Der Gemeinderat der Landeshauptstadt — jener Stadt in Südtirol, deren Politik sich häufig als dem restlichen Land (= nichts weiter als eine »Peripherie« von Bozen) gesellschaftlich und kulturell weit überlegen darstellt — hat beim Thema Klimakrise eine bedauerliche Figur abgegeben.
Vor wenigen Tagen war Glaziologe und Klimaforscher Georg Kaser eingeladen, für die Mitglieder des Stadtparlaments einen Vortrag zu halten. Die anschließenden Stellungnahmen mehrerer gewählter Vertreterinnen waren nicht nur peinlich, sondern angesichts des Ernsts der Lage geradezu beängstigend.
Alessandro Forrest von der faschistoiden FdI, die seit einigen Wochen diesen Staat regiert, gab tatsächlich zu bedenken, dass auch die Maya den Weltuntergang vorhergesagt hätten und sich auch dies als falsch erwiesen habe. Mal davon abgesehen, dass das mit den Maya gar nicht stimmt, ist es unfassbar, wie salopp hier ein Politiker im Jahr 2022 wissenschaftliche Erkenntnisse mit dem simplen Verweis auf eine angebliche Fehleinschätzung vor Jahrhunderten ins Reich der Quacksalberei verbannen möchte.
Forrests Parteikollegin und Gesinnungsgenossin Anna Scarafoni berief sich für ihr Klimaleugnertum gar auf einen Wissenschafter wie Nobelpreisträger Claudio Rubbia. Der habe gesagt, dass eine Verringerung des CO2-Ausstoßes keine positiven Auswirkungen auf das Klima hätte. Dies stimmt so erstens gar nicht, obwohl es Rechte in Italien und weltweit gerne so auslegen, und zweitens ist Rubbia zwar ein Wissenschafter, aber kein Klimaforscher.
Am schockierendsten fand ich aber, dass sich mit Silvano Baratta auch ein Mitglied des PD (und somit der Ratsmehrheit) an der Relativierung der Klimakrise beteiligte, und das auch noch mit einem inhärent rassistischen Argument. Er grenzte das Problem nämlich im Großen und Ganzen auf die Überbevölkerung in sogenannten Entwicklungsländern ein und schob somit die Hauptverantwortung für die Lösung des Problems dorthin. Dabei kann die Demographie als für die Klimakrise marginal betrachtet werden, nicht nur weil das weltweite Bevölkerungswachstum bereits abnimmt, sondern insbesondere auch, weil die damit konfrontierten Kontinente kaum zur Erderwärmung beitragen. Die reichen Industrieländer tragen bei weitem die größte Schuld an der Klimakatastrophe und haben demnach auch die breitesten Spielräume zur Senkung des Ausstoßes.
Klimaaktivistinnen, die die Gemeinderatssitzung mit dem Vortrag von Georg Kaser mitverfolgt hatten, kritisierten die bestürzenden Stellungnahmen zu Recht und forderten die drei Gemeinderatsmitglieder — zwar nicht direkt, aber doch — zum Rücktritt auf. Dem kann man sich wohl nur anschließen.
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