Letzten Freitag hatte die kalifornische Sopranistin Angel Blue bekanntgegeben, dass sie von ihrem geplanten Auftritt in der Arena von Verona zurücktreten würde, wo sie die Oper La Traviata hätte singen sollen. Sie begründete dies damit, dass sich die weiße russische Opernsängerin Anna Netrebko für eine Aufführung von Aida am 8. Juli in der Arena ihr Gesicht schwarz angemalt hatte, was zu Protesten und Polemiken geführt hatte.
Lasst es mich ganz klar sagen: der Gebrauch von Blackface-Makeup ist unter allen Umständen, ob künstlerisch oder nicht, eine zutiefst törichte Praxis, die auf archaischen Theatertraditionen zurückzuführen ist, die in der modernen Gesellschaft nichts zu suchen hat. Sie ist beleidigend, erniedrigend und unverhohlen rassistisch.
— Angel Blue auf Instagram
Übersetzung von mir
Es ist nicht das erste Mal, dass die Arena wegen Blackfacings in die Kritik gerät, und wie immer reagierten die Verantwortlichen auch diesmal mit Unverständnis. Bei der Aida handle es sich um eine historische Produktion, die vom Regisseur Franco Zeffirelli (der übrigens 1994-2001 für FI im italienischen Senat saß) entwickelt worden sei, als Blackfacing — angeblich — noch kein Problem war. Die verschiedenen Länder [der Erde] hätten unterschiedliche Wurzeln, auch ihr kulturelles und gesellschaftliches Gefüge habe sich auf historischen und kulturellen Pfaden entwickelt, die unterschiedlich sind. Deshalb gebe es zum selben Thema in verschiedenen Ecken des Planeten mannigfaltige Sensibilitäten und Herangehensweisen. Zu einer gemeinsamen Auffassung könne man nur durch jahrelangen Dialog und gegenseitiges Verständnis gelangen.
Die somalisch-italienische Schriftstellerin Igiaba Scego veröffentlichte dazu auf Twitter eine vehemente Stellungnahme: Blackfacing sei eine rassistische Praxis, die schwarze Körper herabwürdige, demütige und — als Vorhof zur Gewalt — nur auf ihr Fleisch reduziere.
Jeden Sommer gebe es in Italien Diskussionen zu Blackfacing — nicht als die rassistische Praxis, die es darstelle, sondern als Ausdruck von »politischer Korrektheit«. So werde Rassismus heruntergespielt.
Das geschehe, weil sich Italien in Bezug auf Rassismus trotz seiner brutalen Kolonialgeschichte unschuldig fühle. Über den Rassismus, den das Land verschuldet habe, werde wenig, zu wenig gesprochen.
Obschon sich die Dinge nun dank vieler Menschen afrikanischer Herkunft, Forscherinnen und Lehrender veränderten, gebe es leider immer noch die, die Rassismus und seine Praxis verniedlichten. Sie würden die Bevölkerung verwirren, anstatt Hilfe zum Verständnis bereitzustellen.
Niemand habe nach Angela Blues Rückzug versucht zu verstehen, warum Blackfacing schwarze Menschen verletzt. Weder die Geschichte noch die Gefühle seien berücksichtigt worden. Als Somalisch-Italienerin, Schriftstellerin und schwarze Frau mache sie diese Blindheit für Rassismus sehr traurig.
Um die Verbindung zwischen rassistisch-kolonialem Narrativ und Gewalt in Italien besser zu verstehen, empfiehlt sie abschließend drei Bücher: The Shadow King von Maaza Mengiste, in dem es um den Abessinienkrieg geht. L’Unica Persona Nera nella Stanza von Nadeesha Uyangoda über Rassismus in Italien. Und Colonia per maschi von Giulietta Stefani über die »männliche« Praxis italienischer Kolonisation.
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