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Südtirol gegen die Kernkraft.

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Nicht nur die Südtiroler Gesellschaft, auch die Landespolitik geht — angesichts der Katastrophe in Japan — gegen den geplanten Wiedereinstieg Italiens in die Kernkraftnutzung in die Offensive. Auf Vorschlag von Michl Laimer (SVP) hat sich die Landesregierung offiziell gegen AKWs ausgesprochen. Die Südtiroler Bevölkerung soll im Hinblick auf das Referendum vom 12. Juni sensibilisiert und zur Teilnahme animiert werden. Auch der Landtag will klar gegen AKWs Stellung beziehen.

Der Umweltlandesrat selbst macht darauf aufmerksam, dass die Zentralregierung mit der Atomkraft auf eine veraltete Technik setzt, noch dazu in einem erdbebengefährdeten Land. Im Laufe der letzten Jahrzehnte sei es mehrmals zu starken Erschütterungen gekommen. Außerdem verfüge Italien aufgrund seiner Lage (Geographie, Sonneneinstrahlung etc.) über ideale Voraussetzungen für die Nutzung regenerativer Energiequellen.

Senator Oskar Peterlini (SVP) hat eine dringende Anfrage zu diesem Thema hinterlegt und fordert die Regierung auf, ihre Pläne zu überdenken. Danach sieht es jedoch nicht aus: In den Medien hat die zuständige Umweltministerin bereits angekündigt, die Regierung werde an ihren Absichten festhalten. Das müssen wir Bürgerinnen am 12. Juni verhindern.

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Comentârs

25 responses to “Südtirol gegen die Kernkraft.”

  1. pérvasion avatar

    Der Zynismus der Atomkraftbefürworter ist unüberbietbar, wenn sie Kernkraftwerke mit den Argumenten verteidigen

    – die absolute Sicherheit gebe es nie;

    – man lerne durch Fehler dazu;

    – die Gesellschaft müsse bestimmte Risiken für den Fortschritt in Kauf nehmen.

    Sie unterschlagen dabei wissentlich, dass die Unsicherheit im Falle eines Atomkraftwerkes sowohl inhaltlich, als auch räumlich und zeitlich kaum eingrenzbare Risiken birgt: Die Folgen einer Atomkatastrophe (d.h. eines »Fehlers«, durch den wir lernen sollen) sind heute noch gar nicht einschätz- und absehbar und werden noch zahlreiche Generationen nach uns schwer belasten. Das unterscheidet die Atomkraft von so ziemlich jeder anderen Technologie. Und als ob das nicht reichen würde, ist auch das Endlagerungsproblem von Abfällen noch immer ungelöst.

  2. succus avatar
    succus

    Abgesehen von den Risiken ist die Atomkraft auch ökonomisch abzulehnen. Die scheinbar billige Atomkraft stützt sich vor allem auf verdeckte Subventionen (jahrzehnetelange staatlich bezahlter Forschungs- und Entwicklungsausgaben), Sicherungs- und Überwachungskosten die auch vom Staat getragen werden, vor allem aber auf ungelöste und nicht eingepreiste Endlagerungskosten. Würden die tausende Jahre, welcher der Abfall sicher gelagert werden muss, in die Kalkulation eingepreist, dann hätte nie ein Atomkraftwerk gebaut werden können, da es komplett unwirtschaftlich wäre. Wir Ressourcenverschwender überlassen das wieder einmal nachfolgenden Generationen, sprich unseren Kindern und Kindeskindern. Zudem versichert keine Versicherungsunternehmen ein Atomkraftwerk an Schäden gegenüber Dritten, die Kosten werden wiederum an die Allgemeinheit übertragen. Die Ukraine muss jährlich 5% des BIP für die Altlasten der Atomkatastrophe von Tschernobyl aufwenden.
    Die Faktenlage ist also glasklar, wenig wird auch über die Opportunitätskosten gesprochen: Wo stünden wir heute, hätte man seit 50 Jahren Forschungs- und Entwicklungsgelder statt in die Atomenergie in regenerierbare Quellen gesteckt? Der geradezu atemberaubende Ausbau der Wind und Solarenergie in Deutschland ist für mich der Beweis, dass der Umbau möglich ist und vor allem viel schneller von statten geht, als uns die Politiker glauben machen.

