Vor einem knappen Jahr, im April 2010, referierte Johannes Gutmann, Inhaber der Firma Sonnentor, an der Berufsschule Brixen, im Rahmen des “Tages der Meister” zum Thema “Vom Spinner zum Winner”. Der Niederösterreicher Gutmann, dessen Markenzeichen die abgewetzten Lederhosen seines Großvaters sind, vermarktet heute weltweit bäuerliche Bio-Spezialitäten unter der Marke “Sonnentor”. Von Null ist es dem Querdenker Gutmann gelungen eine Weltmarke zu kreieren. Neben einigem Glück bedarf es hierfür auch ein ausgezeichnetes Gefühl für die richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt.
Den anwesenden Südtiroler Meisterinnen und Meistern gab er zwei Ratschläge mit: Erstens in ihren Produkten Geschichten zu erzählen. Südtirol sei ein reiches Land an Traditionen und Geschichten und diese müssen mit den ausgezeichneten Produkten, die unser Land erzeuge, erzählt werden. Zweitens beschwörte er die SüdtirolerInnen die Chancen zu erkennen, die unter anderem der italienische Markt für hochwertige Produkte aus den Alpen böte.
In einem Gespräch im Anschluss seiner Ausführungen fragte ich Gutmann um eine Meinung, ob sich Südtirol in Italien unter dem Begriff “Sudtirolo” oder “Alto Adige” zu vermarkten.
Sudtirolo war seine Antwort — wie soll man denn unter einem historisch aufgezwungenen Namen auch seine Traditionen und Geschichten verpacken.
Die EOS (Export Organisation Südtirol), die für die Vermarktung der Südtiroler Betriebe zuständig ist, beschreitet in den USA wieder einmal andere Wege. Alto Adige — wines of the Italian Alps ist der Leitfaden der durch die Webseite [Link] führt. In einem Untermenü erklärt man den BesucherInnen in einem Nebensatz zwar, dass Alto Adige die älteste Weinregion des deutschen Sprachraumes ist, ansonsten vermeidet man sämtliche historisch gewachsenen Ortsnamen wie der Teufel das Weihwasser. “Today there are about 12,750 acres of vineyard planted in Alto Adige, which lie in the valleys along the Adige River between Silandro and Salorno along the Isarco River between Bolzano and Bressanone.”
Lieber als eine starke eigene Marke “South Tyrol” aufzubauen, die die Vielfalt unseres Landes betont, fährt man im Kielwasser des “stile italiano” der im Bereich der hochwertigen Lebensmittel sicherlich einige Vorteile bringt, aber eben nicht unser Land in der vollen kulturellen, sprachlichen und historischen Bandbreite darstellt. Sind dies die Geschichten, die wir mit unseren Produkten erzählen wollen?
Nicht verwunderlich, dass der Name Südtirol international so gut wie unbekannt ist. Vor etlichen Jahren wurden weltweit die 1000 bekanntesten Tourismusdestinationen ermittelt. Während Nordtirol sehr wohl dazu zählte fand man Südtirol nirgendwo. Ohne Namen existiert man eben nicht oder noch schlimmer, unter falschem Namen verleugnet man den Inhalt – eine marketingmäßige Todsünde. Eine Binsenweisheit, die noch nicht zu unseren hochbezahlten Marketingexperten der EOS vorgedrungen zu sein scheint.
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