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Crusca gegen geschlechtergerechte Sprache.

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Die öffentlich-rechtliche italienische Sprachgesellschaft Accademia della Crusca befasste sich kürzlich mit einer Frage des Ausschusses für Chancengleichheit beim italienischen Kassationsgericht zum Thema der Gleichstellung von Frauen und Männern in Rechtsakten.

In ihrer Antwort bewies die Jahrhunderte alte Institution nicht zum ersten Mal eine ultrakonservative, reaktionäre Sicht auf die Sprache.

So empfehlen die Sprachhüterinnen öffentlichen Institutionen — nicht auf Rechtsakte beschränkt — auf Sternchen1»Car* amic*, tutt* quell* che riceveranno questo messaggio…«) und auf das sogenannte Schwa (ə) zu verzichten. Darüber hinaus sprechen sie sich aber sogar gegen gängige Paarformen (wie in »Bürgerinnen und Bürger«) aus. Zulässig seien einzig neutrale Bezeichnungen (wie »Mensch«2im Italienischen gleichlautend mit »Mann«, »Personal«, »Angestellte«) oder: das generische Maskulinum.

Die Crusca behauptet sogar, das generische Maskulinum sei die beste Art, damit sich alle gemeint fühlen, denn es sei Aufgabe dieser Form, zu inkludieren.

Sonst müsste man ja — Achtung: Totschlagargument! — Millionen von Texten, einschließlich der Verfassung, neu schreiben, denn auch im italienischen Grundgesetz sei nur von »Bürgern« (cittadini) die Rede. Frauen sind halt mitgemeint.

Offen zeigt man sich nur für weibliche Berufsbezeichnungen, wie es sie in vielen anderen Sprachen — einschließlich des Deutschen — quasi immer schon gegeben hat: Lehrerin, Sekretärin, Präfektin. Dies gilt aber natürlich auch nur dann, wenn ausschließlich eine oder mehrere Frauen gemeint sind. Sobald auch nur ein Mann dabei ist, setzt der sich durch.

Das Land Südtirol hat sich diesbezüglich (für Deutsch, Ladinisch und auch Italienisch) deutlich fortschrittlichere Richtlinien gegeben, die im Einklang mit denen des Europäischen Parlaments stehen, und lässt sich von den rückwärtsgewandten Ausführungen der italienischen Sprachwächterinnen hoffentlich nicht beeinflussen.

Cëla enghe: 01 02 03

  • 1
    »Car* amic*, tutt* quell* che riceveranno questo messaggio…«)
  • 2
    im Italienischen gleichlautend mit »Mann«


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Comentârs

One response to “Crusca gegen geschlechtergerechte Sprache.”

  1. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Manchmal ist die Crusca aber auch sehr modern. In die Diskussion um die Tolomeischen Namenserfindungen in der Toponomastik haben sie sich, so glaube ich, mit der Forderung eingebracht alle Neubenennungen zu belassen, weil italienisches Kulturgut. In diesem Fall zeigten sie höchsten Respekt vor sprachlichen Neuschöpfungen.
    Wenn’s dem Nationalismus dient, ist es eben kein Problem neue Begriffe zu kreieren.

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