  3. hunter avatar
    hunter

    ich finde es auch bizarr, dass immer gesagt wird “ja aber bei uns gibt es keine so schweren erdbeben wie in japan – und schon gar keine tsunamis”. als ob das die einzigen ereignisse wären, die einen störfall in einem kernkraftwerk verursachen könnten.

    ein aspekt, der angesichts dieser diskussion zu kurz kommt – und den pérvasion auch erwähnt ist der atommüll. auch wenn alles “rund” geht und keine fehler passieren, haben wir immer noch stoffe am hals, die mit halbwertszeiten von mehreren tausend jahren strahlen. und wir wissen bis heute nicht wohin damit. dümmer und verantwortungsloser den folgegenerationen gegenüber geht’s nicht.

  4. pérvasion avatar

    Ein weiteres Argument der Kernkraftfreunde lautet übrigens, Japan (oder Italien) hätte keine nennenswerten Rohstoffvorkommen und müsste auf diese Technologie setzen, um nicht auf Importe aus dem Ausland angewiesen zu sein. Doch meines wissens gibt es in Japan (und Italien) kein oder nur sehr wenig Uran, es muss also ebenfalls eingeführt werden. Ist es wirklich so viel günstiger, Uran zu importieren, als etwa Erdöl oder -gas?

    Mal ganz abgesehen…

    a) von den übrigen, von succus genannten Problemen und Kosten;

    b) von der Tatsache, dass regenerative Energien uns wirklich energieautark machen könnten;

    c) dass die Abhängigkeit von Importen angesichts der Sicherheitsrisiken sowieso in den Hintergrund treten sollte;

    d) dass auch das Uran immer knapper wird und somit schon deshalb keine richtige Alternative darstellen kann;

  5. Sybille avatar

    Zum Glück gibt es die Volksabstimmung…

  6. niwo avatar
    niwo

    Es ist schlimm, dass der Mensch immer nur durch Katastrophen lernt und es ist noch nicht mal ausgemacht, dass nun weltweit konsequent die richtigen Schlüsse aus dem japanischen Drama gezogen werden. Die Risiken der Kernkraft und unseres Energiehungers sind schon seit knapp 40 Jahren bekannt, spätestens seit Meadows “Die Grenzen des Wachstums” veröffentlicht hat.
    Seither haben wir knapp 40 Jahre weitgehend verplempert und auf ein Gesellschaftsmodell gesetzt, das in dieser Art und Weise nicht globalisierbar ist.

    Zur Kernkraft:

    Die Risiken der Kernkraft werden von der Atomlobby ganz salopp der Gesellschaft übertragen.
    Einmal das von der Atomlobby so bezeichnete Restrisiko eines GAU. Das sind Schäden, die nicht versicherbar sind. In der Schweiz hat man errechnet, dass ein GAU im Atomkraftwerk Mühleberg einen Schaden von 4000 Milliarden Franken verursachen könnte/würde. Versichert ist eine Milliarde, mal ganz davon abgesehen, dass sich Werte wie unser Planet Erde gar nicht in monetären Werten beziffern läßt. Will man mit den 4000 Milliarden Franken eine neue Mittelschweiz kaufen, wenn dort nur mehr verbrannte Erde übrig bleibt. Aber dem homo oeconomicus muss ja dauernd eine Zahl serviert werden, damit er versteht wo es lang geht.
    Zweitens, ist die Lagerung des Atommülls ein ungelöstes Problem, das wir ohne mit der Wimper zu zucken unseren Kindern und nachfolgenden Generationen überlassen. Teilweise haben diese Stoffe eine Halbwertzeit von 10.000 Jahren, das entspricht der Zeit unserer gesamten bisherigen Zivilisationsgeschichte im engeren Sinne, also seitdem der Mensch im fruchtbaren Dreieck in Kleinasien sesshaft wurde. Solange müssen nachfolgende Generationen Geld dafür ausgeben um diesen Dreck irgendwo halbwegs sicher zu lagern. Immerhin spricht man ehrlichkeitshalber derzeit von Zwischenlagern, also von Provisorien. Sichere Endlager gibt es noch keine und wird es wahrscheinlich auch nie geben.
    Drittens wird von der Atomlobby gerne unterschlagen, dass Uran ebenso ein endlicher Rohstoff ist, wie Öl. Von Energie-Autarkie kann da keine Rede sein.

