Gerade tourt der römische Sänger Simone Cristicchi — in Kooperation mit dem Bozner Teatro Stabile — mit seinem Musical Magazzino 18 durch Südtirol. Am Montag war er damit in Bozen, am Dienstag in Meran und am Mittwoch in Bruneck. Heute tritt er in Sterzing auf, morgen noch in Brixen. Das Stück handelt von den Opfern der Karsthöhlen und von den Menschen, die aus Istrien, Rijeka/Fiume und Dalmatien geflüchtet sind. Erdacht und geschrieben hat es Christicchi gemeinsam mit dem italienischen Journalisten Jan Bernas, Autor des Buches Ci chiamavano fascisti, eravamo italiani.1Sie nannten uns Faschisten, wir waren Italiener Schon der Titel verrät, worum es geht: Leugnung der ideologischen Verfolgung und Konstruktion des ethnischen Motivs bis hin zum Narrativ von der ethnischen Säuberung.
Das Bühnenstück ist nach einer Lagerhalle in Triest benannt, dem Magazzino 18 eben, in der bis heute einige von Flüchtenden zurückgelassene und nicht mehr abgeholte Habseligkeiten aufbewahrt werden. Christicchi gibt gar an, sich von dem Ort an Auschwitz (!) erinnert zu fühlen, wo industriell und systematisch Menschen vernichtet wurden.
Kritisiert wird an dem Musical, dass es die Vorgeschichte der darin emotionalisierend, einseitig und historisch ungenau aufgearbeiteten Gegebenheiten höchstens in Nebensätzen erwähnt, sodass die Verbrechen der Faschistinnen fast vollständig untergehen. Und somit auch die wichtigste Ursache für die Abtretung der betreffenden Gebiete ans damalige Jugoslawien und auch für die Verfolgungen.
Das ist fast so, als würde man an den inneritalienischen Widerstand und an die Opfer der Partisaninnen erinnern, ohne angemessen auf 20 Jahre Faschismus und auf den Zweiten Weltkrieg als Auslöser hinzuweisen.
Ferner wird bemängelt, dass in dem Stück die historische Multikulturalität und Multiethnizität von Istrien, Rijeka/Fiume und Dalmatien zu kurz kommt. Vielmehr werden die Gebiete als bis zur Flucht grundsätzlich italienisch beschrieben, was den Tatsachen widerspricht und nostalgische, irredentistische Narrative repliziert.
Alles in allem ein Spektakel, das gut zum sogenannten Tag der Erinnerung passt, dem neofaschistischen Gedenktag, mit dem Italien, Wiege des Faschismus, seit einigen Jahren in eine neue Opferrolle geschlüpft ist. Zumindest in Südtirol hätte man darauf verzichten können.
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