Wir haben uns [in der Vergangenheit] lustig gemacht über die Sorgen der Osteuropäer, wir haben gesagt, die haben ein Russentrauma, undsoweiter, ich kann mich noch gut erinnern an die Debatten. Das Schlimme ist, die hatten exakt Recht mit ihren Warnungen. Die hatten einen viel realistischeren Blick, und deshalb ist mein Plädoyer, dass wir, nachdem wir die ganzen letzten 15 Jahre Unrecht hatten, diesmal genau zuhören, was sie sagen. Und sie sagen uns, wenn die Ukraine nicht in der Lage ist, sich zu verteidigen, wird Putin das nächste Land angreifen — und wir sehen bereits erste Maßnahmen in der Republik Moldau. Und deswegen müssen wir dafür sorgen, dass die Ukraine in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, um genau nicht in den Krieg hineingezogen zu werden.
[W]ir haben’s mit einem imperialen, kolonialen Angriffskrieg zu tun, und bei imperialen, kolonialen Angriffskriegen sind wir [Grünen] auf Seiten der Opfer, auf Seiten der Betroffenen. Wir sorgen dafür, dass die sich wehren können. Nur wenn die Weltgemeinschaft jetzt so zusammenhält gegen Russland, dass die Ukraine nicht den Eindruck hat, sie wird alleingelassen, besteht überhaupt wieder die Chance, dass wir zukünftig über Abrüstung reden, damit nicht bei jedem Land der Eindruck entsteht, du musst selber so extrem hochgerüstet sein, dass dir keiner helfen [muss]. Man darf ja eins nicht vergessen: Die Ukraine war das erste Land weltweit, das in ganz großem Umfang Nuklearwaffen bis auf null abgerüstet hat.
Wenn der Aggressor siegt, dann werden plötzlich Eroberungskriege wieder möglich, und das wird so viel Misstrauen, so viel Angst nochmal verschärfen — im Vergleich zu dem, was wir jetzt haben — dass wir nochmal in ganz anderen Aufrüstungsspiralen landen.
Anton Hofreiter, MdB (Grüne), Vorsitzender des Europaausschusses im Deutschen Bundestag, im Spitzengespräch von Spiegel Online (27. April 2022) – Transkription von mir
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