    Im japanischen Drama zeigt sich aber vielmehr als nur die Risiken der Kernkraft.
    Es zeigt uns IndustriebewohnerInnen auf schockierende Art und Weise, wie verwundbar unser Gesellschaftsmodell ist.
    Die höchst unangenehme Wahrheit: Unser Lebensstil in dieser Art und Weise ist kein Modell, das von 6 Milliarden Erdenbürgern und morgen von 9 Milliarden Erdenbürgern übernommen werden kann.
    6 Milliarden Menschen werden nie unseren Pro Kopf Energieverbrauch errreichen können, werden nie soviel Autofahren dürfen wie wir, werden nie soviel in der Weltgeschichte herumfliegen können wie wir und werden nie soviel Fleisch essen dürfen wie wir.
    Wollen wir diese Quadratur des Kreises lösen, werden wir uns von einigen liebgewonnenen Gewohnheiten verabschieden dürfen. Dies zu bewältigen ist DIE Herausforderung der Zukunft.

  7. otto avatar
    otto

    nur: von allein werden wir uns nie von den “liebgewonnenen gewohnheiten” verabschieden! in dieser hinsicht ist unser sensibelstes denkorgan die geldtasche: nur wenn energieverbrauch teurer wird, wird auch gespart. ganz einfach.
    aus diesem grund muss man parteien wählen, (oder sich selbst dafür einsetzen) die den verbrauch von fossiler oder atomenergie verteuern wollen.
    steuern steuern!

  8. B.- avatar
    B.-

    die Gesellschaft müsse bestimmte Risiken für den Fortschritt in Kauf nehmen

    auch die wahl für die atomkraft ist eine reine abwägungssache, wie alle politischen entscheidungen.

    ein bisschen speziell erscheint die ablehnung der nuklearenergie seitens der landesregierung, hat diese doch über die SEL 200’000’000 € in die edison investiert, welche in italien neue atomkraftwerke zu bauen plant.

  9. pérvasion avatar

    Was mich wundert: Soeben hat Jürgen Trittin (Bündnis 90 – Die Grünen) während der ZDF-Übertragung aus dem Deutschen Bundestag gesagt, für den endgültigen Ausstieg aus der Atomkraft und die Stärkung der erneuerbaren Energien seien Pumpspeicherkraftwerke erforderlich.

    Die Südtiroler Grünen haben sich jedoch klar gegen solche Kraftwerke ausgesprochen, wie sie meines Wissens z.B. in Österreich und Skandinavien gebaut werden.

  10. niwo avatar
    niwo

    Ich glaube die Pumpspeicherkraftwerke spielen in den Zukunftsszenarien eine wichtige Rolle.
    Offshore-Windparks in der Nordsee, Pumpspeicherkraftwerke an der norwegischen Küste zur Stromspeicherung, wenn der Windstrom grad nicht voll benötigt wird und evtl. solarthermische Kraftwerke in Nordafrika (im Gegenzug könnte Europa nordafrikanische Ingenieure ausbilden und vor Ort für Infrastruktur sorgen). Hierfür benötigt es aber ein leistungsfähiges, intelligentes Stromnetz, das alle Akteure am Strommarkt, auch Mikroakteure mit einschließt. Mal sehen, ob die Akzeptanz für dieses Stromnetz (Masten, Hochspannungsleitungen usw.) dann auch vorhanden ist. Ohne intelligentes Stromnetz ist der Umstieg auf erneuerbare Energien nicht zu machen, und wir benötigen dieses europäische “smart grid” schnell.

    Langer Rede, kurzer Sinn. Pumpspeicherkraftwerke sind mittel/langfristig abzulehnen, wenn sie dazu dienen nächtlichen Atomstrom zu “speichern”, aber wichtig wenn es darum geht in Zukunft nicht speicherbaren Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu speichern. In diesem Sinne sind auch Szenarien durchzuspielen und zu prüfen, ob auch das eine oder andere Pumpspeicherkraftwerk in Südtirol Sinn machen könnte.

  11. pérvasion avatar

    Wenn wir damit einen Beitrag zum europaweiten Umstieg leisten können, müssen wir wohl auch B sagen und hier bei uns ein Pumpspeicherkraftwerk beherbergen. Solche Anlagen sind ja auf größere Höhenunterschiede angewiesen, die in anderen Regionen nicht ohne weiteres zur Verfügung stehen. Im deutschen Fernsehen war übrigens die letzten Tage von Plänen die Rede, auch in ehemaligen Minenanlagen in NRW kleinere Pumpspeicherkraftwerke zu errichten. Es soll Stollen geben, die bis 1500mt unter den Boden reichen.

