist ja auch wichtig, allen Kindern das Gefühl zu geben, dass die Kompetenzen, die sie in die Schulen mitbringen, auch wertgeschätzt werden, und dass es nicht sozusagen einige Sprachen gibt, die hochwertiger oder auf dem »Sprachenmarkt« irgendwie mehr wert sind — wie Deutsch, Italienisch, Englisch und Französisch —, aber andere Sprachen aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen als weniger wertvoll erscheinen, nur weil sie jetzt in unserem Kontext vielleicht in der Wirtschaft weniger gefragt sind.
Andrea Abel, Sprachwissenschafterin (Eurac/Uni Bozen), im Salto–Podcast von Wolfgang Mayr mit dem Titel »Kann Schule Mehrsprachigkeit?« – Transkription und Linksetzung von mir
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