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Schulkinder… zum Tode bereit.

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Am »Tag der italienischen Einheit, der Verfassung, der Hymne und der Flagge« (17. März) wurden in Leifers wieder einmal mehrere hunderte Schulkinder — in Anwesenheit von Regierungskommissär, Polizeichef, Schullandesrat und LH-Vize Giuliano Vettorato (Lega), Bürgermeisterinnen (Bianchi, Leifers; Mongillo, Branzoll) und Vizebürgermeisterinnen (Parise, Pfatten; Cortella, Salurn) in Trikoloreschleife und Militär — dazu missbraucht, zur Flaggenzeremonie die blutrünstige und österreichfeindliche italienische Nationalhymne zu singen (vgl. 01 02). Was per se schon Brechreiz erregend ist, ist es in einem Land wie Südtirol noch unendlich mehr. Einen ausdrücklich kolonialistischen Geschmack erhielt die Veranstaltung ferner dadurch, dass auch Schülerinnen der deutschsprachigen Mittelschule J. K. Franzelin ihre Bereitschaft zum Tode für Italien (siam pronti alla morte!) beschwören mussten.

Zu allem Überfluss wurde ihnen anschließend vom rechten Leiferer Bürgermeister Christian Bianchi noch eine Nationalflagge überreicht (01).

Geschichtsverdrehung

Bianchi hatte zuvor in einer hanebüchenen Rede unter anderem behauptet, das italienische Reich sei den »noch von Österreich beherrschten italienischen Gebieten« (vgl.01) ein Leuchtturm und bezüglich Demokratie ein Vorbild gewesen. An einem Tag, an dem Italien Einheit und Vaterland feiere, müsse natürlich der Ukraine gedacht werden, der — so der Leiferer Bürgermeister — ein Eindringling seit über einem Jahr Land, Freiheit, Heimat »und all das was wir heute feiern« streitig mache. Als wäre Italien für Südtirol nicht genau dieser Eindringling gewesen und als würde diese ultranationalistische Veranstaltung jenen unseligen Geist nicht wachhalten.

Einen Wahnsinn finde ich auch, wie sehr sich während der letzten Tage über die politische Instrumentalisierung von Kindern echauffiert wurde und wie nahtlos und nonchalant man dann zum Beispiel als Schullandesrat dazu übergehen kann, einer so abartigen Vereinnahmung von Kindern beizuwohnen.

Cëla enghe: 01 02 03



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Comentârs

6 responses to “Schulkinder… zum Tode bereit.”

  1. Stuff avatar
    Stuff

    Im Etschland gilt offensichtlich mehr denn je die Devise: :”lei net rogeln” (bis zur totalen Verdummung). Das sind dann die Auswüchse. Einfach nur erbärmlich.

  2. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Das Problem ist, dass wenn man einen durchschnittlichen Italiener auf die unsägliche Dummheit und Arroganz der Hymne und auf die Verachtung eines Nachbarlandes (einen Teil dessen Bevölkerung man sich anmasst zu regieren) anspricht, wird man sicher über den hohen ethischen Wert der Zeilen der Hymne belehrt und dass dort, wo es augenscheinlich etwas krass erscheint, man die Zeit verstehen müsse, in der die Hymne entstanden sei. Das sei eben die Geschichte.
    Das endet dann damit, dass jemand, der sich gegen einen Text wendet, der im Grunde ein friedliches Zusammenleben verspottet, selber bezichtigt werden dürfte, gegen das Zusammenleben zu sein.

    1. Simon avatar

      Ich weiß nicht, was ein »durchschnittlicher Italiener« ist und deshalb schon gar nicht, was er denkt. Für mich ist aber klar, dass wir die Hymne mit den Augen von heute betrachten sollten, so wie es in anderen Ländern auch gemacht wird. Umso mehr, wenn sie nicht »nur« jemanden (Minderheiten, Frauen etc.) »vergisst«, sondern sogar ausdrücklich gegen jemanden gewandt ist.

      Mit Sicherheit sind aber die ganz frischen Geschichtsverdrehungen und Verrenkungen des Leiferer Bürgermeisters — auch wenn sie so klingen, als wären sie vor 150 Jahren gemacht worden — eine Beleidigung… nicht nur für die deutschsprachigen Südtirolerinnen, sondern für den Verstand.

      1. Martin Piger avatar
        Martin Piger

        Ich kenne mehrere Italiener, die ich zu meinen Bekannten und Freunden zähle.
        Nette, respektvolle Menschen, die weder rechtsextrem noch übertrieben patriotisch sind. Ich scheitere aber regelmässig beim Versuch, mich bei ihnen verständlich zu machen bezüglich des Bauchwehs, das die offizielle italienische Geschichtsrethorik bei mir auslöst.
        Daraus folgere ich, dass die Verlautbarungen von Bianchi kein Ausrutscher sind, sondern dem vorherrschenden Geschichtsverständnis unserer italienischen Mitbürger entspricht. Die Verwechslung von Mythos und Geschichte wird in Italien durchaus kultiviert, vor allem bezüglich der “Einigung” Italiens.

      2. G.P. avatar
        G.P.

        Das kann ich nur voll bestätigen.

      3. Simon avatar

        @Martin Piger: Jetzt verstehe ich besser, wie es gemeint war.

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