    Kann man denn Pumpspeicherkraftwerke ablehnen, weil sie auch zur Speicherung von Atomstrom dienen können? Soviel ich — während der letzten Tage — verstanden habe, sind sie doch »neutral«, da sie zwar heute Atomstrom speichern können, morgen aber auch für die Erneuerbaren unverzichtbar sind.

    Wichtiger wäre m. E. den Atomeinstieg in Italien zu verhindern, und da schaut es angeblich gar nicht rosig aus. Nur 53% der Italiener sollen trotz Fukushima gegen die Regierungspläne sein. Wenn man sich ausrechnet, dass mindestens 50% der Stimmberechtigten abstimmen müssen, damit das Referendum vom 12. Juni überhaupt gültig ist, wird das vermutlich sehr schwierig — es sei denn viele Atombefürworter begeben sich auch zur Urne.

  12. niwo avatar
    niwo

    @pérvasion

    Kann man denn Pumpspeicherkraftwerke ablehnen, weil sie auch zur Speicherung von Atomstrom dienen können? Soviel ich — während der letzten Tage — verstanden habe, sind sie doch »neutral«, da sie zwar heute Atomstrom speichern können, morgen aber auch für die Erneuerbaren unverzichtbar sind.

    Im Prinzip korrekt. Die Infrastruktur eines Pumpspeicherkraftwerks funktioniert bei verschiedenen Strommix-Varianten. Ich denke, dass es in der Akzeptanz, und in Südtirol würde es ja um den Bau von neuen Pumpspeicherwerken gehen, schon einen Unterschied ausmacht, ob dort in erster Linie französischer Atomstrom gespeichert wird oder schon in etlichen Jahren Strom aus Windrädern in der Nordsee. Bei der Baugenehmigung muss klar sein, dass diese mittel/langfristig im zukünftigen Energiemix eine wichtige Rolle beim Umstieg auf erneuerbare Energiequellen spielen.

  13. niwo avatar
    niwo

    @pérvasion

    Wichtiger wäre m. E. den Atomeinstieg in Italien zu verhindern, und da schaut es angeblich gar nicht rosig aus.

    Der Rom Korrespondent des Standard, Herr Mumelter, sprach gestern im Morgenradio des Senders Bozen, in Bezug auf die italienischen Reaktionen auf die Ereignisse in Japan, von einer “italienischen Anomalie”.
    Er meinte auch, dass – und dies wäre durchaus der klassische Weg à¡ la italiana – wenn das Referendum das Quorum nicht erreicht, in Italien in den nächsten 20 Jahren trotzdem kein Atomkraftwerk gebaut wird. Die Genehmigungsverfahren, die schwierige Standortsuche, die Geschichte der “grandi opere” usw. läßt es einfach nicht realistisch erscheinen, dass es konkret zu einem Kraftwerksbau kommt.
    Schlimm, dass all dies viele Ressourcen binden würde, die sinnvollerweise in den Umstieg auf erneuerbare Energien investiert werden könnten.

  14. Senoner avatar
    Senoner

    Die Frage beim Referendum sollte lauten:” willst du, dass in DEINER PROVINZ ein AKW gebaut wird?” Dann sind sicher 90% dagegen, nicht nur 53% oder 58%

  15. Senoner avatar
    Senoner

    Pumpspeicherwerke dienen hauptsächlich dazu Energie von jenen Kraftwerken zu speichern, die man nicht einfach nach Bedarf ein- oder ausschalten kann. Die AKW gehören zu dieser Sorte. Wind-, Wasser- oder die meisten anderen Kraftwerke kann man hingegen einfach von einer Minute auf die nächste ein/ausschalten.
    Ohne AKWs brauchts daher auch keine Pumpspeicherwerke.

  16. pérvasion avatar

    Das stimmt nicht ganz. Um etwa die Windkraft optimal zu nutzen, muss man an windreichen Tagen überschüssige Energie in Pumpspeicherwerken speichern, damit sie in windarmen Zeiten »abgerufen« werden kann.

  17. Senoner avatar
    Senoner

    In einer windarmen Zeit scheint wahrscheinlich die Sonne (also geben Solarkraftwerke die Energie), oder sonst kann man Wasser von Stauseen durch die Turbinen fliessen lassen, oder Gas/Heizöl verbrennen. Die verschiedenen Systeme ergänzen sich also.

    Die AKWs hingegen liefern konstant dieselbe Energiemenge, und MÜSSEN daher von anderen Energiequellen oder Speichermedien flankiert werden.

    Alle bekannten Systeme (ausser AKWs) kann man von einer Minute auf die nächste abschalten. Nur bei den AKWs dauert es “ewig”, bis die Wärme abklingt… und ein flexibles Abschalten ist somit unmöglich.

  18. fabivS avatar
    fabivS

    Berluscono è disonesto, ma non stupido. Siccome in questo referendum si discute anche del suo “legittimo impedimento”, adesso che il rischio che il quorum venga raggiunto si sta alzando, si inventerà  qualcosa d’altro (se è a corto di idee, basta dirgli di chiedere alla SVP, che di esperienza di boicottaggi ne ha da vendere): probabilmente rimetterà  in dubbio la decisione.
    Dirà  che forse (all’italiana) non faremo centrali, e quindi non serve andare a votare, salvo poi rimangiarsi la parola.
    Oppure annuncerà  che, in accordo con le potenze amiche l’Italia (e sottolineerà  vomitevolmente l’amicizia con l’America e l’Europa) decide di rinunciare a nuove centrali e così sacrificherà  l’interesse delle lobby nucleari sull’altare dei suoi processi personali.

    In ogni caso credo sia altamente improbabile che permetta al referendum di svolgersi in questo clima, altrimenti rischia di perderci!

  19. succus avatar
    succus

    Zur Frage der Pumpspeicherkraftwerke muss folgendes angemerkt werden. Grundsätzlich kann man den Energiebedarf eines Landes in einen Grundlastanteil, einer variablen Last sowie Spitzenstrom einteilen. Atom-, Öl und Kohlekraftwerke dienen in erster Linie der Grundlast, Wasserkraftwerke und Gaskraftwerke vor allem für die schwankende Nachfrage. Auch Kohle- und Ölkraftwerke kann man nicht einfach ein- und ausschalten, da auch sie eine gewisse Zeit zum Rauf- oder Runterfahren brauchen. Die Tagesganglinie (d.h. der zu erwartende Stromverbrauch) wird in der Regel am Tag vorher festgesetzt und am Markt eingekauft (z.B. an der Strombörse in Leipzig). Mittlerweile sind die Prognosen recht gut, trotzdem muss für nicht erwartete, schwankende Nachfragen eine gewisse schnelle Reserve bereitstehen. Die wird durch Wasserkraft- und Gaskraftwerke gesichert, aber auch thermische Kraftwerke wir Atom- und Kohlekraftwerke werden mit einer gewissen “Dampfreserve” gefahrern, d.h. etwa 10% der Kapazität kann dort kurzfristig abgerufen werden, wenn nicht, dann wird es einfach in Form von Wärme (Dampf) abgegeben. Dieser Regelprozess ist immens wichtig, dann auch nur kleine ungedeckte Nachfragen bzw. Überangebot führt unweigerlich zu einer Netzinstabilität, welche Netzabschaltungen zur Folge hätte. In Frankreich mit einem Kernenergieanteil von über 80% wird im Grunde totale Verschwendung betrieben, da mit diesen Kraftwerken auch die Spitzenlast abgedeckt werden muss und in Form von Überschussenergie (die ungenutzt vernichtet wird) bereitgehalten wird.
    In Zukunft kann auf diese Grundlastkraftwerke bei einem guten Energiemix getrost verzichtet werden, da eine Kombination von Solar-, Wind- und Pumpspeicherkraftwerken auch diese Grundlast abdecken könnte, vorausgesetzt, es stehen leistungsfähige Übertragungsnetze zur Verfügung. Als Brückentechnologie könnten Gaskraftwerke eine bedeutende Rolle spielen, allerdings müssen wir auch einige Opfer in Kauf nehmen und bewusst die Rahmenbedingungen schaffen, damit diese neue Infrastruktur gebaut werden kann.

  20. Senoner avatar
    Senoner

    Succus hat das detailliert ausgeführt, jedoch möchte ich betonen, dass Pumpspeicherwerke keine wirklichen Kraftwerke sind, sondern wie Batterien, die nur jene Energie “freigeben”, die zuvor gespeichert wurde.

    Um den Bedarf an Strom in Spitzenzeiten zu reduzieren sind wir angehalten den Verbrauch gleichmässig über den Tag zu verteilen. In diesem Sinne wurde der günstigere Abend/Nachtstrom eingeführt, bzw. der Tagesstrom verteuert. Ebenso gibt es bei uns (im Gegensatz zu anderen Ländern) ein Limit von 3 oder 4,5 KW für Haushalte, wo man gezwungen wird nicht mehrere Geräte gleichzeitig einzuschalten. Das ist gut so – auch wenn es mich ärgert, dass ich meine Haare nicht föhnen darf während meine Frau kocht…

  21. hunter avatar
    hunter

    @ senoner
    richtig. es funktioniert ähnlich einer batterie – und da das perpetuum mobile noch nicht erfunden ist, produziert ein pumpspeicherwerk keine energie sondern verbraucht welche.

    ein gleichmäßigere verteilung des stromverbrauches sollte ein ziel sein und tag- bzw. nachtstrom über den preis zu steuern macht sogar sinn.
    die 3 kw grenze für haushalte ist hingegen reiner wahnsinn. ich habe weder gefriertruhe noch geschirrspüler. bei mir bewirkt die regelung jedoch, dass ich mehr strom verbrauche. ich kann nämlich nicht einmal zwei herdplatten und ein backrohr gleichzeitig einschalten. das heißt, wenn ich mir ein stück fleisch brate und ein wenig gemüse dazu und im ofen ein paar kartoffeln habe, muss ich eines der gerichte länger warm halten um zu warten, bis die anderen fertig sind – und das braucht strom.
    theroetisch könnte ich 24 stunden am tag durchgehend 2,9 kw verbrauchen. wenn jemand jedoch in der kurzen mittagspause einmal für 10 minuten 3,5 kw braucht ist das nicht möglich. das ist eine frechheit und schwachsinnig.

  22. succus avatar
    succus

    @senoner
    Die Einführung des Nachtstroms ist für mich reine Augenauswischerei. Da der Nachtstrom nur 10% billiger ist, kann man im Jahr nur ein paar läppische Euros einsparen. Besser wäre es, den Nachtstrom, ähnlich wie auf der Strombörse, massiv zu reduzieren, nur dann hätte man echte Verlagerungseffekte. Die Beschränkung auf 3-4,5kW ist zudem eher anachronistisch, ich glaube kaum, dass dadurch die Spitzenbelastung massiv reduziert wird. Vielmehr haben wir in Italien die höchsten Strompreise, fraglich ist nur, wem das alles zu Gute kommt. Zu Hause haben wir aus mehreren Gründen einen 6kW Anschluss, hier wird reine Abzocke betrieben, beispielsweise mussten wir für die letzten beiden 2-Monats-Rechnungen mehr als 300 Euro bezahlen, obwohl wir sehr sorgsam mit dem Strom umgehen. Der Löwenanteil wird von überzogenen Grundgebühren aufgefressen.

  23. Anti-Kernkraft avatar

    Und dann wundert man sich wieder wenn etwas passiert und wer muss hinhalten? Natürlich das Volk! In Japan müssen 50 Leute da rein… ich glaub da war keiner der Atomkraftwerksführer dabei gewesen…oder? Nein natürlich nicht! Die lassen sich schnell ausfliegen und hoffen, dass die paar “Freiwilligen”, die die Welt vor einer Katastrophe retten wollen, schnell genug arbeiten. Das diese “Freiwilligen” der enormen Strahlung ausgesetzt sind ist den reichen Herren wohl sch***** egal. Ich hoffe nur das die Kernkarftwerke in Deutschland besser standhalten… die Auswirkungen wären verheerend!

  24. anonym avatar
    anonym

    Nachtstrom ist auf dem europäischen Markt massiv billiger als Tagstrom. Nur wird der Preisunterschied nicht an uns Endverbraucher weitergegeben.

    Ich finde ohnehin die ganze Strom Diskussion ist eine einzige Verarschung (sorry) der Bevölkerung. Uns werden giftige Energiesparlampen, Beschränkungen, teure Preise usw. aufgezwungen und ständig ein schlechtes Gewissen eingeredet, dabei verbrauchen wir Haushalte gerade mal 1/3 des Stroms, die grossen Verbraucher sind aber die Firmen/Industrie.
    Doch statt die zum Energiesparen anzuhalten, bekommen sie sogar noch extra Rabatte, siehe lokales Beispiel MEMC.
    Die 3kW Regelung gibts wohl auch nur in Italien weil das Land unfähig ist genug Energie selbst zu produzieren und veraltete Infrastrukturen hat(Fakt, kein Italien-Bashing). Südtirol könnte sich locker selbst versorgen, doch gehört uns unser Strom immer noch nicht, entgegen anderslautender Sprüche der Landesregierung.

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